Royal Enfield HNTR 350 im Test

Was kann das neue und günstige Naked-Bike aus Indien?

Royal Enfield Hunter 350 Test Fotos: Motorradtest.de
 
Die Royal Enfield HNTR (Hunter) 350 ist bereits die dritte neue Maschine des indischen Herstellers mit dem 349 ccm Einzylinder. Wie sich das Naked-Bike im Vergleich zur Meteor 350 und Classic 350 fährt, haben Markus und Dietmar bei einer ziemlich kalten Probefahrt eruiert.

Naked-Bike mit 20 PS

Die Hunter 350 ist eine sehr günstige Maschine. Sie kostet 4.500 Euro und ist in sechs sehr ansehnlichen Farben zu haben. Die Zubehörliste zur Hunter fällt überschaubar aus: Es gibt z.B. einen Ölwannenschutz, Motorschutzbügel, eine Rückenlehne für den Beifahrer, ein getöntes Windschild und LED-Blinker sowie einen Koffer für die rechte Seite. Die komplette Zubehörliste ist auf der Webseite von Royal Enfield einsehbar. Etwas merkwürdig: Auf allen Bildern und Werbematerialien ist die HNTR 350 mit dem Zusatzinstrument für die Turn by Turn Navigation zu sehen, bei unserer Testmaschine fehlt dieses Feature aber genauso wie in der Zubehörliste. Es kann allerdings auch sein, dass unser Presse-Bike noch nicht ganz der Serie entsprach, zur Not einfach den RE Dealer ansprechen.
Farben
Optisch gefällt uns die Hunter 350 jedenfalls schon einmal sehr gut. Sie kommt nicht so retro daher wie die Classic 350, sieht aber dennoch mit ihren Faltenbälgen, dem runden Scheinwerfer und den Stereo-Federbeinen wunderbar klassisch aus.
 
Die Sitzprobe birgt die erste positive Überraschung. Bei einer eher kleineren Maschine hätten wir weniger Platz vor allem für den Beifahrer vermutet, aber sowohl Markus als auch Dietmar haben sich sowohl vorne als auch hinten pudelwohl gefühlt. Es gibt vernünftige Haltegriffe für den Sozius und auch die Sitzbank ist ordentlich breit und bequem gepolstert. Natürlich darf man nicht den Platz eines Adventure-Bikes erwarten, aber für die Tour an die Ostsee reicht es durchaus.

Abmessungen

Abmessungen und Sitzergonomie: So sitzt es sich auf der Royal Enfield Hunter 350
 

360 Grad Rundgang um die Royal Enfield Hunter 350

 CockpitLicht vorneLicht hinten

Technik: Einfache Ausstattung

Den günstigen Preis der Hunter 350 merkt man vor allem bei der Ausstattung. Es gibt außer dem 2-Kanal ABS keine technischen Helferlein. Im Cockpit entdecken wir aber immerhin eine Warnblinkanlage, einen Bordcomputer mit Ganganzeige und eine USB-Ladebuchse bei der Kupplung. Man kann also ganz einfach sein Handy am mittelbreiten Lenker montieren und während der Fahrt aufladen – wunderbar.

Brems- und Kupplungshebel sind in der Reichweite nicht einstellbar, wir finden eine Seilzugkupplung sowie klassische Rundspiegel, die einen eher mittelmässigen Blick nach hinten zulassen. Die Beleuchtung kommt ebenfalls klassisch einfach ohne LED-Technik. Der Stahlrohrrahmen mit dem doppelten Unterroht ist am Motor angeschlagen.

Die konventionelle 41 mm Telegabel ist nicht einstellbar, dafür sind es die Stereofederbeine aber zumindest in der Vorspannung. Die Federwege sind mit 130mm vorne und 105mm hinten eher kurz bemessen. Auch die Bremsen sind auf der einfachen Seite: Vorne und hinten finden wir jeweils eine Einzelscheibe mit Bremszangen von Bybre.

Motor

So fährt sie sich

Schon auf den ersten Metern wird klar, was die Hunter 350 vor allem ausmacht: Sie ist federleicht. Sie fühlt sich während der Fahrt sogar noch leichter an, als das Datenblatt dies vermuten lassen würde. Das erinnert doch sehr an eine 125er, zumindest eher als ein A2-Bike. Wer von einem großen Bike auf die Hunter 350 aufsteigt muss sich dann erst einmal auch an das Mokick-mässige Einlenkverhalten gewöhnen.
 
Auch das Rangieren fällt leicht, insofern ist die Hunter 350 auch für kleinere und nicht so kräftige Personen geeignet. Dazu passt die geringe Sitzhöhe – man muss also keine langem Beine haben, um auf diesem Bike einen sicheren Stand zu haben.
Der Sound der Royal Enfield ist ähnlich wie bei den anderen beiden 350ern herrlich pötterig. Sonor brummelt der Einzylinder vor sich hin und klingt eher nach 500 ccm als nach 350. Dabei ist die Maschine gar nicht so laut: Lediglich 89 dbA stehen im Fahrzeugschein – da freuen sich doch die Nachbarn.
 
Den größten Kompromiss muss der HNTR-Treiber sicherlich bei der Leistung hinnehmen. Wobei: Wer will so ein Bike schon wirklich treiben wollen?! Die Maschine hat halt nur 20 PS und 27 Nm Drehmoment und genau so fühlt sich das auch an. Spritzige Überholmanöver oder Porsche Ampelstarts sind so natürlich nicht drin – das macht aber gar nichts. Was nämlich stets drin ist, ist pures Motorradfahren im Chill-Modus. Und das sogar ohne Tankstopps über sehr lange Strecken, dank des geringen Verbrauchs liegt die Reichweite nämlich bei fast 500 Kilometern. Die Royal Enfield Hunter 350 ist also nicht nur vom Anschaffungspreis her günstig, sondern auch im Unterhalt!

Ein weiterer Vorteil der geringen Leistung sind die sich daraus ergebenden geringen Anforderungen an Bremsen und Fahrwerk. Die Bremsleistungen sind zwar nicht besonders toll, das ist bei diesem leichten und mit 114 km/h Höchstgeschwindigkeit langsamen Bike auch nicht wirklich notwendig. Genauso wenig benötigen wir eine Traktions- oder Wheelie-Control. Die Maschine wird weder vorne hochgehen noch wird das Hinterrad durchdrehen – auch nicht bei Vollgas! Und auch das Fahrwerk muss bei diesem Bike keine Höchstleistungen vollbringen, insofern ist es auch verkraftbar, dass man hier kaum etwas einstellen kann. Dennoch fühlt sich die Hunter 350 sehr stimmig und sogar etwas straffer an, als wir das erwartet haben. Sie fährt sich genauso „erwachsen“ wie die Classic 350, das macht richtig Spaß!

Fazit - was bleibt hängen

Die Royal Enfield Hunter 350 ist ein Motorrad wie ein guter Freund. Sie strahlt eine extreme Gelassenheit aus und ist so einfach zu fahren wie kaum ein anderes Bike. Aufgrund ihres geringen Gewichts und der Ergonomie passt sie für jeden Biker, egal welcher Statue. Natürlich darf man von ihr vor allem bezüglich der Fahrleistungen keine Wunder erwarten, aber das wird auch niemand tun, der einen Kauf in Erwägung zieht. Sie ist schön und schlicht und viel kaputt gehen kann an dieser Maschine auch nicht. Kaufpreis, Steuern, Versicherung, Benzin- und Werkstattkosten dürften sich auf ein Minimum beschränken. Günstiger und stylischer kann man kaum unterwegs sein – wenn überhaupt vielleicht mit der Classic 350.

Wettbewerber der Royal Enfield Hunter 350 sind (neben den schon genannten 350er aus dem eigenen Haus) die Mash Five Hundred, Benelli Imperiale 400, Mondial HPS 300i und die Brixton Felsberg 250. Vielen Dank an KSR für die Teststellung der Hunter 350.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 4.499 Euro
  • Verfügbarkeit: ab 11/2022
  • Farben: rot, blau, grau, weiß, schwarz, silber
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