Harley Davidson Sportster S im Test

Harleys zweites Bike mit dem neuen Revolution Motor

Harley Davidson Sportster S Fotos: motorradtest.de

Die neue Harley Davidson Sportster S soll den Erfolg der wegen Euro-5 eingestellten Sportster 1200 fortführen. Dazu hat Harley einige Neuerungen eingeführt, die die Sportster S in die neue Zeit transportieren soll. Dazu gehört neben dem wassergekühlten Revolution-Motor jede Menge Elektronik. Wir haben eine Probefahrt auf der Sportster S gemacht und schildern unsere Eindrücke.

So steht sie da

Die Optik der neuen Maschine polarisiert deutlich stärker als bei der alten. Es gibt ein ultra-kurzes Heck, hoch montierte und ofenrohrdicke Auspuffrohre, einen richtig fetten 160er Schlappen vorne (!) und eine sehr weit unten angebrachte Rücklicht/Kennzeichenhalter-Fraktion aus Stahlrohr. Auch die Zweiarmschwinge bedient sich eines optisch auffälligen Stahlrohrrahmens, dazu gibt es vorne einen auffälligen, horizontalen Scheinwerfer. Nicht kleckern, sondern klotzen - so könnte man das Design der neuen Sportster S zusammenfassen.

Auch die Sitzprobe ist auffällig eigenständig: Man sitzt zunächst aufrecht, der vorne angebrachte Lenker zieht einem bei der Fahrt allerdings die Arme lang und sorgt für eine nach vorne geneigte Sitzhaltung. "Sportlich", würde wir normalerweise sagen, wären da nicht die ebenfalls weit vorne angebrachten Fußrasten. Die Beine müssen also vor Fahrtantritt nach oben und vorne geschwungen werden. Eine solche Sitzhaltung ist selten - und das muss man mögen. Für längere Etappen mag das problematisch sein, für kürzere Fahrten ist es aber irgendwie cool.

Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass die Sportster S serienmäßig als Solositzer ohne Fußrasten ausgeliefert wird. Im Harley-Zubehörshop gibt es einen "Sundowner"-Soziussitz und Beifahrer-Fußrasten, so dass dem Vergnügen zu Zweit nichts im Wege steht.

Cockpit Auspuff Licht LED

Das soll sie können

Den größten Sprung hat die neue Sportster S bei der Technik gemacht. Das sieht man alleine schon an der Anzahl der Schalter! Rechts gibt es separate Knöpfe für Traktionskontrolle, Fahrmodi und die Steuerung des per Handy gekoppelten MP3-Players, links findet sich u.a. Tempomat, Menu-Steuerkreuz und Heizgriff-Schalter (siehe Bildergalerie oben).

An Bord ist eine 6-Achsen IMU zur Steuerung von schräglagenabhängiger Traktionskontrolle und Kurven-ABS, Ride by Wire, 5 Fahrmodi (drei vorkonfigurierte und zwei User-Modes) und ein neues Farb-TFT Display, dass Harley zum Glück in ein stylisches Rundinstrument integriert hat. Optik: Retro, Technik: Zukunft. Was man hier nicht alles einstellen kann?! Viel, die Bedienung ist deshalb auch nicht gerade einfach, aber so ist das nun einmal bei modernen Bikes.

Auch die Beleuchtung ist modern: Voll-LED ist angesagt, soll heißen: Auch die Blinker verzichten auf Glühbirnen. 

Revolution Motor

So fährt sie sich

Dann werfen wir die Maschine doch mal an. Zum Einsatz kommt der neue Revolution-Motor, den wir bereits aus der PanAm kennen. Allerdings wurde hier anders gemappt, so dass nun 125 Nm zur Verfügung stehen. Harley hat dem Motor den Zusatz "T" verpasst, was für "Torque", also Drehmoment steht. Der Sportster S Motor hat zwar nicht mehr Drehmoment als die PanAm, es liegt aber schon bei 6.000 U/Min an. Viel erstaunlicher ist aber aus unsere Sicht die hohe Leistung von 122 PS. Zum Vergleich: Die 1200er Sportster hatte noch 68 PS !!!
 
Natürlich merkt man diesen Leistungszuwachs auch beim Fahren. Die neue Sportster S geht ab wie Schmidt's Katze! Sowohl Beschleunigung als auch Durchzug werden so manchen "alten" Harley-Fahrer die Schweißperlen auf die Stirn zaubern. Hier ist festhalten angesagt. Vor allem der Sprint von 60 auf 100 km/h in unter 2,5 Sek. ist mehr als beeindruckend.
 
Das gilt leider nicht für den Sound. Den hätte Harley unserer Meinung nach etwas bassiger und dumpfer hinbekommen können, wobei das auch Geschmackssache ist. Jedenfalls ist das offenbar auch ein Kritikpunkt, der vielen unsere YouTube-Zuschauer aufgefallen ist und der entsprechend oft bemängelt wird.
 
Das Fahrverhalten der Sportster S wird durch Gewicht (228 kg), Radstand (1,52 m) und den dicken Reifen vorne beeinflusst. Andere Tester attestieren dem Bike gutmütiges Kurvenverhalten. Wenn sie denn erst einmal in der Kurve liegt, stimmt das auch, aber der Weg dahin erfordert doch etwas mehr Nachdruck als bei anderen (normalen) Nakedbikes. Ein Kurvenräuber ist die Harley also nicht, dafür liegt sie aber satt auf der Straße. 
 
Das Fahrwerk ist für unseren Geschmack etwas zu hart. Das liegt vor allem an dem sehr kurzen Federweg hinten, der lediglich 51 mm beträgt. Durchfährt man z.B. ein Schlagloch, fährt es einen in den Rücken. Klar, ein Riemenantrieb ermöglicht konstruktionsbedingt einfach keine langen Federwege, aber der hier ist doch arg kurz geraten. Gut gefallen hat uns hingegen die Bremse vorne. Obwohl nur eine Einzelscheibe vorhanden ist, bremst die Sportster S stark genug und lässt sich auch gut dosieren. Die Brembo 4-Kolbenzange hat überraschend wenig Probleme mit den 228 kg der Maschine. 

Fazit - was bleibt hängen

Die neue Sportster S ist unverkennbar eine Harley Davidson. Allerdings ist es eine NEUE Harley, die nicht nur optisch polarisiert, sondern auch technisch derartig vollgestopft ist, dass der eine oder andere Purist vermutlich die Nase rümpfen wird. Gerade jüngere Fahrer werden sich aber freuen, eine echte Harley mit so viel Schnickschnack bewegen zu können.
 
Wir finden es gut, dass die Sportster S so eigenständig daherkommt und Ecken und Kanten aufweist. Sie hat Charakter und ist absolut unverwechselbar. Trotzdem haben wir mal Wettbewerber herausgesucht, die der Sportster S zumindest ähnlich sind: Indian FTR 1200 S und Honda CMX 1100 Rebel passen da noch am ehesten.
 
Das Testbike wurde uns zur Verfügung gestellt von Harley Davidson in Kiel. Wer sie dort mal Probe fahren möchte: Wir empfehlen eine Runde um den Westensee!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 15.495 €
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 12.000€
  • Baujahre: 2014-heute
  • Verfügbarkeit: ab 11/2021
  • Farben: rotbraun, schwarz, weiß
Pro & Kontra
Pro:
  • eigenständige Optik
  • kräftiger Motor mit Leistung UND Drehmoment
  • qualitativ hochwertiger Eindruck
  • fetter V2 Sound, aber unter 95dB
  • elektronisch komplett ausgestattet inkl. Schräglagen-Sensorik
Kontra:
  • Federung hinten knüppelhart
  • futzeliger Seitenständer
11.2021: Harley Davidson Sportster S im Test
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