Test: BMW R 1250 GS

Ein Schiff wird kommen

image Das ist ein Problem: Wenn man den absoluten Bestseller für Deutschland im Programm hat, kann man nicht mehr viel gewinnen. Besser als Platz 1 geht eben nicht. Was haben die BMW-Ingenieure bei der R 1250 GS im Vergleich zu ihrer Vorgängerin 1200 GS verbessert, und wo haben sie Bewährtes beibehalten? Ring frei zum Test des neuen BMW-Flagschiffes.

Dicker als sie aussieht

Wer eine Runde um die neue BMW drehen will, muss zwar absolut gesehen nicht weit laufen, aber doch weiter als bei anderen Motorrädern. Es ist ein richtiges Trum, was BMW da auf die Beine gestellt hat. Ein Kompliment dabei an die Designer, denn von ihrer Fülle ist nicht nur auf Fotos wenig zu erkennen, sondern auch dann, wenn man leibhaftig vor ihr steht. Erst auf den zweiten Blick erkennt man die Tricks, mit denen BMW gearbeitet hat. Beispiel Tank: Verschiedene Kanten, Materialien und Farben kaschieren äußerst geschickt, dass dieses Bauteil sehr voluminös ist, viel größer noch, als es die 20 Liter Inhalt vermuten lassen.
Gleichzeitig ist man ob der Bedeutung dieses Krades eingeschüchtert. Tataaaaa! Deutschlands beliebtestes Motorradmodell vom beliebtesten Hersteller (nach Verkaufszahlen bewertet) steht vor uns. Sind dann nicht wir alle ein bisschen GS? Diese Perfektion im Detail des Motorrades, diese Gewissheit, dass BMW sich bei Dingen wie abblätternden Aufklebern, schlechter Lackqualität oder anderen Verarbeitungsmängeln nie erwischen lassen würde - das macht die GS seit Jahren aus. 
So, jetzt mal lange genug rumgeschwelgt. Deutschland ist bunter als gedacht, und das ist wie immer auch hier gut. Klartext: In Deutschland wurden 2018 insgesamt 108.300 Motorräder über 125 ccm verkauft, davon 7.304 vom Vorgänger 1200 GS. Das entspricht einem Marktanteil allein der GS von 6,7 Prozent und mit großem Vorsprung Platz 1.
So.
Glückwunsch.
Anders herum könnte die Klarheit der Zahlen allerdings auch bedeuten, dass 93,3 Prozent aller Deutschen und somit die absolute Mehrheit im Staate keine BMW GS kaufen will oder kann (unser Testbike kostet über 20.000 Euronen....). Insofern: entspannt bleiben.

Virtueller Rundgang um die BMW R 1250 GS
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Nun mal los hier

Kurz mal zu unserer Arbeitsweise: Bei uns gilt das strikte Vierer-Prinzip. Vier Augen schauen auf jeden Test, vier Pobacken haben mindestens jedes Testbike besessen und vier Hirnhälften darüber nachgedacht. Und das in wechselnder Formation (siehe Videos), damit sich hier keine Lieblinge einschleichen.
Als Dietmar mich als Partner für den GS-Test ausgesucht hatte, war ich zuerst überrascht, denn ich bin definitiv nicht der GS-Typ. Dietmar schon. Ich bin definitiv nicht der Boxer-Typ. Dietmar schon. Ich mag analoge Instrumente und habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht, niemals eine Bedienungsanleitung zu lesen. Dietmar testet neben Motorrädern gerne und ausführlich die neusten Handytypen
Wie sich herausstellen sollte, war das die ideale Zusammensetzung, um das Motorrad von allen Seiten beleuchten zu können und zu einem Fazit zu kommen. Hilfreich ist, dass wir uns bei den wesentlichen Bewertungen schnell einig waren, was den Testteil dieses Textes kurz werden lässt. In aller Kürze: Die BMW ist ein tolles Motorrad. Das Fahrwerk beispielsweise (bei unserem Tester elektronisch einstellbar) ist der ideale Kompromiss zwischen Langstreckenkomfort und noch ausreichender Handlichkeit. BMW hat ganz offensichtlich einen geheimen Zaubertrank, den sie ins Fahrwerk füllen: Einmal in Fahrt scheint die mit 250 Kilo nicht gerade leichtgewichtige GS zu schrumpfen und zwar in allen Dimensionen: Behände und präzise geht es voran.

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Der Motor: eine Wucht

Oder der Motor: Die neue Version überzeugt mit Shift-Cam-Technik, bei der die Nockenwelle je nach Drehzahl variable Ventilöffnungszeiten zulässt. Resultat: Enormer Druck unten, oben herum uneingeschränkte Drehwilligkeit. Fast erschien mir der 136 PS-Motor in jeder Lebenslage kräftiger als der meiner ehemaligen 1200er Ducati Multistrada mit 150 PS. Kleine Anmerkung von Dietmar und mir: Auf die optionale und aufpreispflichtige Akrapovic-Anlage der BMW lässt sich prima verzichten. Weder hört sie sich gut an, noch passt der Sound zu dem Boxer. Puh, wenigstens dieses zum Rummeckern gefunden.
Das Getriebe: leichtgängig und präzise, so soll es sein. Ganz hart für Traditionalisten: Das unverkennbare "Kalong"-Geräusch beim Einlegen des ersten Ganges ist weg.

Ein Motorrad, zwei Meinungen

Und nun, bei so viel Licht und so wenig Schatten? Kaufen oder nicht? Dietmar sagt, sie wäre ihm zu teuer (@Dietmar: Jetzt mal unter uns, das hälst du keine zwei Jahre durch, spätestens dann hast du 'ne Gebrauchte). ;) Ansonsten ist er begeistert, was man bei aller Objektivität auch sein kann. Ihm wäre die jüngste Überarbeitung auf jeden Fall Grund genug, das alte Modell in Zahlung zu geben.
Das sehe ich natürlich anders. Der Preis ist auf den ersten Blick ein Argument, und vor allem bei den Extras langt BMW schwer zu. Aber die Konkurrenz aus Ducati oder KTM ist nicht viel günstiger, insofern zieht das wieder nicht. Mir ist sie erstens zu groß, mit meinen etwas kurzen Beinen komme ich nicht mal vernünftig herauf. Davon abgesehen ist mir die GS einfach zu perfekt. Ich mag es, wenn mein Moped arbeiten muss, wenn ich sie aktiv führe und immer etwas angestrengt zurückkomme. 
Wenn mir einer sagen würde, ich hätte übersehen, dass die BMW während des Tests die ganze Zeit autonom gefahren wäre - ich würde das glauben.

Unser Dank an Bergmann und Söhne für die leihweise Überlassung der BMW.

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: ab 16.150€. Testbike: 20.870€
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 12.000€
  • Baujahre: seit 1987
  • Verfügbarkeit: riesiges Angebot
  • Farben: aktuell: schwarzmetallic, weiß (HP-Design), und schwarz-gelb
Pro & Kontra
Pro:
  • Motor, durchzugstark und drehwillig
  • Wiederverkaufswert (als Verkäufer)
  • Fahrwerk
  • Verarbeitung
  • Fahrleistungen
Kontra:
  • Preis (vor allem für Extras)
  • Wiederverkaufswert (als Käufer)
  • Sitzhöhe
04.2019: Test: BMW R 1250 GS
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