Harley Davidson Nightster im Test

Was kann die neue und derzeit günstigste Harley Davidson?

Harley Davidson Nightster im Test Fotos: Motorradtest.de
 
Die neue Harley Davidson Nightster ist mit 14.999 Euro derzeit das günstigste Modell in der reichhaltigen Modellpalette von Harley. Sie wird im Sportster-Segment verordnet und ist nicht nur das Schwestermodell der erfolgreichen Sportster S, sondern auch die Nachfolgerin der legendären luftgekühlten Sportster-883 Modelle. Kann sie mit ihrem neuen Motor in diese Fußstapfen treten?

So steht sie da

Wer einmal unsere Motorrad-Suche bemüht und als Hersteller-Filter Harley-Davidson eingibt, der sieht sofort: 15.000 Euro sind für eine Harley echt günstig! Im Gegensatz zum Schwestermodell Sportster S (16.795€) kann man die Nightster als Einstiegs-Harley auch Anfängern empfehlen. Sie wiegt fahrfertig nur 221 kg und fährt sich auch so. Die Nightster gibt es offen mit 90 PS oder als A2-Variante mit 48 PS.
 
Bei Harley Davidson Kiel steht die Nightster in Schwarz als Vorführer - und freut sich auf Probefahrten. Es gibt zwei weitere Farbvarianten Rot und Grau, die jeweils 280€ Aufpreis kosten. Uns gefallen eigentlich alle drei, aber eine Nightster würden wir tatsächlich in Rabenschwarz bestellen, passend zum Namen.
 
Farben Harley Davidson Nightster
 
Sitzprobe: Der Lenker ist weit vorne montiert, das zieht die Arme ordentlich lang. Dazu kommt die Harley-typische niedrige Sitzhöhe von 70 cm sowie die gar nicht so Harley-typisch eher mittig montierten Fußrasten. Das ergibt in Summe eine leicht gebückte Sitzhaltung, die Harley-Neulingen erst einmal etwas merkwürdig vorkommen dürfte. Einen Soziussitz gibt es in Serie nicht, kann aber dazu bestellt werden. Der niedrige Fahrersitz ermöglicht allen Fahrern unabhängig von Größe und Beinlänge einen sicheren Stand und leichtes Rangieren. Der Kniewinkel ist auch für größere Fahrer okay, wie man hier sehen kann:
Abmessungen Harley Davidson Nightster
 
 

360 Grad Rundgang um die Harley Davidson Nightster

Cockpit Harley Davidson Nightster Auspuff Harley Davidson Nightster Bremse Harley Davidson Nightster

Technik der Nightster

Die Nightster kommt mit Ride-by-Wire, einer Traktionskontrolle sowie den drei Fahrmodi Rain, Road und Sport. Anders als bei vielen anderen Bikes hat der gewählte Fahrmodus tatsächlich spürbaren Einfluss auf  die Gasannahme. Der Modus beeinflusst auch die Traktionskontrolle und die Motorschleppregelung - das ist echt gelungen!

Auch die Nightster hat wie die Sportster S in Serie Keyless Go, einen Bordcomputer und selbstrückstellende Blinker. Auf Gimmicks wie QuickShifter, Schräglagensensorik, Handyanbindung etc. wurde hier zum Glück verzichtet.

Das kleine Rundcockpit zeigt analog die Geschwindigkeit und in einem LC-Teil den Gang, den gewählten Fahrmodus, den Benzinstand und wenn gewünscht auch die digitale Drehzahl an. Die Beleuchtung ist kompletto in LED realisiert und gefällt uns optisch sehr gut. Insgesamt also eine angemessene technische Ausstattung, die niemanden überfordert oder ablenkt. Gut so.

Revolution Max 975T

So fährt sie sich

Der Revolution Max 975T wurde im Gegensatz zur Sportster S auf 975 ccm gekappt und leistet bei der Nightster 90 PS bei 7.500 Umin und 95 Nm Drehmoment bei 5.750 Umin. Das ist für Harley-Verhältnisse nicht umwerfend, aber da die Nightster eben vollgetankt auch nur 221 kg wiegt, sorgt dies für ordentlich Vortrieb. Zudem ist der neue Motor drehfreudig weit über 5.000 Umin hinaus. Der Hub ist eher kurz und so wird aus der Nightster fast schon eine kleine Drehorgel. Sie beschleunigt nicht nur gut, sondern kann auch beim Durchzugtest überzeugen. Das hätten wir "der kleinen" Harley so gar nicht zugetraut.
 
Sicherlich werden Harley-Jünger älteren Jahrgangs die Nase rümpfen und der Nightster die sonst übliche V2-Folklore absprechen - aber diese Zielgruppe will die neue Nightster auch gar nicht ansprechen. Dafür fährt sie sich auch viel zu sportlich. Sie geht flott um die Kurven und ist dabei erstaunlich handlich. Das Fahrwerk ist zwar eher einfach, funktioniert aber tadellos. Die konventionelle 41er Telegabel kommt von Showa und ist nicht einstellbar. Die Stereo-Federbeine sind zumindest in der Federbasis einstellbar, es fehlt aber ein hydraulisches Einstellrad. All das signalisiert: Mach Dir um das Fahrwerk keine Gedanken, fahr einfach, funktioniert schon.
 
Das gleiche können wir über die Bremse vermelden. Vorne kommt zwar nur eine Einzelscheibe zum Einsatz, aber die Nightster bremst trotzdem gut und vorhersehbar. Die Hebeleien sind einstellbar und die nötige Handkraft zur Betätigung der Kupplung ist erfreulich niedrig. Interessant ist auch die Tanklösung der Nightster: Der Kunststoff-Tank ist unter dem Sitz verbaut und 11,7 Liter. Die Reichweite des Bikes ist rechnerisch daher mit 229 km auch eher bescheiden - geschenkt. Und wenn wir schon bei Kritik sind: Die Verarbeitung der Nightster ist teilweise mittelmäßig, z.B. bei der Verlegung der Kabel im linken Lüfter/Motorenbereich. Nun ja, irgendwo muss der Preisunterschied ja auch herkommen ...
 
Harley Davidson Nightster
 
Trotz der niedrigen Federwege - vor allem hinten - fährt die Nightster nicht unkomfortabel. Klar, Schlaglöcher quittiert das Fahrwerk mit einem Gruß an die Bandscheiben, aber ansonsten haben wir keinen Anlass zur Kritik. Anders sieht das bei den Service-Intervallen aus: Alle 8.000 km (oder einmal pro Jahr) muss die Nightster zum Händler. Andere Bikes dürfen doppelt so viele Kilometer schrubben, bis der Service fällig wird. Aber seien wir ehrlich: Die meisten Biker fahren sowieso keine 10.000 km pro Jahr, insofern schieben wir doch alle unsere Maschinen jährlich zum Service,oder?

Fazit - was bleibt hängen

Die Harley Nightster macht mächtig Spaß! Gerade auf Landstraßen entpuppt sie sich als überraschend agiles Bike. Der Motor hat ordentlich Leistung und fühlt sich ebenso überraschend auch in höheren Drehzahl-Gefilden wohl. Die Nightster sieht zwar aus wie eine typische Harley, ist in vielen Dingen aber anders. Besser oder schlechter? Ansichtssache! Echte V2-Dampfhammerfans wird sie nicht überzeugen, alleine schon wegen des zurückhaltenden Sounds (90 dbA Standgeräusch). Wir glauben aber, dass Harley mit der Nightster neue Kundengruppen gewinnen will, und das dürfte auch gelingen.
 
Das Testbike wurde uns freundlicherweise von Harley Davidson Kiel für diesen Test zur Verfügung gestellt. Dort steht die Nightster als Vorführer - neben vielen anderen schicken Harleys. Ein Besuch bei HD Hiel lohnt sich immer, alleine schon wegen des großen Angebots an gebrauchten Maschinen. Außerdem kann man dort eine herrliche Runde um den Westensee drehen - viel Spaß!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 14.999€
  • Verfügbarkeit: seit 06/2022
  • Farben: rot, schwarz, grau
Pro & Kontra
Pro:
  • Drehfreudiger Motor mit ordentlich Schmackes
  • Gute Fahrleistungen
  • Erstaunlich wendig
  • Relativ leicht, auch für Einsteiger geeignet
Kontra:
  • Sound 1b
  • Verarbeitung hier und da etwas lieblos
09.2022: Harley Davidson Nightster im Test
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