BMW R 1250 RT im Test

Was kann der frisch renovierte Reisedampfer von BMW?

BMW R 1250 RT Cockpit Fotos: Motorradtest.de

Die neue BMW R 1250 RT ist eines der wenig übrig gebliebenen echten Touren-Motorräder. Anders als GS & Co. setzt sie eher auf die luxuriöse Autobahn-Etappe als auf Stock und Stein. Das neueste Modell aus 2021 wurde von BMW mit jeder Menge Technik aufgerüstet, unter anderem mit einem riesigen Display. Genau dieses Modell hat motorradtest.de unter die Lupe genommen.


So steht sie da

Junge, Junge, was für ein Schiff! Das ist der erste Satz, der Markus wie von selbst entgleitet, als wir vor der Testmaschine stehen. Man kann ihr förmlich ansehen, wie sie sich fahren wird. Ein Blick auf das Datenblatt lässt allerdings aufhorchen: Nur 1,48 m Radstand? Da darf man gespannt sein, wie sich das in Kurven anfühlen wird - doch dazu später mehr. Zunächst einmal umrunden wir die frisch renovierte RT und erfreuen uns an der neu gezeichneten Lampenmaske. Hier regiert nun LED-Technik und schnittigere Linien. Grundsätzlich ist die Frontansicht aber immer noch genauso imposant wie beim Vorgängermodell. Unser Testbike hat ein aufpreispflichtiges Kurvenlicht, wobei der Hauptscheinwerfer wie bei einer Citroen DS mechanisch geschwenkt wird.
 
Im Cockpit regiert nun ein 10,25 Zoll großes TFT-Farbdisplay. Es ist das größte Display, dass wir je bei einem Motorrad bestaunen durften. Es ist entspiegelt, lässt sich super ablesen und beherrscht auch einen Split-Screen-Modus, bei dem links die normalen Anzeigen um eine rechte Spalte ergänzt werden, auf der z.B. der Bordcomputer angezeigt werden kann oder die per Smartphone übertragene Pfeilnavigation. Super ist das elektronisch verstellbare Windschild. Bei unserer Testmaschine in der "Style Sport" Variante ist dieses Schild etwas kleiner, sorgt aber dennoch für einen sehr guten Windschutz auch auf der Autobahn. Trotzdem: Bei einem Tourer wie der RT würden wir immer die größere Standardscheibe wählen, damit es noch ruhiger wird.
Virtueller Rundgang um die BMW R 1250 RT
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Das soll sie können

Unser Vorführer-Testbike ist natürlich wieder komplett ausgestattet, aber auch die "nackte" Variante hat schon einiges an Bord: Neben dem großen TFT-Display ist beispielsweise die Connectivity zum Smartphone Serie. Es gibt drei Fahrmodi, eine Hill-Start-Control (HSC), eine dynamische Traktionskontrolle (DTC), ein Tempomat mit Bremsfunktion (DCC) sowie Koffer und Heizgriffe - alles Serie!

Aufpreispflichtig sind dagegen nach wie vor das dynamische ESA-Fahrwerk, Keyless Go, die Reifendruckkontrolle (RDC), die Sitzheizung und die "Active Cruise Control" (ACC), die den Tempomaten vorne um einen Radarsensor ergänzt. Trotzdem: Gegenüber dem Vorgänger gibt es bei der RT nun wie auch schon bei der S1000XR mehr Features in Serie - gut so!

Beim Fahrwerk, Motor, Bremsen & Co. hat sich wenig geändert. War auch nicht nötig, denn hier kann die RT einfach alles. Vorne Telelever, hinten Paralever, zweiteiliges Rahmenkonzept aus Haupt- und daran angeschraubtem Heckrahmen, mittragender Motor - warum sollte BMW dieses bewährte System ändern?

BMW R 1250 RT Foto: motorradtest.de

Gut, dann schwingen wir uns mal aufs Mopped. Die Sitzhöhe kann je nach Sitzbank von 760 bis 850 mm variiert werden. Man sitzt überraschend gut integriert in der Maschine. Und man merkt beim Rangieren sofort: Die ist schwer. 279 kg fahrfertig, um genau zu sein. Das ist nichts für schwache Nerven oder Personen. Mag ja sein, dass das während der Fahrt keine Rolle mehr spielt, aber leider muss man ja auch mal anhalten. 

Dann starten wir mal den Motor. Gefällig und vertraut blubbert der Boxer vor sich hin. Schön trocken, passt gut zur RT. Fühlen wir da noch ein ganz klein wenig das Schaukeln von links nach rechts beim Gas geben? Ja, aber nicht mehr so wie früher - schade eigentlich. Die Maschine gleitet von Dannen, fährt sich wie von selbst. Der Tempomat funktioniert einwandfrei, auch das neue ACC birgt keine Rätsel. Anzeige und Bedienung sind intuitiv und alles funktioniert so, wie man sich das vorstellt: Verzögert der Vordermann, wird man langsamer, wird der Vordermann wieder schneller, beschleunigt die Maschine wieder bis zur voreingestellten Cruiser-Geschwindigkeit. So ein ACC ist schon eine schicke Sache und macht vor allem bei langen Autobahn-Etappen Sinn. Allerdings sollte es nicht dazu führen, dass der Fahrer unaufmerksam wird, also Vorsicht.

Auch beim Ankern macht die neue RT eine gute Figur. Bremse gut, alles gut. Die Maschine lässt sich mit wenig Handkraft schnell zum Stehen bringen. Allerdings wollen knapp 280 kg plus Fahrer und Gepäck und evtl. Beifahrer trotzdem mit Vorausschau gebremst werden. Die Grenzen der Physik kann auch die hervorragende vollintegrale Bremsanlage der RT nicht wegwischen. Das merkt man auch bei der Kurvenfahrt: Obwohl die RT ganz schön wendig ist, müssen die vielen Kilogramm erst einmal um die Ecke herum. Das ist schon etwas anders als mit einem 190 kg Naked-Bike.
 
Trotzdem ist man als Fahrer überrascht, wie flink die RT um die Ecken wetzt. Das liegt vor allem an der geschickten Fahrwerksgeometrie mit dem kurzen Radstand und dem tiefen Schwerpunkt des Boxermotors. Das fühlt sich einfach Klasse an: Stabil, souverän und trotzdem wendig. Es erinnert uns vom Fahrverhalten her übrigens eher an die Adventure als an die normale GS - und weniger an die RS, die ja eher geradeaus fahren möchte.

Die positive Beschleunigung fühlt sich ob der Pfunde hier auch wirklich beeindruckend an. Der ShiftCam Boxer schiebt und schiebt und schiebt. Gerade beim Überholen mit Beifahrer und Gepäck ist es beruhigend, so viel Kraft unter dem Allerwertesten zu wissen. Der Motor ist im Übrigen gegenüber GS, RS und R unverändert. Das bedeutet also 136 PS und vor allem 143 Nm bei 6.250 Umdrehungen!

Fazit - was bleibt hängen

Wenn ein echter Reise-Tourer, dann RT! Allerdings nur dann, wenn man auf der Straße bleibt. Für Schotter oder Gelände ist die RT gänzlich ungeeignet. Wer aber möglichst komfortabel (und schnell?) von Hamburg nach München kommen will, der wird auf der BMW R 1250 RT nicht nur seinen Spaß haben, sondern auch völlig entspannt ankommen. Da die RT auch statt Kette einen Kardanantrieb hat, muss man auch nicht ständig Kettenpflege betreiben.
 
Die zahlreichen technischen Features inkl. des QuickShifters braucht man vielleicht nicht unbedingt, aber sie funktionieren alle blendend und lassen sich vor allem leicht bedienen. Die Lautsprecher vorne wirken dabei vielleicht ein bisschen nach Alt-Herren-Bike, aber wir müssen zugeben: Wir haben sie genutzt und es genossen. Vielleicht gehören wir aber auch einfach schon zur typischen RT-Generation ...
 
Die Testmaschine wurde uns zur Verfügung gestellt von Bergmann & Söhne in Pinneberg - vielen Dank.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: ab 19.350€
  • Gebraucht (2 Jahre alt): ab 15.000€
  • Verfügbarkeit: ab 2021
  • Farben: Weiß, Blau, Mineralweiß, Braun
Pro & Kontra
Pro:
  • satte Straßenlage
  • 1.000 km Stück kein Problem
  • luxuriöser Sitzkomfort für Fahrer und Beifahrer
  • bäriger Motor mit sattem Durchzug
Kontra:
  • voll ausgestattet nicht ganz billig
  • schwer -> eingeschränkte Rangierfähigkeit
04.2021: BMW R 1250 RT im Test
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