Indian Sport Chief im Test

Der sportliche Chef Power-Cruiser aus den USA

Indian Sport Chief Test Fotos: Motorradtest.de
 
Neu im Chief-Lineup von Indian ist die Sport Chief, die 2023 vorgestellt wurde. Es handelt sich um einen Power-Cruiser mit einem luftgekühlten 1,9 Liter V2 Motor, der vor allem mit seinem Drehmoment begeistern möchte. Ob das klappt, haben Volker und Dietmar bei einer ausgiebigen Probefahrt gecheckt.

Ganz schön sportlich, dieser Chef

Rein optisch trägt die Indian Sport Chief schon mal dick auf. Es ist tatsächlich ein großes Motorrad mit einem Radstand von nicht weniger als 1,64 Metern. Sie erinnert von der Silhouette stark an die Harley Davidson Low Rider S, mit der es darüber hinaus viele weitere Ähnlichkeiten gibt. Indian selbst sagt zur Sport Chief folgendes: "In puncto Leistungsfähigkeit und Style hebt die Sport Chief den Nimbus amerikanischer V-Twin Performance-Cruiser auf das nächste Level." Die Sport Chief kostet 22.490 Euro und ist in Weiß, Schwarz, Rot und Grau erhältlich.
Farben Indian Sport Chief
Farbauswahl: Vier Farben stehen zur Verfügung.

 
Abmessungen und Sitzposition
 
In Serie kommt die Sport Chief als Solo-Sitzer. Die Fußrasten sind nur geringfügig nach vorne gelegt, insofern sitzt man nicht ganz so krass lässig wie auf anderen Cruisern aus den USA. Dafür ist der Lenker durch entsprechende Riser nicht weniger als 15 cm (!) hochgelegt. Die Maschine wiegt 311 Kilogramm fahrfertig und darf insgesamt 526 kg mit sich herumschleppen.
 
Die Sitzposition ist - wie bei der Low Rider - ein wenig gebückt, durch die niedrige Sitzhöhe von nur 686 mm hat man beinahe das Gefühl, auf der Straße zu sitzen. Einen Sozius-Check konnten wir wegen der fehlenden zweiten Sitzmöglichkeit leider nicht machen, aber für lange Reisen zu zweit ist die Sport Chief ja sowieso nicht gemacht.
 
Sitzposition
So sitzt es sich auf der Indian Sport Chief.
 
 
 

360 Grad Rundgang um die Indian Sport Chief

Cockpit Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten

Technik der Sport Chief

Das Cockpit der Sport Chief wird durch ein rundes 4" Farb-Display dominiert. Es handelt sich um einen Touch-Screen, der Tipp-Befehle sehr gut annimmt, was auch mit Handschuhen ausgezeichnet funktioniert. Und wenn es schon so ein schönes Display gibt, dürfen natürlich auch entsprechende Features nicht fehlen: So ist beispielsweise eine vollständige Vollkarten-Navigation an Bord, die übrigens auch ohne Smartphone-Anbindung funktioniert. Ist das Handy gekoppelt, so können Telefonanrufe angenommen werden und Musik mit einem extra Schalter gesteuert werden.

Auch von diesen neumodischen Media-Krams abgesehen ist die Serien-Ausstattung der Sport Chief beeindruckend. Es gibt einen Tempomaten, drei Fahrmodi, USB- und 12 Volt-Anschluss, eine Zylinderabschaltung, Keyless Ride und einen sehr auskunftsfreudigen Bordcomputer. Die Bedienung dieser Funktionen geht leicht von der Hand, da es gleich drei Taster gibt, mit denen das Cockpit gesteuert wird. 

Und auch beim Licht gibt sich die Sport-Chief keine Blöße: LED-Technik überall, Tagfahrlicht, Warnblinkanlage und selbst rückstellende Blinker erscheinen hier so selbstverständlich wie auf keinem anderen Cruiser. Obwohl Rücklicht, Bremslicht und Blinker in einer Einheit verbaut sind, kann man die Blinker auf beim Bremsen noch gut erkennen.

Ob diese ganze technische Vielfalt bei einem US-Cruiser wirklich sein müssen, ist eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Funktionieren tut jedenfalls alles super und auch ohne lange Einarbeitungszeit - das hat Indian ohne Frage schon ganz gut hinbekommen. 

Kess-Tech

So fährt sie sich

Den Soundcheck (rechts oben) mit dem Serien-Endschalldämpfer können wir wie sonst üblich hier leider nicht bieten, da unser Testbike von Powersport-Nord mit einer Kess-Tech Anlage versehen war. Die allerdings macht falls gewünscht richtig Randale! Man kann die Auspuffklappen-Steuerung in gleich drei Positionen fahren, von Nachbarfreundlich bis zum kernigen Donnerwetter ist alles dabei. Das Standgeräusch liegt bei 96 dbA. Richtig geil klingt die Kiste offen bei Leerlaufdrehzahl. Wie ein fetter Schiffsdiesel, dem so schnell nichts den Weg versperren kann. 
 
Das der Motor mit seinen beiden fetten Zylindern luftgekühlt ist, kann man nicht nur auf Anhieb sehen, man merkt es auch beim Fahren. Nicht weniger als 162 Newtonmeter liegen bereits bei 3.200 Umdrehungen an! Da stört es eigentlich auch wenig, dass dem Motor ab 4.500 Umin ein wenig die Luft ausgeht, so hoch dreht man nämlich selten. Erstaunlich fanden wir, wie kultiviert das Aggregat die Kutsche auch noch im dritten Gang von ganz unten nach vorne schiebt. Kein Geblubber, kein Gemecker, kein Ketteschlagen (okay, Kette gibt es ja auch nicht) oder sonstige Mätzchen, der V2 schiebt völlig klaglos und falls gewünscht auch mit Nachdruck nach vorne.
 
Thunderstroke 116 V2 Motor
Das ist doch mal ein Motor! Luftgekühlter V2 mit 162 Nm bei 3.200 Umin!
 
 
Erstaunlich war auch, wie schnell wir uns an die Sport Chief gewöhnt haben. Obwohl es ja ein echtes Schiff ist und dem Fahrer zunächst jede Menge Respekt einflößt (wie eigentlich alle Indians!), kamen wir mehr oder weniger sofort mit den Eigenheiten dieses Power-Cruisers zurecht. Einlenkverhalten, Aufrechtstellung beim Bremsen in Kurven, Schalterei und Getriebe etc. - alles funktionierte auf Anhieb ohne große Überraschungen.
 
Ein besonderes Lob geht an die Bremsen der Indian Sport Chief. Vorne werkelt eine Brembo M4.32 Anlage an einer 320er Doppelscheibe. Die 4-Kolben Festsättel packen beherzt zu und haben augenscheinlich wenig Mühe mit dem Gewicht der Sport Chief. Das Bosch 2-Kanal-ABS regelt sauber und nicht zu lang und auch die Bremse hinten macht einen guten Job. Eigentlich sollte eine solche Bremsleistung das ja bei einem Motorrad mit diesem Ausmaßen und diesem Gewicht selbstverständlich, uneigentlich ist das aber leider nicht bei allen Power-Cruisern aus den USA der Fall. Hier schon, ein Glück!
 
Brembo Bremsen vorne
Solch eine fette Bremsanlage wünschen wir uns bei allen Power-Cruisern!
 
 
Auch das eigentlich einfache Fahrwerk der Sport Chief überzeugt. Es zwar lediglich in der Federvorspannung hinten einstellbar, aber zumindest wir haben hier nichts vermisst. Allerdings fährt man einen Power-Cruiser (trotz jeder Menge Power) ja wohl eher selten im Grenzbereich, insofern wäre ein voll einstellbares oder gar elektronisches Fahrwerk ja Perlen vor die Säue. Jedenfalls fährt die Sport Chief eher auf der komfortablen Seite, wobei der kurze Federweg hinten bei Schlaglöchern und Co. schon relativ schnell die weiße Fahne hisst und einen gutgemeinten Gruß an die Bandscheiben weiterleitet. Aber so ist es nun mal bei Cruisern mit Riemenantrieb und da macht auch die Sport Chief keine Ausnahme.
 
 

Fazit

Die Indian Sport Chief ist ein Frontal-Angriff auf die Harley Davidson Low Rider S. Linienführung und Optik, Motorleistung und Preisgefüge sind wohl nicht zufällig vergleichbar. Pluspunkt für die Indian: Die Serien-Ausstattung und die Bremsleistung sind besser. Pluspunkt für die Harley: Der Motor dreht obenrum noch williger aus. Für sich gesehen ist die Indian Sport Chief ein lässiger Power-Cruiser, der vor allem mit jeder Menge Esprit und Individualität glänzen kann. Wer gerne etwas Besonderes fahren möchte, der sollte sich diese Maschine einmal genauer ansehen.
 
Die Testmaschine wurde uns freundlicherweise von Powersport Nord zur Verfügung gestellt. Dieser Händler ist seit April 2024 offizieller Indian-Dealer in der Nähe von Hamburg und hat jede Menge schöne Indians in seinen Verkaufsräumen zu bestaunen. Wer eine Sport Chief einmal Probefahren möchte, der begibt sich bitte umgehend nach Appen bei Pinneberg bei Hamburg - viel Spaß!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 22.490€
  • Verfügbarkeit: seit 2023
  • Farben: rot, weiß, grau, schwarz
Pro & Kontra
Pro:
  • charaktervoller Motor mit ordentlich Punch
  • Drehmoment ohne Ende
  • gute Bremsen
  • gute Fahrleistungen
  • funktionales Farb-Display mit Touch-Screen und Handy-Connect
  • reichhaltige Serien-Ausstattung
Kontra:
  • Soziussitz nur gegen Aufpreis
  • Sitzposition nicht für Jedermann geeignet
  • schweres Gerät
09.2024: Indian Sport Chief im Test
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