Benelli Leoncino 800 Trail im Test

So fährt sich der neue Italo-Scrambler von Benelli

Benelli Leoncino 800 Trail Test Fotos: Motorradtest.de
 
Die Benelli Leoncino 800 Trail ist ein neuer Scrambler aus Italien mit 76 PS für unter 9.000 Euro. Im Gegensatz zur Standard Leoncino 800 gibt es hier jede Menge optische Leckereien, unter anderem Speichenfelgen, hochgelegter Doppelrohr-Auspuff, Startnummerntafel und vieles mehr. Wie sich die 800 Trail fährt, haben Markus und Dietmar abgecheckt. Viel Spaß mit unserem Fahrbericht.

So steht sie da

Scrambler in dieser Leistungsklasse für unter 9.000 Euro sind rar gesät. Benelli macht es möglich, da die Bikes in China gefertigt werden. Die Entwicklung und das Design kommen aber noch aus Pesaro, wo etwa 70 Benelli Mitarbeiter unter anderem im "CentroStile Benelli" dafür sorgen, dass diese Bikes tatsächlich nach Italien aussehen. Die Leoncino 800 Trail gibt es in Grau und Grün und wie der Name verspricht, befindet sich auch hier wieder ein kleiner Löwe auf dem vorderen Schutzblech. Irgendwie erinnert uns das ein wenig an Peugeot, aber "Leoncino" ist natürlich italienisch (heißt übrigens "kleiner Löwe"), insofern geht diese etwas skurrile Figur schon in Ordnung.
Farben Benelli Leoncino 800 Trail Foto: Benelli
 
Die Maschine wirkt auf uns kleiner, als sie eigentlich ist. Mit einer Länge von 2,20 m und eine Sitzhöhe von 850 mm hat sie fast schon Adventurebike-Niveau. Dadurch und durch den hohen Lenker sitzt man nicht nur aufrecht, sondern auch bequem auf dem Bike. Das Gewicht von 234 kg merkt man, zumindest beim Rangieren - leicht ist sie jedenfalls nicht. Während Fahrt verschwindet dieser Eindruck wieder, doch dazu später mehr.
 
Die Optik gefällt uns jedenfalls sehr gut. Die fette, Gold eloxierte Gabel passt hervorragend zum Jagdgrün unserer Testmaschine. Der matt schwarz lackierte Gitterrohrrahmen erinnert unweigerlich an eine Ducati Monster. Dazu die Halbstolle (Pirelli Scorpion Trail STR), die erweiterte Bodenfreiheit sowie der hochgelegte Auspuff: Steve McQueen hätte seine Freude gehabt. Im Werbevideo zur Leoncino 800 Trail lässt Benelli dann auch gleich einen Enduro Fahrer durchs Gelände hoppeln. Das haben wir im Kleinen auch probiert und es funktioniert, aber aufgrund des Gewichts gehört diese Maschine eigentlich eher auf die Straße.
 
Abmessungen Benelli Leoncino 800 Trail
Abmessungen
So sitzt es sich auf der Benelli Leoncino 800 Trail mit einer Körpergröße von 1,77 m


360 Grad Rundgang um die Benelli Leoncino 800 Trail

Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten Cockpit

Technik der Leo Trail

Das große TFT-Display ließ uns zunächst vermuten, dass das Bike vollgestopft ist mit neuester Technik. Aber Pustekuchen - außer ABS ist hier gar nichts an Bord. Keine Fahrmodi, keine Schräglagensensorik oder ähnliches. Stört uns das? Mitnichten. Das Cockpit ist gut ablesbar und die wichtigen Anzeigen wie z.B. Gang und Speed fallen sofort ins Auge. Warum Benelli gleich vier Taster für die Menüsteuerung einbaut, obwohl kaum etwas einzustellen ist, bleibt für uns allerdings rätselhaft.

Die Beleuchtung kommt komplett in LED inkl. der Blinker und einen per separaten Taster umschaltbaren Tagfahrlicht. Das sieht alles sehr stylish aus und die Bedienung erschließt sich dem Fahrer ohne Blick ins Handbuch. Schade: Die Cockpit-Sprache deutsch fehlt (noch).

Funfact: Der Drehzahlmesser suggeriert einen Begrenzer bei 11.000 Umin, de facto wird aber schon bei etwa 9.500 Umin abgewürgt. An Bord sind übrigens auch eine Warnblinkanlage und ein kleiner Bordcomputer. Eine Verbindung mit dem Smartphone ist zum Glück nicht möglich, sonst hätten wir das ja auch ausprobieren müssen ...

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So fährt sie sich

Bevor es losgeht, machen wir wie immer noch einen kurzen Soundcheck. Der Reihentwin besitzt einen mittlerweile ja fast üblichen Hubzapfenversatz und klingt daher ein wenig nach V2. Der Sound ist schön brummelig und gar nicht mal so leise. Wir messen 96 dbA, in den Papieren steht sie aber mit einen Standgeräusch von 93 dbA - also alles roger.
 
Schon während der ersten Meter verliert die Leoncino mindestens 50 Kilo! Sie fährt sich leicht und locker und trotz des 19 Zoll Vorderrads auch erstaunlich wendig. Das Fahrwerk von Marzocchi lässt sich bis auf die Federvorspannung hinten nicht einstellen, dass ist aber auch nicht nötig. Die Maschine ist gut ausbalanciert und auf der etwas strafferen Seite, ohne dabei zu nerven. Man spürt deutlich, dass man auch bei Geländefahrten nicht gleich auf Block gehen würde. Die Reifen harmonieren sehr gut mit dem Bike, auch auf der Straße.
 
Der Motor hat 76 PS und 67 Nm bei 6.500 und genauso fühlt er sich auch an. Er geht stets gut nach vorne, ohne seinen Fahrer zu überfordern. Man hat nie den Eindruck, gleich vom Bike geschleudert zu werden, es wird aber auch nie langweilig. Mit einem Scrambler will man sowieso nicht mit 180 km/h in die Kurve gehen, insofern passt das schon alles. Der Motor dreht berechenbar nach oben und ist durchaus drehwillig bis zum Begrenzer. 
 

Nicht so gut haben uns die Bremsen gefallen. Der Bremshebel ist zwar in der Reichweite einstellbar (dito Kupplungshebel), aber wir haben es trotzdem nicht hingekriegt, genug Hebelkraft auf den Bremshebel zu bekommen. Das führt dazu, dass man trotz der eigentlich gut ausgestatteten Vorderradbremse unnötig viel Handkraft benötigt, wenn man die Maschine mal schneller zum Stehen bringen möchte. Hier könnte Benelli noch ein wenig nacharbeiten, denn die 320er Doppelscheibe und die radial verbauten 4-Kolben Bremszangen müssten eigentlich mehr Bremskraft erzeugen können. Vielleicht Radialpumpe und Stahlflex einbauen?
 
Gut weil unauffällig ist das Getriebe. Die sechs Gänge sind gut abgestimmt, es gibt keine zu langen oder kurzen Übersetzungen und die Handkraft der Kupplung ist angenehm gering. Damit würde man auch im Stadtverkehr in Stop-and-Go Situationen keine Handschmerzen bekommen. 

Fazit - was bleibt hängen

Die Benelli Leoncino 800 Trail ist ein echtes Spaß-Bike. Sie sieht nicht nur schick aus, sondern die Fahrerei bringt auch richtig Laune. Es gibt bis auf die Bremse kaum Kritikpunkte, die Maschine wirkt wertig und gut verarbeitet. Die Fahrleistungen überfordern niemanden, aber man kann bei Bedarf auch mal Gas geben und Spaß haben.
 
Der Preis für diese Maschine ist hervorragend. Man bekommt viel Motorrad für wenig Geld. Die eher übersichtliche technische Ausstattung der Benelli passt gut zu einem Scrambler. Wer auf diese Art von Bikes steht, sollte schleunigst einen Benelli-Händler aufsuchen und eine Probefahrt machen. Bringt echt Laune, das werdet ihr sehen!

Preis/Service/Farben

  • Preis: 8.999 Euro
  • Service: Alle 10.000 km
  • Verfügbarkeit: ab 01/2023
  • Farben: Grau, Grün
Pro & Kontra
Pro:
  • fette Optik mit 50er Gabel!
  • fetter Sound
  • Reihentwin mit Charakter
  • gut ablesbares Cockpit
  • hoher und breiter Lenker
  • obwohl nicht ganz leicht trotzdem wenig
Kontra:
  • Bremsen
  • keine Traktionskontrolle
03.2023: Benelli Leoncino 800 Trail
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