Test: Yamaha Tracer 700

Die Leichtigkeit des Seins

image Fotos: Motorradtest.de

Da hat Yamaha mit der MT-07 einen echten Bestseller im Programm: Klasse Motor, Fahrwerk, und die Qualität stimmt auch bei dem Naked-Bike. Da liegt es nahe, die Motorradlinie auf diesem Bike basierend zu erweitern. Voila – Auftritt des Modells Yamaha Tracer 700, eines Crossovers. Und gleich mal ab zu uns zum Test.

Kein Adventure-Bike

Entwickler müssen nicht Genie auf Lehramt studiert haben, um auf diese Möglichkeit zu kommen: Man nehme den Besteller im Programm und setze auf seiner Basis weitere Modelle auf. Die beliebten Adventure-Bikes kommen einem sofort in den Sinn, auch hier hat die Hochbegabung noch Pause. Da muss man allerdings präzise sein, denn eine richtige Reiseenduro für jedes Gelände ist die Tracer nicht geworden, soll sie auch nicht sein. Ihr reicht ein attraktives Äußeres, eine aufrechte Sitzposition, und den Windschutz gibt’s obendrauf. Gelände? Ach was, darf man doch sowieso nirgends.

Da ist was dran. Gut aussehen tut sie auf jeden Fall. Die Yamaha ist übrigens ein gutes Beispiel für die weltweite Arbeitsteilung: Während Design und Fahrwerk aus Italien kommen, schippern die Japaner aus ihrer Heimat noch den Motor und das Getriebe herbei – nach Frankreich, genauer gesagt, wo dann alles zusammengesetzt wird.

Virtueller Rundgang um die Maschine

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Unspektakulär und gut

Das Ergebnis ist ein mittelgroßes Motorrad, welches dem Sozius ein komfortables Mitfahren garantiert. Überdies sitzt dieser ein Stück höher als der Fahrer (dessen Sitzhöhe: 840 Millimeter), was guten Überblick garantiert. Der entscheidende Faktor ist das Gewicht: Nur 196 Kilo bringt die Tracer vollgetankt auf die Waage, trotz großzügiger Verkleidung. Wie dies das Fahren prägt, dazu kommen wir gleich.

Die Yamaha kostet 8.499 Euro und damit etwa einen Tausender mehr als die Basis – für ein Crossover ist die Tracer 700 dennoch günstig. Von der MT-07 stammen der Motor und weitere Technik. Der Zweizylinder bringt es auf 74 PS aus 689 Kubik. Das maximale Drehmoment von 68 Newton hört sich nicht gerade üppig an, es steht bei 6.500 Umdrehungen an.

Angezeigt werden alle lebenswichtigen Daten in einem LC-Display. Das wirkt auf den ersten Blick etwas altbacken. Das mag aber daran liegen, dass Yamaha sich beschränkt. Wetteifern die Hersteller bei ihren großen Modellen gerade darum, an welcher Stelle die Durchschnittstemperatur von Tibuktu angezeigt wird und wo der Anschluss für den Beamer ist, übt sich Yamaha in Selbstbeschränkung. Durchaus wohltuend ist es, auf dem Motorrad-Display mal nicht zu sehen, ob eine neue eMail eingegangen ist. Auch so kann heute Fortschritt aussehen.

Dann mal los.

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Leicht, aber nicht instabil

Überraschungen fallen bei Yamaha meistens gleich aus: Es gibt kaum welche. So startet der mittellaute Motor natürlich sofort, die Kupplung ist leichtgängig und das Getriebe äußerst präzise. Der Zweizylinder, der durch den Versetzter-Hubzapfen-Trick etwas rauher als normale Twins klingt, zieht ordentlich an. 74 PS sind erst mal nicht die Welt. Bis man die Kupplung am Start rüde kommen lässt und die Sicht nach vorn durch das Vorderrad auf Augenhöhe getrübt wird. Hier ist ein wirklich toller Motor am Werk, das muss man einfach konstatieren. Der Vollständigkeit halber zum Sicherheitsgedanken: Eine Traktionskontrolle gibt es nicht.

Es geht durch den ziemlich linearen Drehmomentverlauf unspektakulär und gleichmäßig schnell voran. Und trotz des famosen Triebwerks ist dies nicht das prägende Element der Yamaha. Die Fahrphysik bestimmt etwas, das auch durch die doppelte Leistung nicht zu ersetzten ist: Ein niedriges Gewicht ist immer von Vorteil. Das gilt nicht nur im Gelände, denn dorthin – siehe oben – will sie gar nicht. Aber wie die Tracer einlenkt, so spontan, leicht und trotzdem vertrauenerweckend, das hat schon was. Unterstützt wird diese Eigenschaft durch das vergleichsweise kleine 17-Zoll-Vorderrad. So etwas leistet sich in dieser Bauform sonst nur die brutale Ducati Multistrada 1260.

Brutal? Es gibt nichts, was der Yamaha ferner läge. Eher ist sie die gepflegte Begleiterin für jeden Tag, natürlich durchaus reisetauglich. Hohes Dauertempo auf der Autobahn liegt ihr allerdings nicht hundertprozentig. Da gewinnen die Fahrtwiderstände doch gegen 74 PS, gemütliches Reisen statt Rasen ist angesagt. Ein kurzer Griff zum Windschild, es kommt sechs Zentimeter höher, und Entspannen ist die Losung.

Einfach gut

Auch zum Schluss unser äußerst vergnüglichen Testkilometer bleibt das Fazit gleich: Dies ist ein gutes Motorrad. Alltagstauglich, auf Langstrecke nerven weder Winddruck noch ein extremer Kniewinkel, bequeme Sitzbank oder eine Bedienung, die Rätsel aufgibt.

Die Yamaha Tracer 700 fährt sich allseits locker, flockig und kontrolliert. Yamaha eben. Das gilt, auch dies dürfte wenig überraschend kommen, für die routinierte und hochwertige Verarbeitung.

Wer seine Tracer werkseitig aufrüsten will, der hat die Auswahl aus verschiedenen Zubehörangeboten und vier Paketen. Da reicht die Spanne vom größeren Windschild, Sportauspuff bis zu verschiedenen Behältern und Taschen. Dann allerdings ist Schluss mit günstig: Volle Ausstattung lässt den Preis auf mehr als 12.000 Euro steigen.

Das Testbike wurde uns von Tecius & Reimers in Hamburg zur Verfügung gestellt.

Extras:

Reise-Paket1248,95 €

    Kofferset

    Hohes Windschild

    Komfortsitzbank

    USB Anschluss im Cockpit

 

Wochenende-Paket772,95 €

    ABS-Softtaschen

    Hohes Windschild

    Tankpad

    USB Anschluss im Cockpit

 

Urban-Paket439,95 €

    USB Anschluss im Cockpit

    Gepäckbrücke

    Top Case

    Rückenlehne Sozius

 

Sport Paket419,95€

    Kurzer Kennzeichenhalter

    Kettenschutz

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: 8.499€
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 5.700€
  • Baujahre: seit 2020
  • Verfügbarkeit: gut
  • Farben: icon grey, sonic grey, phantom blue
Pro & Kontra
Pro:
  • Motor
  • Verarbeitung
  • Fahrkomfort
  • Gesamtpaket
Kontra:
  • Windschild klein
05.2020: Test: Yamaha Tracer 700
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