Test: Triumph Street Triple RS
Jetzt noch schärfer: Die Streety RS
Seit 2007, als die erste Serie vorgestellt wurde, profitiert die Triumph Street Triple RS von ihrem Image, eigentlich eine Rennmaschine zu sein. Was man als feinsten Marketingsprech abtun könnte, hat tatsächlich einen realen Hintergrund, denn sie basiert auf der Daytona 675. Wie gut sich der Renner im Alltag schlägt, haben wir ausprobiert.
Macht sie schneller!
Die Street Triple von Triumph setzt bei Fahrern der gepflegten Straßenrenner dem Mythos zufolge Maßstäbe, da sie mithilfe von Ingenieuren entstand, die den MotoGP Rennmaschinen bei Triumph Beine machen. Und auch heute mussten beim Update der 2020er-Version die Renningenieure aushelfen. Der Auftrag an sie: Macht sie noch schärfer, macht sie noch schneller, macht sie noch fitter für den Alltag.
Damit jeder das neue Modell identifizieren kann, werfen wir zuerst ein Blick auf die Optik: Alle Verkleidungsteile kamen neu, und tatsächlich fällt der Gesamteindruck besser aus als beim Vormodell. Irgendwie wirkt sie harmonischer, ohne dass Betrachter definieren können, wo genau die Verbesserung herkommt. Das hatten wir zuletzt beim Update der Kawa Z 900.
Geblieben ist die betont sportliche Note, besonders der Front. Die aktualisierte Lichttechnik – alles LED – sieht nun schärfer aus. Kleine Veredlungen der Optik finden sich überall am Motorrad. Neben der Carbonkappe am Auspuff sind das neue Spiegel, hochwertige Oberflächen, schwarze Fußrastenhalter (vorne und hinten) sowie Schalldämpferoberflächen aus satiniertem Metall. Insgesamt wollte Triumph den Eindruck erwecken, dass hier ein Supersportler wie die Daytona 675 antritt, nur eben ohne Verkleidung. Und das ist voll gelungen.
Komplett neu: Elektronik
Den Motor knöpften sich die Entwickler ebenfalls vor. In Zeiten von immer häufigeren Tempolimits wird auch bei einem Racer alltagstaugliche Fahrbarkeit immer wichtiger. Das bedeutet meist mehr Druck von unten und aus der Mitte, was die Entwickler hier unter anderem durch ein Interferenzrohr am Krümmer zu erreichen versuchten, welches die einzelnen Rohre der Abgasanlage verbindet. 123 PS zerren jetzt an der Kette, das werden wir später ausprobieren. Kürzere untere Gänge sollen Beschleunigung verkürzen, ebenso der serienmäßige Quickshifter, der die Schaltzeiten bei extrem sportlicher Fahrt verringert.
Zum Abschluss erhielt die Street Triple das ganze Elektronikpaket, welches wir aus anderen Modellen der Engländer (jaja, zumindest die Entwickler sitzen noch auf der Insel) kennen. Es umfasst vier Fahrmodi (Straße, Regen, Sport, Track vom Fahrer konfigurierbar) sowie das MyTriumph Connectivity-System, das mit dem separat erhältlichen Bluetooth-Modul genutzt werden kann. Dann können die GoPro oder das Smartphone angesteuert werden für alle diejenigen, die auf den schönsten Pässen der Welt ihre Mails abrufen müssen. Über das neue und übersichtliche TFT-Display ist das und anderes während der Fahrt nutzbar. Zuletzt ein Blick auf die in mehreren Stufen einstellbare Traktionskontrolle sowie das ABS – ist ersteres wirklich gut, so bleibt unverständlich, warum für die mit 11.850 Euro nicht gerade günstige Triumph Street Triple auch gegen Aufpreis kein Kurven-ABS erhältlich ist.
Dann mal los.
Was für ein Motor
Oha. Aus „dann mal los“ wird schon nach einem kurzen Dreh am Gasgriff ein gefühlter Sprung auf die Bestzeit für Nullhundert. Aber vorher im Stand ein kurzer Blick aufs Display. So übersichtlich es ist, so viele Designs ausgewählt werden können, es bleibt der gleiche Kritikpunkt wie bei der Tiger 900: Die Menüführung ist nicht bis ins Ende durchdacht. Aber da man dies selten braucht, ist es zu verkraften.
Dann starten wir durch. Und machen das nochmal. Und nochmal. Und könnten es eigentlich die ganzen Tage nochmal und immer wieder machen: Den kraftvollen, durchzugsstarken und gleichzeitig sauber laufenden Motor genießen. Der neue Sound passt perfekt zum Racer-Style, ohne auf Dauer zu nerven (übrigens auch die Nachbarn nicht. Kraftvoll muss nicht zwingend laut bedeuten, hier erstklassig umgesetzt).
Mit der sportlichen, gut integrierten Sitzhaltung hat man das Bike auch bei Beschleunigungsorgien gut im Griff. Nur muss man sich über eines im Klaren sein: Fehlt der Gegendruck durch den Fahrwind, stützt man sich in der Stadt auf den Handballen ab. Auf Dauer kann das schmerzen.
Also wieder rauf aus die Piste, die pure und reine Physik genießen. Die Triumph Street Triple nutzt neben dem phantastischen Motor und dem sauber zu schaltenden Getriebe vor allem zwei physikalische Gesetzmäßigkeiten zu ihrem Vorteil. Erstes: Die Triumph Street Triple RS ist mit nur 187 Kilo fahrfertig ein echtes Leichtgewicht. Das merkt jeder Pilot in jeder Kurve, beim Rangieren oder Beschleunigen: Leichtbau ist nicht durch noch so ausgeklügelte Elektronik oder simple Mehrleistung zu ersetzen. In dieser Hinsicht ist die Triumph eines der ehrlichsten sportlichen Motorräder auf dem Markt.
Der zweite Grund sind die serienmäßigen Reifen vom Typ Pirelli Diablo Supercorsa SP V3. So etwas trägt auch die Ducati Panigale stolz auf der Rennstrecke, es ist ein Semislick mit geringem Profil und vergleichsweise klebriger Lauffläche. Er passt bestens zur Street Triple RS, ermöglicht zackiges Einlenken, hohe Schräglagen und besten Grip. Allerdings: Nur dann, wenn das Wetter gut ist. Regen oder niedrige Temperaturen mag er überhaupt nicht. Bei widrigen Bedingungen legt man sich am besten nicht mit engagiert gefahrenen 125er-Rollern an. Auch der Abrieb ist relativ hoch, so dass diese Reifen unter dem Strich zwar die Referenz für Sportmotorräder darstellen, aber ein teures Vergnügen sind.
Es lebe der Sport
Die Triumph Street Triple RS ist unter dem Strich ein scharfes Sportmotorrad. Daher passt der eingangs hinterfragte Spruch von der Rennmaschine für die Straße. Sie setzt mit den narrensicheren Öhlins-Fahrwerk, dem passenden Knieschluss und Kniewinkel sowie diesem jederzeit zu Höherem berufenen Motor für den Sportfahrer die richtigen Akzente. Man muss sie sich jedoch leisten können. Das ist gar nicht mal dem Einstiegspreis von 11.850 Euro geschuldet, wo eine von den Daten her vergleichbare Kawasaki Z 900 mit unter 10.000 beim Händler steht.
Nein, wer die Triumph Street Triple RS haben will und ganzjährig fährt, wer einen Sozius weiter als bis zum Baggersee mitnehmen will, ohne sich nach Ende der Fahrt dessen Leid anzuhören – der wird um die Anschaffung eines Zweitmotorrades nicht umhinkommen. Und das, trotz eigentlich vorhandener und guter Alltagstauglichkeit.
Das Testbike wurde uns von Triumph-Hamburg zur Verfügung gestellt.
Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre
- Preis: 11.850€
- Gebraucht (3 Jahre alt): 8.250€
- Baujahre: seit 2007
- Verfügbarkeit: mittel
- Farben: schwarz, grau, weiß