Test: Triumph Tiger 1200

Das Tier in uns

image Fotos: Dietmar

Das gute an der BMW GS ist, neben ihren unbestreitbaren objektiven Qualitäten, dass sie die Konkurrenz anspornt. Jeder möchte mindestens so gut wie der deutsche Bestseller sein. Ob das gelingt, prüfen wir am Beispiel der Triumph Tiger 1200.

Big Bike

Oha. Was für ein Motorrad. Es gibt grazile Adventure-Bikes, aber, soviel sei vorweggenommen, die Triumph ist keine davon. Für 19.950 Euro erhält man 271 Kilo Motorrad. Allerdings auch einen Dreizylinder-Reihenmotor, der aus 1.215 Kubik immerhin 141 PS holt, die das Ganze in Fahrt bringen sollen. Die Vorgängerin der aktuellen Tiger war übrigens nochmals 11 Kilo schwerer.

Die Tiger gibt es in zwei verschiedenen Ausführungen. Wir testen die XC, die für Gelände wie Straße gleichermaßen geeignet sein soll. In Punkto zusätzlicher Motorschutz mag diese Ausführung im Gelände Sinn machen, aber was Straßenreifen (bei 211 km/h Höchstgeschwindigkeit ist das notwendig) und – schicke - Speichenfelgen im Gelände helfen sollen, bleibt irgendwie unklar.

Nicht alles an der Triumph ist echt. Beispielsweise bestehen die Alublenden am Tank aus Kunststoff. Dieser ist jedoch hochwertig, wie überhaupt das ganze Motorrad einen wertigen Eindruck hinterlässt. Zusammengesteckt ist hier nichts. Der Preis für die Triumph ist daher in diesem Sinne nicht mehr ganz so heftig. Nochmal einen Blick rüber zur BMW GS 1250: Die steht ab 16.150 Euro in der Preisliste, aber das ist reine Theorie. Tatsächlich kommen die GS so wie der Kunde sie ordert, gerne mal an die 22.000 Euro zum Kunden, einer heftigen Aufpreisliste sei Dank.

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Die Tiger hat eine sehr gute Ausstattung

Die Tiger kommt dagegen fix und fertig ausgerüstet zum Kunden. Dietmar, der einen Schwäche für Adventure-Bikes hat, und ich, in dieser Hinsicht nur manchmal schwach, sind uns einig: Ein dermaßen voll ausgestattetes Motorrad – inklusive separat zu regelnder Sitzheizung für Fahrer und Sozius – haben wir noch nie gefahren. Die komplette Liste der Extras gibt’s im Netz. Hier das, was wir besonders hilfreich fanden: Kurvenlicht, tatsächlich die Griff- und Sitzheizungen sowie das wirklich brilliante Display.

Was ich als die Scheininnovation schlechthin bezeichne, kann man leider nicht abbestellen: Keyless Go. Abgesehen davon, dass dieses System diebstahlanfällig ist, liegt, steckt oder versteckt sich der Schlüssel immer da, wo man ihn gerade nicht braucht. Beispielsweise bediente ich gerade das sperrige Kameraequipment, als Dietmar den Motor anwerfen wollte. Den Schlüssel hatte ich in meiner Po-Tasche, also musste ich entweder die Kamera abbauen oder aber meinen Allerwertesten nahe an den Sensor bringen. Gut, dass das keiner gefilmt hat …

"Gebaut, um Sie überall hin zu bringen. Und zwar erster Klasse", sagt Triumph im Prospekt. Mal gucken, was in Brexit-Großbritannien als erste Klasse verstanden wird. Los geht’s.

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Die 271 Kilo sind präsent

Entspannung: Das Ablegen mit dem Briten-Tanker klappt völlig problemlos. Das wäre am Berg dank serienmäßigem Anfahrassistent (!) nicht anders. Die ganze Bedienerei, wenn man sich an die zahlreichen Knöpfe gewöhnt hat, geschieht völlig problemlos und übertrifft unsere Erwartungen. Einmal kapiert, freut man sich über die Extras und Anzeigen.

Dazu schaltet das Getriebe nahezu ohne jeden Kraftaufwand und sehr präzise. Der Quickshifter (Serie) funktioniert ebenfalls hervorragend und ohne zu ruckeln. Das semiaktive Fahrwerk erkennt selbständig den Untergrund und den Beladungszustand der Tiger. Es lässt sich per Bordcomputer von straff bis sehr weich einstellen. Die Komfortstufen setzen sich bei unseren Testfahrten am Ende durch – so klappt Tiger-fahren ganz vorzüglich.

Wie es nicht geht, wird allerdings ebenso deutlich. Das Ding unterstützt seinen Fahrer zwar nach Kräften, aber manchmal wie beim Aufbocken kommt man sich eher wie ein Bezwinger vor. Die 271 Kilo sind zu merken, auch in Fahrt. Das äußert sich beispielsweise in Fahrleistungen, die bei 141 PS durchaus höher ausfallen könnten. Zwischen 3.000 und 4.000 Touren gönnte sich der Dreizylinder zudem eine Pause, um erst dann wieder loszulegen. Ein Tiger ist eben die größte Raubkatze der Welt, von schnellster hat keiner was gesagt.

Reisen statt Rasen

Unter erster Klasse verstehen die Briten also vorrangig hohen Fahrkomfort. Und erstklassige Anbauteile wie die sinnvollen Extras oder sehr leistungsfähigen Bremsen. Hat man das verstanden, erschließt sich die Tiger umso besser. Für Bestzeiten ist sie nicht geeignet, aber wer ist das schon?

Reisen statt rasen. Das ist nicht mal so hingeschrieben, sondern eine eindeutige Empfehlung. Wessen Fahrstil eher in Richtung ruhig und flüssig tendiert, der kann hier ein wie auf ihn oder sie zugeschnittenes Bike erwerben. Übrigens: Auch für Kurzbeinige ist die Tiger dank der verstellbaren Sitzhöhe geeignet, nur schwachbrüstig dürfen die Interessenten nicht sein – 271 Kilo zu rangieren ist wie gesagt nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Eine Probefahrt ist allerdings noch notwendig, denn es gibt etwas, über das Dietmar und ich nicht einig werden konnten: Er – eher kurzer Oberkörper - empfand den Windschutz als klasse, ich – eher langer Oberkörper – als nicht funktionierend. Wieder mal erweist sich, dass es den einen, den für alle guten Windschutz trotz elektrisch verstellbarer Scheibe nicht gibt.

Das Testbike wurde uns von Triumph Hamburg zur Verfügung gestellt.

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: 19.950€
  • Gebraucht (1,5 Jahre alt): ab 17.000€
  • Baujahre: seit 2018
  • Farben: marine, khakigrün, schwarz, weiß
Pro & Kontra
Pro:
  • Ausstattung
  • Komfort
  • Cockpit & Bedienung
  • Platzverhältnisse
Kontra:
  • Gewicht
10.2019: Test: Triumph Tiger 1200
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