Test: Yamaha Ténéré 700

Im Zweifel weglassen

image Fotos: Dietmar
Sie ist da! Lange mussten Fans auf die neue Yamaha Ténéré 700 warten, doch nun  ist sie in geringen Stückzahlen lieferbar. Das soll 2020 besser werden, doch zuerst müssen wir eine Frage klären: Hat sich das Warten gelohnt?

Wie schwer ist schwer?

Wenn man sich mit der Yamaha Ténéré beschäftigt, kann man sich länger an einer bestimmten Frage aufhalten: Ist sie nun leicht, oder ist sie dies nicht? In den einschlägigen Stellen im Netz wird diese Frage gerne diskutiert. Unser Testteam aus Markus und Dietmar ist sich einig: Ja, die 204 Kilo schwere Reiseenduro ist ein vergleichsweise leichtes Motorrad.

Das wäre gut, denn im Gelände zählt jedes Gramm, welches man nicht zusätzlich herumwuchten muss. Der erste Eindruck scheint den beiden recht zu geben, denn beispielsweise die BMW F 750 GS schleppt mit 224 Kilo im Vergleich ein saftiges Übergewicht mit sich herum. Auch die ebenso kultige Honda Africa Twin ist mit 233 Kilo alles andere als ein Leichtgewicht. Vorteil Yamaha Ténéré also? Auf jeden Fall, dennoch gibt es eine weitere Fraktion, die den leichten und dafür leistungsschwächeren „wahren“ Enduros huldigt. Für sie ist die Ténéré ein Dickschiff. Doch eine reine Enduro will die Ténéré gar nicht sein, denn sie ist eine Reisenduro. Als Reiseenduro zählen andere Qualitäten und 204 Kilo sind hier gut, die maximale Zuladung von 190 Kilo könnte aber knapp werden, wenn man zu zweit unterwegs ist.

Virtueller Rundgang um die Maschine

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Das Richtige weggelassen

Ausreichend hoch ist sie geraten, Stöcker oder Steine müssen schon ein ganzes Stück herausragen, um die Yamaha ernsthaft zu gefährden. Dank vergleichsweise schmaler Sitzbank kommen übrigens auch eher kurzbeinige Piloten mit der Ténéré zurecht, im Übrigen bietet Yamaha eine Reduktion der Sitzhöhe von 875 Millimetern an. Wählt man diese Option, die die Yamaha näher zur Straße bringt, fehlen allerdings vier Zentimeter Bodenfreiheit.

Auffällig ist das Display der Yamaha. Es ist groß, steht aufrecht, und würde es durch den stabilen Rahmen nicht so viel Solidität ausstrahlen, könnte es aus einem Tesla stammen. Das tut es natürlich nicht, aber die Frage ist berechtigt, warum es überhaupt so groß sein muss - viel einzustellen gibt es nicht.

Wie stellt man sicher, dass die Yamaha auch in einsamen Geländen im bestmöglichen Sinn funktioniert? Zwei Dinge helfen hier: Erstens möglichst wenig einbauen, was überhaupt kaputtgehen könnte. Zweitens: Die Technik einfach, besser simpel halten. Zumindest Punkt eins hat Yamaha voll umgesetzt, denn außer einem ABS fallen alle technischen Spielereien wie Traktionskontrolle oder Quickshifter nur dadurch auf, dass es sie nicht gibt.

Also los.

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Das Fahrwerk funktioniert

Die neue Ténéré ist nicht durch und durch neu. Der Motor ist ein alter Bekannter, er stammt aus der MT-07 und wurde durch einigen Feinschliff auf mehr Drehmoment gezüchtet.
Und er ist eine Wucht. Zusammen mit der kürzeren Übersetzung zieht die Yamaha kräftig durch. Auch 50 km/h im Fünften nimmt sie klaglos hin. Am anderen Ende des Drehzahlbandes schwächelt der 700er-Twin nicht. Die kostengünstige Operation – der Ténéré-Motor ist mechanisch mit dem der MT-07 identisch – einen  Enduro-Motor nur über Änderungen der Software zu erreichen, ist erfüllt. Klasse.

Er passt mit seiner Quirligkeit bestens zum  Fahrwerk. Die Yamaha ist sehr wenig und extrem leicht zu manövrieren. Das ist gut in der Stadt, aber lebenswichtig im Gelände: Übersieht man mal eine Kante oder Riefe, muss das Moped extrem schnell reagieren. Tschüß GS, hallo Ténéré.

Für die gelungene Abstimmung der Komponenten des Fahrwerks gibt es ein weiteres Lob: Die Kombination aus 21 Zoll-Vorderrad (18 hinten), dem Lenkkopfwinkel von nur 63 Grad und dem mit 1.595 Millimetern vergleichsweise langem Radstand macht Sinn auf und abseits der Straße.

Durchdachte Konstruktion

Was bleibt? Nun, die Ténéré ist ein Motorrad, welches auch im harten Einsatz überzeugen kann. Alles, was überhaupt kaputtgehen könnte, ist auf das Nötigste reduziert. Dazu ist die Yamaha Ténéré schrauberfreundlich ausgelegt, falls man im hintersten Sibirien doch mal an den Motor muss: Dann schraubt man einfach die Rahmenunterzüge ab und repariert los. Solche angeblichen Kleinigkeiten sind es, die die Erfahrung der Yamaha-Ingenieure beweisen. Hier wurde bewusst weggelassen, ohne auf die wirklich wichtigen Dinge zu verzichten.

Zwei Wehrmutstropfen allerdings gibt es: Wen es wirklich in die Ferne zieht, der wird um die Anschaffung eines größeren Tanks nicht umhinkommen. Dazu gibt es weltweit zu viele Gegenden, die für die Reichweite der Ténéré von 350 Kilometern plus Reserve einfach zu einsam sind. Und schließlich ist der Windschutz ausreichend, aber nicht gut.

Ansonsten: Das Warten hat sich gelohnt, Kompliment!

Das Testbike wurde uns von Motorrad Ruser zur Verfügung gestellt.

Preis / Farben / Baujahre

  • Preis: 9.599 €
  • Baujahre: seit 2019
  • Farben: blau, schwarz, weiß
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