Test: Honda Africa Twin

Etwas Gutes verbessern

image Fotos: Motorradtest.de

Einfach ist das nicht: Da hat man ein Erfolgsmodell, was rund um den Globus jede Menge Fans hat. Auch bei uns sorgt die Honda Africa Twin für überwiegend rundum zufriedene Fahrer – wie soll man etwas Gutes noch besser machen? Jede radikale Änderung könnte Kunden vergrätzen, aber stehen bleiben wollte Honda deshalb nicht. Ob die aktuelle Überarbeitung der Africa Twin Sinn gemacht hat, klärt unser Test.

Was macht die AT aus?

Für so ein erfolgreiches Modell hat die Honda eine ganze Menge nicht zu bieten: Sie ist weder die Leichteste, die Billigste oder gar die Stärkste unter den Reiseenduros. Wo kann die Honda punkten? Ganz einfach: In der Summe ihrer Eigenschaften ist sie Spitze. Dies, gepaart mit der typischen Zuverlässigkeit und Geländegängigkeit, verschaffte diesem Bike die Verehrung aller Weltreisenden – und derjenigen, die dieses Image mögen.

Honda stellte das aktuelle Modell wie das Vorgängermodell in zwei Versionen vor, es gibt die Africa Twin und die Africa Twin Sports Adventure. Sie sind im Vergleich zum Vormodell stärker auseinandergerückt, die Differenzen treten deutlicher zutage. Wir haben uns für die rund 1.800 günstigere, aber immer noch 14.165 Euro teure, einfache Africa Twin entschieden. Dafür verzichten wir auf den größeren Tank (24,8 statt 18,8 Liter), ferner fehlen Schlauchlos-Reifen, das größere Windschild, der Gepäckträger, und wir dürfen auch nicht weitere 1.800 Euro für das elektronische Fahrwerk ausgeben, dies bleibt der Sports vorbehalten. Übrigens: Wer überall ein Kreuzchen macht und sich ein Kofferset gönnt, knackt die 20.000-Euro-Marke.

Die Sitzhöhe beträgt 850 bis 870 mm, der Lenker ist für eine aufrechtere Sitzposition nun um 22,5 mm höher positioniert. Niedrigere (825 mm bis 845 mm) und höhere (875 mm bis 895 mm) Sitzbänke sind optional über das Zubehörprogramm erhältlich.

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Es geht ohne Elektronik

Es gibt von allem ein bisschen mehr. Leistung (102 PS bei 7.500 Umdrehungen), Drehmoment (105 Nm bei 6.250 Umdrehungen) und ein neues Display. Dieses wird nicht jedem gefallen, denn überbordende Elektronik – und der Touchscreen könnte als solcher empfunden werden - stand nie im Fokus der AT-Fans. Wobei man dem Bildschirm objektiv wenig vorwerfen kann, denn es ist ein einfach und intuitiv abzulesendes Instrument. Allerdings: Wenn man die Honda mit allem ausstattet was möglich ist, trägt allein die linke Bedieneinheit 16 Knöpfe. Oha.

Jetzt aber los, den Expeditionsreisenden in uns finden.

Trotz der möglichen Elektronik fährt die Honda einfach und gewohnt unspektakulär los. Um die ganzen  Einstellungsmöglichkeiten kann man sich später kümmern. Oder nie. Viele Tester beschleicht das Gefühl, je abgasgereinigter die Motoren werden, desto mehr Zähne werden ihnen gezogen. Keine Chance bei der Africa Twin: Sie erfüllt zwar Euro 5, aber sie zieht dessen ungeachtet geschmeidig und in jedem Drehzahlbereich kräftig voran. Das beruhigt das Umweltgewissen ungemein, wenn man von Marokko nach Kapstadt fährt.

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Unkompliziert und gut

Wichtig fürs Gelände: Wenn man sich mal verschaltet oder sonst in den unteren Drehzahlregionen aufhält: Bis herab auf rund 1.500 Touren lässt sich die Honda nicht abwürgen oder fängt an zu schlagen. Auch das Getriebe arbeitet Honda-typisch leichtgängig und präzise, gegen Aufpreis (1.100 Euro) ist auch ein DCT-Getriebe zu erwerben. Das Besondere daran: Es hält ein spezielles Geländeprogramm parat.

Neu an Bord sind diverse elektronische Rettungsanker, vom neuen Kurven-ABS über die dreistufige Wheelie-Kontrolle und die siebenstufige dynamische Traktionskontrolle ist alles dabei. Das Positive: Alles funktioniert. Das Negative: Für Traditionalisten ist das eher nix. Einen echten Fauxpas beging Honda tatsächlich: Wer das volle Programm des Monitors nutzen will, kommt am iPhone nicht vorbei: Es gibt nur Apple Car Play, Android-Nutzer müssen mit Einschränkungen leben. Mit dem integrierten Apple CarPlay lässt sich das iPhone des Fahrers über den Touchscreen der Africa Twin nutzen. So kann auf die Navigations-App des iPhones zugegriffen werden, was Android-Nutzern verwehrt wird.

Der Geradeauslauf hat sich ebenfalls verbessert, allen Fahrern aus unserm Team passte zudem der Windschutz. Lange Etappen über die Autobahn? Kein Problem. Ebenso unauffällig wie gut durchmisst die Honda Kurven aller Art, und das trotz des 21-Zoll-Vorderrades sogar sportlich.

Die AT bleibt sich treu

Welche Frage man sich ernsthaft stellen sollte: Ja, das normale Fahrwerk ist Honda gut gelungen. Es ist voll einstellbar – aber macht man das wirklich? Da ist das elektronische Fahrwerk der Africa Twin Sports Adventure von Vorteil: Es lässt sich feiner justieren und das während der Fahrt. Dieses Extra ist selbst für Wüstenkönige sinnvoll.

Eine letzte Runde um das Bike. Gut ist sie geblieben, besser geworden zudem. Operation geglückt. Die Honda AT ist sich treu geblieben: Nach wie vor schafft sie das große Kunststück ohne herausragende Einzelleistungen mit dem Gesamtkonzept voll zu überzeugen. Allerdings: Wer nicht das ganz große Besteck mit allem Drum und Dran braucht, muss keineswegs umsteigen, sondern kann das Vormodell weiter fahren.

Es gibt noch so viel zu erleben.

Das Testbike wurde uns von Motofun (Kaltenkirchen bei Hamburg) zur Verfügung gestellt. 

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: ab 14.490 €
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 8.500€
  • Baujahre: 1990 - 2003; wieder seit 2015
  • Verfügbarkeit: sehr gut
  • Farben: Africa Twin: rot, schwarz; Africa Twin Sports Adventure: blau-weiß-rot-gold
Pro & Kontra
Pro:
  • Motor - Drehmoment und Leistungsentfaltung
  • Fahrwerk
  • Geländegängigkeit
  • Reisetauglichkeit
  • Soziuskomfort
Kontra:
  • Nur iPhone-Nutzer können vollen Umfang nutzen
12.2019: Test: Honda Africa Twin
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