Test: BMW R 1250 R

Entspannter Kraftprotz

image Fotos: Motorradtest.de

Die BMW R 1250 R ist so etwas wie das Idealbild aller Naked Bikes. Gemeinsam mit der Ducati Monster 1200 und anderen verkörpert sie die schiere Kraft und ist immer schneller, als man mit einem Bike dieser Bauform eigentlich fahren will. Ausreichend unvernünftig ist sie also, was sie sonst noch kann, klärt der Test.

Volle Ausstattung ist teuer

Gleich mal vorweg: Der Autor dieser Zeilen ist kein ausgesprochener BMW-Fan, sondern steht den Bayern eher unemotional gegenüber. Und Boxermotoren finde ich vor allem dann klasse, wenn sie im Hintern eines Porsche 911 eingebaut sind.

Jedenfalls war das so, bis ich zum Testteam der damals neuen GS 1250 gehörte. Aber ich will meiner Missionierung nicht vorgreifen, schauen wir erst mal auf das stehende Bike. Die GS-Reihe von BMW ist der König der Zulassungsstatistik und das seit Jahren. Die einfache R dagegen ist nicht mal unter den Top 20 zu finden, es werden 13 mal mehr GS als R verkauft. Die R ist ein Naked Bike wie aus dem Bilderbuch, anders war es nicht zu erwarten. Ohne ein einziges Extra kostet die flotte Fuhre 13.850 Euro, aber diese Info kann man gleich wieder vergessen. Der BMW-Fahrer liebt es mit allem Drum und Dran, und die BMW-Aktionäre lieben ihn genau dafür. Gibt der Kunde seinem Drang zur Vollausstattung nach – und das tun sehr, sehr viele - stehen 18.095 Euro auf der Rechnung.

Brauchen tut man das Ganze natürlich nicht, das wunderbare TFT-Display sowie die Verbindung mit dem Smartphone sind Serie. Allerdings sind die ganzen Fahrmodi, das Kurvenlicht sowie die unterschiedlichen Mappings in der Praxis doch ganz nett.

Virtueller Rundgang um die BMW R1250R
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Objektiv ist das alles gut

BMW verschließt sich dankenswerter Weise einem Trend, den wir schon eine ganze Weile beobachten. Nein, nicht dem Trend des überflüssigen und diebstahlgefährdetem Keyless-Go, den hat die von uns getestete R leider auch (als Extra). Nein, BMW verweigert sich dem Trend, den Beifahrer schlecht zu behandeln. Warum auch immer: Die meisten Naked Bikes in unseren Tests hatten eher unzureichenden Platz, Komfort und Fußrastenpositionen für den Beifahrer. Anders die R 1250 R: Natürlich geht es  auf der Roadster nicht so gemütlich zu wie auf der GS, aber das Beifahren geht immerhin und nicht mal schlecht.

Gucken wir kurz auf das Display, welches jetzt bei vielen anderen BMW Standard ist. Es erweist in jeder Hinsicht als Gewinn. Groß genug für die wichtigsten Anzeigen, übersichtlich und auch im Gegenlicht gut ablesbar. Überhaupt ist die problemlose Bedienung der BMW etwas, wo sich die Konkurrenz eigentlich eine Scheibe abschneiden könnte.

Dann mal aufsteigen, was dank der geringen Sitzhöhe (820 Millimeter, wahlweise auch 760 oder 840 erhältlich) ohne jedes Problem gelingt. Die Hände fallen wie von selbst auf den breiten Lenker, der Kniewinkel ist bequem. Auch nicht selbstverständlich: Der Wendekreis ist eher gering, der Lenker lässt sich zum Rangieren weit einschlagen.

Denn mal los.

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Traum-Triebwerk

Der Druck auf den Starterknopf und die folgenden ersten Meter bringen es an den Tag: Auch wenn man bös bollernde V2 bevorzugt, muss man neidlos anerkennen, dass BMW mit dem Shift-Cam-Boxer ein traumhaftes Triebwerk konstruiert hat. Die sich unmerklich verstellenden Einlassventile prägen dieses Triebwerk, dem BMW tatsächlich nur 136 PS attestiert. Und gefühlt? Kein Scherz, auch 170 PS würde ich jederzeit glauben. Ab nur 1.000 Touren meistert die BMW das Beschleunigen, ab 2.000 Touren beginnt der Spaß, ab 3.000 Umdrehungen sollte man sich feste festhalten. Die Fuhre geht ab als gäbe es kein Morgen, gefühlt schaufelt der Motor immer eher zu viel Kraft auf die Straße.

Aus den 125 Nm maximalem Drehmoment des alten 1200er Motors sind beim 1250er 143 Newtonmeter geworden. Diese drücken  die 240 Kilo Lebendgewicht souverän nach vorne. Trotz des eher hohen Gewichts ist die R 1250 R keineswegs schwerfällig. Sie kann die Kurvenhatz und stellt sich selbst beim harten Anbremsen kaum auf, aber sie animiert nicht dazu. Das liegt aber weniger an den Kilos, sondern an der komfortablen Grundabstimmung des Motorrades. So klappern dem Biker auch in Stellung Dynamic des Fahrwerks keinesfalls die Zähne, die BMW lässt sich auch auf schlechteren Straßen nicht zu ungebührlichen Stößen hinreißen.

Eher verzichtbar ist hingegen der Quickshifter. Er arbeitet vor allem beim Herunterschalten keineswegs so souverän wie der Rest des Motorades, wobei die Getriebeabstufung in sich gelungen ist.

Souverän bis zum Schluss

Es ist zwar ziemlich teuer, aber man erhält mit der BMW R 1250 R auch eine ganze Menge. Wer ein Naked Bike mit fast unerschöpflichen Reserven sucht, kann die Suche beenden. Die BMW ist durch ihre „Ich könnte ja, wenn ich nur wollte“-Haltung ziemlich souverän. Müssen andere sich mit ihrer Sportlichkeit beweisen, die R bleibt gelassen.

Objektiv ist den Bikes der Bayern (aus Berlin) oft wenig vorzuwerfen. In diesem Sinne sollte man dieses Bike betrachten, das wie kaum ein anderes durch diesen Motor geprägt wird.

Das Testbike wurde und von Bergmann und Söhne in Pinneberg bei Hamburg zur Verfügung gestellt.

Preis / Farben / Baujahre

  • Preis: ab 13.850€
  • Baujahre: seit 2019
  • Farben: schwarz, HP (weiß-rot-blau), Exclusive (dunkelgrün), 719 (braun)
Pro & Kontra
Pro:
  • Bulliger Motor
  • Leistung ohne Ende
  • sehr gute Qualitätsanmutung
  • hervorragendes Fahrwerk
  • sehr gute Bremsen
Kontra:
  • QuickShifter etwas ruckelig
  • nicht ganz billig
03 2020: Test: BMW R 1250 R
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