Fotos: Motorradtest.de
Mit der neuen Honda XL750 Transalp schielt Honda ganz offensichtlich auf den Erfolg der Yamaha Ténéré 700. Ob der Neustart der beinahe schon legendären Transalp aus 1987 gelungen ist, haben Volker und Dietmar bei einer ausgiebigen Testfahrt geklärt.
Genauso schön wie das Original in der Tricolore-Lackierung
Beim Anblick der neuen Transalp in der Tricolore-Lackierung muss man unweigerlich an die erste Transalp (
XL600V) aus dem Jahr 1987 denken. Und nicht nur die Optik ist ähnlich, auch das geringe Gewicht hat die neue XL 750 zum Glück übernommen. Nur 208 kg bringt sie fahrfertig auf die Waage, nicht übel für eine moderne Reise-Enduro. Als weitere Farben bietet Honda Grau und Schwarz an. Die goldenen Felgen, die wir ebenfalls vom Original kennen, hat aber nur die Farbversion "Ross White". Unsere Farbwahl geht daher auch schnell über die Bühne!
Beim Gang um die Maschine überrascht uns die schlanke, sportlich sehnige Silhouette. Kein Gramm zu viel, dabei lang, hoch und schmal. Und die Maschine ist wirklich groß: 2,32 m lang bei einem Radstand von 1,56 m. Zum Vergleich: Eine BMW 1250 GS ist 12 cm kürzer! Die Sitzhöhe ist mit 850 mm auf normalem Niveau, kann aber leider nicht verstellt werden. Man sitzt ebenfalls typisch für eine Reise-Enduro aufrecht im Sattel, die eher tief angebrachten Fußrasten ergeben einen angenehmen Kniewinkel. Alles klar für die lange, ermüdungsfreie Tour also.
Abmessungen der Honda XL 750 Transalp
So sitzt es sich auf der neuen Transalp.
Die XL750 hat 92 PS und kann daher problemlos zur A2-Maschine gedrosselt werden. Es gibt jede Menge Zubehör, die Honda in fünf Ausstattungspakete schnürt. Natürlich kann man auch einzelne Komponenten buchen, dann gibt es allerdings keine Rabatte. Hier die Pakete mit Preisen und Inhalt:
Adventure: 975 €
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Seitenschutzbügel, LED-Zusatzscheinwerfer, Kühlerschutzgrill |
Komfort: 370 €
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3L-Tanktasche, Windabweiser, Komfort-Fußrasten, 12V-Steckdose |
Rallye: 1.235 €
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Quickshifter mit Blipper-Funktion, Motorschutzbügel, Motorschutzplatte, Rallye-Fußrasten, Handguards |
Travel: 1.490 €
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Seitenkoffer (26 & 33 L Volumen) + Träger + Innentaschen, Alu Paneele, Heizgriffe |
Urban: 1.045 €
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50 L Topcase + Träger + Innentasche + Rückenlehne, Hohes Windschild, Hauptständer, Alu Paneele |
360 Grad Rundgang um die Honda XL750 Transalp
Technik der XL 750 Transalp
Die Verwandtschaft zum Schwestermodell CB750 Hornet (-> Test) wird beim Blick auf das Cockpit deutlich: Auch die Transalp hat das 5 Zoll große und gut ablesbare TFT-Farbdisplay mit dem auskunftsfreudigen Bordcomputer. In Serie dabei sind vier Fahrmodi (u.a. Gravel & Rain) sowie ein konfigurierbarer User-Modus. Hier kann man die Leistung, die Motorbremse, die 5-fache Traktionskontrolle und das ABS einstellen.
Einen Tempomaten hat Honda leider vergessen, den gibt es auch nicht im Zubehörprogramm. Dort finden sich jedoch Heizgriffe, die wir jedem Vielfahrer empfehlen würden. Dass die 12 Volt USB-Buchse ebenfalls dazugebucht werden muss, ist zwar ärgerlich, aber wir wollen nicht vergessen, dass das Bike nur 10.500 Euro kostet - da muss man halt den einen oder anderen Kompromiss hinnehmen.
In Serie dabei ist Voll-LED Licht inkl. Tagfahrlicht, ESS Notstopp-Blinksystem, Warnblinkanlage sowie Handy-Connect inkl. Navigationslösung. Dazubuchen kann man einen QuickShifter inkl. Blipper, der an unserem Testbike nicht dabei war - haben wir nicht vermisst.
So fährt sie sich
Der Sound der neuen Transalp hat uns positiv überrascht. Wir hätten ein eher dezentes Gebrummel erwartet, statt dessen trötet es aber deutlich wahrnehmbar aus der großen Tüte. Der Motor hat einen Hubzapfenversatz von 270 Grad, dieser alte Bauerntrick lässt die Maschine herrlich bassig bollern. Das Standgeräusch beträgt 94 dbA, Honda ist ja nicht blöd...
Die ersten Meter mit der Honda gestalten sich dann auch herrlich geschmeidig. Man fühlt sich sofort vertraut mit dem Bike, das geringe Gewicht stellt den Fahrer vor keinerlei Problem und das ganze Drumherum fühlt sich einfach nach Honda an. Die Bedienung geht einfach von der Hand, die Kupplungskraft ist gering, das Getriebe schaltet einfach und exakt - und die Maschine fällt herrlich in die Kurven. Da ist deshalb bemerkenswert, da das Bike eine 21 Zoll Vorderradfelge hat und mit einem Metzeler Karoo Street Mischreifen vorfährt. Selbstverständlich gibt es auch schöne Drahtspeichenfelgen, alles andere wäre auch unpassend gewesen.
Die Transalp fährt also recht smooth und vermittelt eine Mischung aus lässigem Cruisen und souveränem Dahingleiten. Es ist vom Charakter her keine Sportmaschine, obwohl der Motor durchaus das Zeug dazu hätte. Statt jedoch Rundenrekorde aufstellen zu wollen, genießt man eher die Fahrt und lässt sich einfach treiben. All das sowie das komfortabel abgestimmte Fahrwerk werden auch längere Strecken nicht zur Tortour werden lassen - ganz im Gegenteil: Mit dieser Maschine kann man problemlos den ganzen Tag fahren, ohne das es ermüdend werden dürfte.
Wie gesagt, der Motor kann aber auch anders! Die 92 PS gehen forsch zu Werke, wenn man denn möchte. Bei max. Beschleunigung tendiert sogar das Vorderrad zum Steigen, was die Wheelie-Control dann aber verhindert. Ab 3.000 Umin fühlt sich der Motor pudelwohl und dreht willig bis zur maximalen Leistung bei 9.500 Umin weiter. Bei Vollgas röhrt der Hirsch, was das Zeug hält und wir dem Bike so gar nicht zugetraut hätten. Im Vergleich zur Africa Twin mit dem 1.100 Kubik Reihentwin fehlt der Transalp allerdings ein wenig der Punsch aus dem Drehzahlkeller. Sie ist im Antritt (0 auf 100 km/h) dennoch nicht langsamer, denn der Gewichtsunterschied beträgt immerhin 18 kg. Beim Durchzug muss sie sich der größeren (und teureren) Schwester dann allerdings doch geschlagen geben. Trotzdem: Die XL750 ist ein flottes Bike und stellt auch im Soziusbetrieb mit Beifahrer stets genug Kraftreserven zur Verfügung.
Vorne leider nur 2-Kolben Schwimmsättel an den 310er Doppelscheiben. Bremst trotzdem gut.
Die Bremsen sind ebenfalls okay, wenn auch es sich nicht um Hochleistungs-Stopper handelt. Soweit also alles okay - und irgendwo muss dann ja auch der günstige Preis herkommen. Ein paar Kritikpunkte haben wir dann aber doch noch gefunden: Der Kupplungshebel ist nicht einstellbar und wirkt ein wenig billig, der fehlende Tempomat ist uns ein Rätsel und auch die 12 Volt Buchse hätten wir uns in Serie gewünscht. Viele Interessenten werden wohl den fehlenden Hauptständer dazubuchen, es ist aber dennoch verständlich, dass dieser nicht in Serie angeschraubt ist - das spart nämlich nicht nur Geld, sondern auch Gewicht.
Honda gibt auf die XL750 Transalp zwei Jahre Garantie ohne Kilometer-Begrenzung. Einige Wettbewerber sind bereits bei vier Jahren angekommen. Merkwürdig, dass Honda mit seiner sprichwörtlichen Qualität da noch hinterherhinkt. Die Wettbewerber der neuen Transalp könnt Ihr Euch hier im Datenvergleich ansehen.
Fazit
Die Honda XL750 Transalp ist ein würdiger Nachfolger der Ur-Transalp 600 V. Sie ist einfach gehalten, aber gut gemacht. Honda hat ja seit vielen Jahren den Besteller "Africa Twin" im Programm, der a) besser ausgestattet und b) spürbar teurer ist. Insofern ist die neue Transalp eine sinnvolle und gute Ergänzung des Adventure-Bike Programms von Honda. Wir sind sicher: Schon im Mai wird die Transalp XL750 in den Zulassungs-Statistiken einen der vorderen Plätze einnehmen. Alles andere wäre aus unserer Sicht eine Überraschung.
Das Testbike wurde uns wieder einmal von "
motofun", einem großen Honda-Händler in
Kaltenkirchen nördlich von Hamburg zur Verfügung gestellt. Wer mit dem Gedanken spielt, sich eine Transalp zuzulegen, ist dort herzlich zu einer Probefahrt eingeladen. Nur zu, bringt echt Laune!
Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre
- Preis: 10.300 €
- Gebraucht (10 Jahre alt): 5.000€
- Baujahre: 1987-2012
- Verfügbarkeit: ab 05/2023
- Farben: schwarz, grau, weiß