Fotos: Motorradtest.de
Die BMW F 800 GS wurde 2024 gemeinsam mit der F 900 GS vom BMW vorgestellt und steht seitdem leider komplett im Schatten der 900er. Völlig zu Unrecht, finden zumindest Ole und Dietmar, die die 800er zu einer ausgiebigen Probefahrt ausgeführt haben.
Komplett unterschätzter Allrounder
Na klar ist die F900GS auf dem Papier die bessere Maschine. Sie kostet aber auch mindestens 13.750 Euro und damit satte 2.800 Euro mehr als die hier getestete F800GS. Diese wiederum ist die Nachfolgerin der F750GS, die gerade bei Personen mit kürzeren Beinen seit jeher besonders beliebt ist, weil sie extrem niedrige Sitzhöhen ermöglicht.
Die Standard-Farbe der BMW F800GS ist weiß mit blauen Akzenten. Die Varianten "Style Sport" und "Style Triple Black" kosten 215 Euro Aufpreis, sind allerdings nur anders lackiert. Anders als z.B. bei der R1300GS kommt die schwarze Triple Black also nicht mit einer anderen Ausstattung. Das finden wir gut, weil man sich bei der Farbauswahl nicht wie sonst oft bei BMW üblich auch Gedanken darüber machen muss, ob man die zusätzliche Ausstattung einer anderen Farbe braucht - oder eben nicht.
Farbauswahl: Weiß, Blau und Schwarz. Blau und Schwarz 215 Euro Aufpreis.
Abmessungen und Sitzprobe
Die Standard-Sitzhöhe der 800 GS beträgt 815 mm. Durch die optionale Tieferlegung des Fahrwerks und anderen Sitzbänken aus dem Zubehör lässt sich Sitzhöhe von 760 mm bis 840 mm variieren. Das ist ungewöhnlich flexibel und lässt die 800er für so ziemlich jede Person passend machen. Unser Testbike hatte die normale Sitzhöhe von 815 mm und war damit für uns (Ole: 1,79m, Dietmar: 1,84m) passend. Man sitzt komplett aufrecht und bequem, der Lenker ist angenehm hoch angebracht und nicht zu weit weg vom Fahrer montiert, das passt alles wie ein guter Wanderschuh.
Auch der Beifahrer findet reichlich Platz, eine ebenso bequeme Sitzposition sowie ordentliche Haltegriffe vor, so dass einer längeren Tour zu zweit auf der BMW F 800 GS nichts im Wege stehen sollte. Noch reisetauglicher wäre die Maschine, wenn der Hauptständer bereits in Serie angeschraubt wäre, ist er aber nicht. Das wiederum kommt dem Gewicht zu Gute, denn ohne Hauptständer wiegt die 800GS nur 227 Kilogramm - ein guter Wert für ein ausgewachsenes Adventure-Bike.
So sitzt es sich auf der BMW F 800 GS 2024.
360 Grad Rundgang um die BMW F 800 GS 2024
Technik der BMW F 800 GS
Das Cockpit kennen wir bereits aus vielen anderen BMW-Bikes. Es handelt sich um ein 6,5 Zoll großes TFT-Farbdisplay mit Smartphone-Connectivity und jeder Menge Anzeigen. Die Bedienung ist zwar logisch und man kommt auch ohne Betriebsanleitung schnell damit zurecht, aber intuitiv würden wir das trotzdem nicht nennen - dafür gibt es einfach zu viele Funktionen, an die man sich erst einmal gewöhnen muss.
In Serie gibt es eine dynamische Traktionskontrolle sowie ein Kurven-ABS (BMW Motorrad ABS Pro). Außerdem dabei sind zwei Fahrmodi (Rain & Road), USB- und 12 Volt-Anschluss sowie einstellbare Hebel. Wie üblich bei BMW sind optional alle erdenklichen Dinge zubuchbar, dann allerdings wird es schnell teurer. Wir würden lediglich Heizgriffe und ein größeres Windschild dazu bestellen, ansonsten finden wir die Serien-Ausstattung schon sehr gelungen - vor allem natürlich die Schräglagensensorik.
Gleiches gilt für die Lichtausstattung, die komplett in LED ausgelegt ist. Wer unbedingt das Dynamische ESA-Fahrwerk, Kurvenlicht, Quickshifter oder einen Tempomaten benötigt, der schaut sich am besten die drei Pakete an, mit denen man noch den einen oder anderen Euro sparen kann.
Zum
Tourenpaket für 770 Euro gehören Heizgriffe, Kurvenlicht und Handprotektoren. Das
Dynamikpaket für 855 Euro beinhaltet den "Schaltassistenten Pro" (Quickshifter), das D-ESA sowie zwei weitere Fahrmodi und das
Komfortpaket für 770 Euro beherbergt den Tempomaten, das Keyless Ride, die Kofferhalter für die Variokoffer, die pflegeleichte M-Endurance Kette sowie die Vorbereitung für das BMW Navi.
Edelstahlendtopf der BMW F 800 GS: Markant, optisch gelungen und nicht zu laut.
So fährt sie sich
Der Soundcheck (rechts oben) der BMW F 800 GS ist recht unspektakulär. Das Standgeräusch liegt bei 89 dbA und ungefähr so klingt sie auch: Nicht besonders aufregend, aber auch nicht langweilig und vor allem nicht zu krawallig. Das passt sehr gut zum Charakter des ganzen Bikes und außerdem finden wir auch den Endtopf aus Edelstahl optisch sehr gelungen.
Schon auf den ersten Metern mit der 800 GS stellt sich das wohlige BMW-Motorrad Gefühl ein, dass wir von vielen anderen Bikes dieser Marke kennen: Nichts wackelt oder fühlt sich billig an, die Maschine wirkt extrem ausgereift - was ja auch kein Wunder ist, schließlich gibt es die F-Adventures von BMW schon viele Jahre. Die Maschine liegt satt auf der Straße und ist schön wendig. Sie vermittelt vom ersten Meter an viel Vertrauen und reagiert auf die Befehle des Fahrers ohne Murren oder bösen Überraschungen. Das gilt vor allem für Kurvenfahrten, wo sie extrem seriös ihre Kreise zieht und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt.
Motor der F800GS: Zwar etwas weniger Power als die 900er, aber dennoch ausreichend Vortrieb.
Auch die Leistung der F 800 GS empfanden wir als überzeugend. Die Maschine dreht von unten mit Dampf durch das Drehzahlband und hat keine Löcher. Mag ja sein, dass die 900er noch mehr anreißt, aber irgendein Fisch ist ja immer größer. Im Ernst: Gerade bei der Beschleunigung und auch beim Durchzug waren wir überrascht, wie gut der neue 895 ccm Reihentwin ans Gas geht. Der größere Hubraum hat dem F-Motor, der nach wie vor bei Loncin in China gefertigt wird, richtig gutgetan. die Bezeichnung F 800 GS ist insofern eigentlich auch irreführend, aber auch dieses Understatement passt zur Maschine. Sie gibt sich eher introvertiert und kleinlaut, hat es tatsächlich aber faustdick hinter den Ohren.
Auch alles andere an der GS800 hat wunderbar funktioniert: Das nicht einstellbare Fahrwerk wirkt sehr harmonisch abgestimmt, die Brembo-Bremsen funktionieren prächtig und fast ohne Kraftaufwand und auch das Getriebe ist fluffig. Es funktioniert einfach alles wunderbar und vor allem wunderbar vorhersehbar an dieser Maschine.
Brembo Zangen an 305er Dopplescheiben sorgen für souveräne Verzögerungswerte.
Einen Kritikpunkt haben wir dann aber doch: Was soll dieser winzige Windschild ?!? Mag ja sein, dass das optisch was hermacht, aber der Windschutz ist dann doch sehr eingeschränkt. Zumindest bei Dietmar gab es dann auch noch Turbulenzen am Helm, was allerdings nicht bei jedem Fahrer so sein muss. Dennoch: Weg mit dieser futzeligen Rally-Scheibe und sofort eine höhere und zudem einstellbare Scheibe aus dem BMW-Zubehör rangeschraubt. Das sieht nach unserer Meinung dann auch nicht nur viel erwachsener aus, sondern bietet auch einen erheblich größeren Fahrkomfort.
Die Garantie liegt wie üblich bei BMW bei 3 Jahren, der Service ist alle 10.000 Kilometer oder einmal jährlich fällig. Als Wettbewerber sehen wir folgende Maschinen: Moto Guzzi V85TT, Suzuki V-Strom 800 DL, KTM 790 Adventure, Honda XL 750 Transalp sowie die CF-Moto 800 MT. Die Daten dieser Bikes könnt ihr mit denen der BMW hier vergleichen.
Fazit
Die BMW F 800 GS ist ein überzeugendes Adventure-Bike zu einem fairen Preis. Sie ist bereits in Serie gut ausgestattet und kann mit dem BMW-Zubehörbaukasten nach Belieben erweitert werden. Mag sein, dass dieses Motorrad nicht gerade den Preis für das emotionalste Bike 2024 gewinnen wird, dass ihr aber vermutlich völlig egal. Sie ist Understatement pur, kann fast alles und gehört vermutlich zu dem am meisten unterschätztem Motorrad in ihrer Klasse. Wer mit der 900 GS liebäugelt, aber gerade Ebbe im Geldbeutel vorfindet, sollte sich genauer mit der 800 GS beschäftigen ...
Die Testmaschine wurde uns von
Bergmann & Söhne in Neumünster zur Verfügung gestellt. Dort steht sie als Vorführer und freut sich schon auf weitere Probefahrer. Wer zwischen der 800er und der 900er GS schwankt: Beide Maschinen können bei
B&S in Neumünster angetestet werden. Zwischendurch noch einen Kaffee und dabei das üppige Gebrauchtbike-Angebot checken - wunderbar!
Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre
- Preis: 10.650 €
- Baujahre: 2008-2018, seit 2024
- Farben: Weiß, Blau, Schwarz