Test: Zero SR/S

Das ist die Zukunft

image Fotos: Motorradtest.de

Okay, hier kommt die Preisfrage: Wie kann man sich am schnellsten bei einer Gruppe Motorradfahrern unbeliebt machen? Bier verschütten? Sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten? Weit gefehlt: Sagt einfach, dass die elektrischen Zero-Motorräder klasse sind und alles andere alter Kram sei. Und dann, so hoffen wir, dass ihr richtig schnell rennen könnt … Test.

Man muss sich die Zukunft leisten können

Es ist ein Glaubenskrieg. Was dem einen die Zukunft der Mobilität, ist den anderen der Verrat an der reinen Lehre. Schlimmer als Windows gegen Mac oder Mercedes gegen BMW oder Indian gegen Harley.

Wir – Dietmar und ich – hatten schon die Zero SR/F im Test und waren überrascht, und das gleich in mehrerer Hinsicht. Nun trat das Testteam aus Markus und Dietmar zum Bericht über die Version SR/S an, die mit einer Verkleidung auftrumpfen kann. Ein Blick in die Daten schafft wie immer keine Klarheit, wohl aber eine Ahnung davon, für wen die Zero geeignet ist. Zuerst: Man muss sich das nicht nur leisten wollen, sondern auch können. Ab 21.000 geht es los, mit Schnelladefunktion und größerem Akku stehen rund 30.000 auf der Rechnung. Kurz gesagt: Für den Preis reicht es auch zum benzingetriebenen Traumbike mit lediglich kurzen Nachfüll-Stopps.

Und die Reichweite? Maximal 180 Kilometer, zu viel mehr als für die engagierte Runde um den Hausberg reicht es da nicht. Der anschließende Ladevorgang dauert mindestens 1,5 Stunden, bei den einfacheren Versionen 4,5 Stunden an der Haushaltssteckdose.

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Was macht sie exklusiv?

Wo könnte denn der Sinn dieses Bikes liegen? Fangen wir in unserer Stuhlgruppe mal bei den weichen Themen an. Klar, die Zero ist ein extrem seltenes Bike, was sie exklusiv macht. Sie repräsentiert zudem das, was als Zukunftstechnik gilt, und zu den „Early Adoptern“ zählen sich viele gerne. Das sind die Menschen, die zwei Tage vor dem Eingang zum Apple-Dealer campen, um das neuste iPhone als erster zu haben. Das ist nicht im Geringsten abwertend gemeint. Das Auto des Autors dieser Zeilen verbraucht im Stadtverkehr 18 Liter, sein Motorrad ist sperrig zu fahren – schlau geht irgendwie anders.

Es gibt allerdings zwei logische Dinge, die für den Erwerb der Zero oder eines Elektro-Bikes allgemein sprechen: Erstens betrachtet die Politik diese Form des Antriebs als umweltfreundlich (ob das so ist, soll hier nicht ausdiskutiert werden). Mit anderen Worten: Fahrverbote sind kein Thema. Der zweite Kaufgrund liegt im Antrieb selbst. Meine Vermutung: 95% aller Gegner von Elektrobikes haben nie eines gefahren. Täten sie dies und gehörten der eher schnelleren Fraktion unter uns an, kämen sie ins Grübeln. Dazu gleich mehr.

Abgesehen davon ist die Zero SR/S ein ausgesprochen hochwertiges (das war nicht immer so) Motorrad, das sich weder bei den verwendeten Bauteilen noch deren Montage eine Blöße gibt. Die Vollverkleidung macht aus der SR/S einen Sporttourer, eine mittlerweile seltene Bauform.

Jetzt aber mal los, die „dazu später mehr“ abarbeiten.

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Einfach atemberaubend

Was sofort auffällt: Abgesehen von ihrem Antrieb ist die Zero - Überraschung! - ein durchaus konventionelles Bike. Wie Raumschiff Enterprise mit Dieselantrieb, nur anders herum. Das Display ist modern, aber nicht spacig. Die Anzeigen sind notwendiger Weise in Teilen anders, aber es wird einem nicht ständig „ICH BIN DIE ZUKUNFT!“ ins Auge geblasen. Die schon erwähnte Bauform als Sporttourer rundet das klassische Bild ab.

Die Sitzposition ist versammelt, schon anders als im Adventure-Bike, aber nicht supersportig.

Dein Bike verfügt über 15 Ventile pro Nockenwelle und hyperpneumatische Innenbeleuchtung? Dann viel Spaß beim Warmfahren, wir düsen schon mal los. Ebenfalls verzichten wir auf Probleme im Kurzstreckenverkehr und einen Großteil der Wartungskosten: Ölwechsel am Motor, teuren Tausch der Kupplung oder Getriebe sparen wir uns völlig. Und zwar für immer.

Die Fahrleistungen liegen angesichts der PS-Zahl von 110 im Rahmen der Erwartungen. Die Zero ist schnell, natürlich. Sie fetzt sich ansatzlos auf 100 km/h, in dreikommairgendwas Sekunden, aber nicht schneller als andere Superbikes. Mehr Kraft kann von einem Hinterreifen offenbar nicht übertragen werden. Was sie aber kann wie kein Benziner: Sie drückt wie jede Elektromaschine sofort mit dem vollen Drehmoment los, hier sind es 190 Newtonmeter, aus jeder Drehzahl. Und das ist es, was dir den Atem raubt – denn es resultiert beispielsweise in einer rekordverdächtigen Beschleunigung von 60 auf 100 km/h in nur gut einer Sekunde. Zum Vergleich: Die 147 PS starke Ducati Monster 1200, ein Power-Naked-Bike, braucht dafür 3,1 Sekunden. Schon bei der Duc hat man das Gefühl mordsmäßig voranzustürmen, die Zero haut dich von der Sitzbank.

Die Zero fährt sich abgesehen von diesem Drehmomentberg ziemlich ausgereift, sie ist keinesfalls eine Bastelbude. Der Fahrkomfort ist gut, der Windschutz für einen Sporttourer auch. Nach der ersten Probe wirkt die Sitzbank jedoch recht hart. Ein geringes Aufstellmoment beim Bremsen in Kurven schafft Vertrauen, die Bremsen selbst sind erstklassig. Kurven-ABS und Traktionskontrolle fahren mit. Soweit so gut, aber auch nicht spektakulär.

Ungewohnt ist natürlich der Sound, in diesem Fall auf ganz deutsch das Fahrgeräusch. Das übliche Straßenbahnsirren begleitet einen, nervig ist es nicht. Tatsächlich ist die Geräuscharmut ungewohnt und im ersten Moment gefährlich. Die Geschwindigkeit ist dank Monster-Drehmoment einfach da und im Zweifel zu hoch, gerne viel zu hoch. Das regulierende oder warnende Geräusch fällt weg. Man muss vorsichtiger fahren, die absolute Geschwindigkeit wird vom konventionellen Fahrer eben auch am Geräusch eingeordnet.

Die Windgeräusche hängen natürlich auch vom eigenen Helm an, die Zero SR/S selbst produziert wenig davon. Die relative Stille ist ungewohnt. Wer auf V2-Bollern steht, wird dies nicht mögen. Besser: Es wird ihm etwas fehlen.

Zukunft ja - aber jetzt schon?

Kaum jemals hat ein Motorrad so polarisiert wie diese Zero. Das gilt für unser Testteam, aber auch für unsere Leser. Wer es nicht glaubt, sollte sich in die Kommentare unseres Testvideos vertiefen. Sie polarisiert jedoch nicht weil sie gut oder schlecht ist. Das lässt sich einfach klären: Die Zero ist gut.

Gut bis sehr gut sogar, das gilt jedoch nur für ein elektrisch angetriebenes Motorrad. Das ist sie mit allen Vor- und den schon erwähnten Nachteilen. Und: Sie ist unsere Zukunft. Das steht fest.

Was jeder für sich entscheiden muss ist, ob er die Zukunft schon jetzt zu sich nach Hause holt.

Das Testbike wurde uns von Tecius & Reimers in Hamburg zur Verfügung gestellt.

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: ab 21.540€
  • Gebraucht: ältere Zeros starten bei rund 15.000 Euro.
  • Baujahre: seit 2019
  • Verfügbarkeit: rar
  • Farben: blau, schwarz
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