Test: BMW R 1250 RS

Aussterbende Spezies

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Ja, es gibt sie noch, die Sporttourer. Trotz der GS-ifizierung Deutschlands haben die beliebten Adventure-Bikes nicht alle Tourer vom Markt verdrängen können. BMW überarbeitete unlängst seine RS-Variante der GS – und wir haben sie getestet.

Schwerer Brocken

Nicht mal zehn Prozent beträgt der Anteil der verkauften RS-Sporttourer im Vergleich zur Adventure-GS. Ist diese wirklich so viel besser? Richtig gut ist der unangefochtene Marktführer BMW GS 1250 auf jeden Fall, wie wir selbst erfahren konnten.

BMW stellte alle 1250er-Modelle auf diesen phantastischen 136 PS-Motor mit der variablen Nockenverstellung um, zuletzt neben GS, RT und R eben die RS. Doch bei dem neuen Motor blieb es nicht, die Verkleidung und der Farb-TFT-Bildschirm wurden im Zuge des Modellwechsels ebenfalls überarbeitet. Für 14.500 Euro steht sie beim Händler, doch es weiß jeder, dass es bei BMW damit nicht getan ist. So trägt unser Testbike drei zusätzliche Ausstattungspakete in sich, was den Preis um 33 Prozent auf gut 19.000 Euro erhöht.

Obwohl natürlich niedriger als die GS, ist die RS beileibe kein kleines Motorrad. Über 2,2 Meter erstreckt sich so eine RS, beim Rangieren ist sie eher unhandlich. Schwer zudem: Satte 243 Kilo vollgetankt müssen beschleunigt werden.

Virtueller Rundgang um die BMW R 1250 RS
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Gut ablesbar: TFT-Bildschirm

Die niedrigere Bauweise führt dazu, dass auch kleinere Personen die BMW entern und sicher aufrecht halten können. Unser Testbike hatte die Serienbank mit einer Sitzhöhe von 820 Millimetern, was mit meinen etwas kurzen Beinen für einen sicheren Stand reicht. Wahlweise sind Sitzhöhen von 760 oder 840 Millimeter lieferbar.

Noch ein Wort zum sehr gut ablesbaren TFT-Bildschirm: Er zeigt gut ablesbar die ganze Vielzahl aller möglichen elektronischen Assistenzsysteme an, darunter natürlich Traktionskontrolle und Kurven-ABS (aufpreispflichtig!). Gegen weiteren Aufpreis, klar, lässt sich mit dem Smartphone sicher über das Display navigieren. Vor der ersten Fahrt sollte man ein längeres Studium der Bedienungsanleitung einplanen.

Wir wollen nicht navigieren, sondern fahren, also los.

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Gefühlt leichter

Die BMW steht gerade, also müssen wir nicht auf die Berganfahrhilfe (kein Scherz, gibt es wirklich) zurückgreifen. BMW hielt diese wegen der stattlichen Abmessungen und des hohen Gewichts wohl für nötig. Übergewicht und  stattliche Abmessungen habe ich selber, aber zwischen mir und der RS gibt es einen wesentlichen Unterschied: Einmal gestartet, merkt man der BMW ihr Gewicht nicht mehr an, ich bleibe jedoch wie ich bin. Großes Kompliment an die BMWler: Es ist wirklich eine große Leistung, wie handlich dieser große Brocken ist, sobald er in Fahrt ist. Das fiel mir schon bei der GS auf, aber dort schob ich das auf die aufrechte Sitzposition. Die RS zeigt, dass dieses beim Sporttourer ebenfalls möglich ist.

Was kann die BMW als "Sporttourer", wenn man das Wort zerlegt?

Teil 1, Sport: „Hammermäßig“ würde Dieter Bohlen wohl das nennen, was der neue Boxer abliefert. Nominell 136 PS stark (und 143 Newtonmeter bei 6.250 Umdrehungen durchzugsmächtig), fühlt er sich jederzeit kräftiger an. Das hat sich seit dem Test der GS nicht geändert – Respekt, wie er von unten durchzieht und oben heraus nicht nachlässt. Zusammen mit der verblüffenden Handlichkeit der RS verlieren Serpentinen ihre Schrecken. Der RS zu folgen ist eine Aufgabe für leistungsstarke Motorräder, sie zu überholen im Bereich diesseits der Supersportler fast unmöglich.

Teil 2, Tourer: Mit wirklich gutem Fahrkomfort des elektronisch regelbaren Fahrwerks ist ein Teil dieser Übung schon absolviert. Der aerodynamisch ausgeformte Koffersatz bringt die BMW auch vollbeladen bei höheren Geschwindigkeiten nicht aus der Ruhe. Schaltarmes Fahren ist ebenfalls möglich, da im Bereich zwischen 2.000 und 8.000 stets mindestens 110 Nm anliegen, was das hohe Gewicht mehr als kompensiert. Und der Windschutz des in zwei Stufen verstellbaren Windschilds? Auch gut, leider produziert es Geräusche. Nicht nervig, aber hörbar.

Objektiv gut

Beide Disziplinen können also als bestanden abgehakt werden, doch da wäre noch etwas. Die BMW hat das Zeug zum Klassenbesten, aber die besten Jungs oder Mädchen auf dem Schulhof bekommen die stets unter Streberverdacht stehenden Musterschüler (m / w / d) nie. Sinnbildlich steht dafür der HP-Sportschalldämpfer von Akra: Er übertüncht die typischen Boxergeräusche mit Bass und einem Sportsound, der mehr Emotionen auslösen soll. Tut er auch, ich würde darauf verzichten. 

Objektiv ist weder dem Motor noch dem ganzen Bike etwas vorzuwerfen. Wer sie sich leisten kann, bekommt hier das exklusivste Mitglied der neuen 1250-Boxermaschinen.

Im  Testbike enthaltene Extras: Komfort-Paket 510 €: Heizgriffe / RDC; Touring-Paket 1.650 €: Dynamisches ESA / Keyless Go / Tempomat / Hauptständer / Kofferhalter / Navihalter; Dynamic-Paket 990 €: zwei weitere Fahrmodi / QS / Tagfahrlicht-LED / Blinker in weiß / Kurven-ABS.

Das Testbike wurde uns von Bergmann & Söhne in Neumünster zur Verfügung gestellt.

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: ab 14.400 €
  • Gebraucht (3 Jahre alt): ab 10.000 €
  • Baujahre: R 1200 RS seit 2015
  • Verfügbarkeit: sehr gut
  • Farben: schwarz, gelb, blau, braun
Pro & Kontra
Pro:
  • bulliger, Sprint- und durchzugsstarker Motor mit viel Charakter
  • Intercity-mässige Straßenlage
  • sehr komfortabel und Touren tauglich
  • viel Platz für Fahrer und Beifahrer
  • hochwertie Verarbeitung und Qualitätsanmutung
Kontra:
  • schwer
  • QuickShifter ruckelig
  • Windschild erzeugt Turbulenzen
08.2023: BMW R1250 RS (2023) im Test
08.2019: Test: BMW R 1250 RS
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