Test Harley Davidson Road Glide 2024

Was kann der neue Edel-Tourer aus den USA?

image Fotos: Motorradtest.de

Haus abbezahlt, Garten in Ordnung gebracht, Kinder groß, also eigentlich alle Wünsche erfüllt? Wie wäre es mit einer neuen Harley Davidson Road Glide für lässige 32.000 Flocken? Langeweile hätte man dann jedenfalls nicht mehr. Volker und Dietmar kamen bei der Probefahrt aus dem Grinsen kaum noch heraus. Was für ein Gerät!

Bitte gehen sie auseinander, hier kommt die neue Road Glide.

Zugegeben: Ein Testbericht zur neuen Road Glide wird nicht einfach zu schreiben sein, schließlich möchte man seine Fahreindrücke ja möglichst akkurat wiedergeben. Im Falle dieser Maschine wird das schwierig, denn den neuen Tourer von Harley muss man eigentlich selbst fahren, um zu verstehen, was die Faszination dieses Schiffs ausmacht. Na gut, ich probiere es mal. 
 
Fangen wir mit den einfachen Dingen an. Die neue Road Glide kostet ohne Zubehör 31.845 Euro. Viele Harley Fahrer werden sich vermutlich zumindest einen extra Schalldämpfer andengeln lassen, obwohl wir das für beinahe überflüssig halten, doch dazu später mehr. Die Road King gibt es mit Hardware in Chrome und Schwarz und dann auch noch in nicht weniger als acht Farben. Endlich mal eine echte Farbauswahl bei einem Motorrad!
 
Farben Harley Road King
Das ist doch mal eine Farbauswahl!
 
Unsere Testmaschine steht bei Harley Davidson Kiel in einem wunderschönen mattblau neben einer schwarzen Street Glide. Majestätisch sieht sie aus mit ihrer neuen Sharknose, die jetzt nicht mehr zwei Scheinwerfer beherbergt, sondern ein durchgehendes Lichtband - natürlich in LED inkl. Tagfahrlicht und Positionsleuchten. Der neue Scheinwerfer erinnert tatsächlich an die Kauleiste eine weißen Hais. "Sharknose" passt, das Bike sieht von vorne wirklich aus wie ein Hai. Wie ein sehr großer Hai.
 
Die Street Glide ist beinahe baugleich, lediglich die anders designte Front ("Batwing") schwingt beim Lenken mit, anders als bei der Road Glide. Außerdem ist der Lenker der Streety viel tiefer montiert und die Blinker sind wie Lidstriche in die Front integriert und fungieren zudem als Tagfahrlicht. Welche ist hübscher? Ansichtssache, jedenfalls sind beide mehr als respekteinflößend.
Schwestermodell Street Glide

Auch schön: Das bis auf die Front beinahe baugleiche Schwestermodell HD Street Glide 2024.
 
 
Abmessungen und Sitzergonomie
 
Bei der Sitzprobe muss Dietmar aufpassen, nicht gleich einzuschlafen, so herrlich bequem sitzt es sich auf der Road Glide. Der Lenker ist zwar sehr hoch montiert, aber stören tut das nicht. Das Motorrad ist insgesamt gigantisch groß und dementsprechend viel Platz haben beide Sitztest-Probanden. Die Sitzbank ist für den Fahrer mega-bequem, für den Beifahrer nicht ganz so, weil man unweigerlich ein wenig nach hinten rutscht.
 
Die Sitzhöhe des Fahrers ist mit 720mm Harley-tyisch recht niedrig. Das ist gut für einen sicheren Stand und zum Manövrieren, denn die Maschine wiegt fahrfertig nicht weniger als 380 Kilogramm! Deshalb: Fahranfänger, Finger weg. Alle anderen: Platz nehmen und genießen, bitte.
Abmessungen und Sitzprobe
So gemültich können sich Fahrer und Beifahrer auf der neuen Road King 2024 hinfläzen.
 
 

360 Grad Rundgang um die neue Road Glide

Cockpit Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten

Technik der Harley Road Glide Jahrgang 2024

Beim Blick ins Cockpit fällt sofort das riesige 12,3" Display ins Auge. Man kann dies beliebig mit Themes konfigurieren und entweder auf weiße oder schwarze Ansicht einstellen. Besonders cool ist die integrierte Vollkarten-Navigation, die auch ohne Online-Verbindung zum Smartphone perfekt funktioniert. Ein Handy-Kopplung via Bluetooth ist natürlich auch möglich und sodann lassen sich Musik und Anrufe mit extra Bedientasten rechts steuern. 

Überhaupt hat Harley bei den neuen 2024er Glide Modellen technisch ordentlich aufgerüstet. Es gibt Schräglagensensorik, Tempomat, 3+1 Fahrmodi, Berganfahrhilfe, Motorschleppregelung, Kurven-ABS, mehrstufige Traktionskontrolle und sogar integrierte Lautsprecher, aus denen ordentlich was rauskommt. Einige Tester sprechen von 200 Watt, die Webseite sagt 2 x 50 Watt Sinus, was mehr als genug ist.

Wichtig bei all der Technik: Die Bedienung flutscht ohne großartiges Studium der Betriebsanleitung. Das Display ist übrigens auch per Touch steuerbar oder klassisch über diverse Menütasten links. Besser gehts kaum und das Ganze erinnert dann doch schon stark an ein modernes Auto. Sogar Apple CarPlay funktioniert per Kabel, Android Auto aber leider nicht.

Auch bei der Lichtausstattung gibt sich die Road Glide keine Blöße. Voll-LED inkl. Tagfahrlicht, automatische Blinker-Rückstellung und sogar eine Coming-Home Ausschaltfunktion ist an Bord. 

117er Milwaukee Eight Motor der Road King

So fährt sie sich

Vor der Abfahrt machen wir wie immer einen kurzen Soundcheck. Der 117 Cubic-Inch V2 klingt, wie man das erwartet. Es pöttert amtlich vor sich hin, bassig und souverän, dabei aber zum Glück nicht zu laut. Außer man gibt Gas, dann röhrt der Hirsch, aber das will man ja manchmal auch genauso haben. Soundcheck rechts oben.
 
So, dann ab auf die Piste. Die Road Glide ist schwer und das spürt man nicht nur im Stand. Souverän setzt sich der D-Zug in Bewegung und man hat den Eindruck, dass ihn heute auch nichts mehr aufhalten können wird. Das heißt aber nicht, dass sich die Maschine besonders schwerfällig gibt - im Gegenteil: Die Road Glide schwingt elegant zwischen den Kurven und geht gar nicht mal unwillig ums Eck. Trotzdem: Ein Kurvenräuber will die Harley nicht sein und das Gewicht ist stets präsent - gut so! Unebenheiten der Straße kommen schon beim Fahrer an, aber fiese Stöße in den Rücken gibt es nur selten. Das Gewicht bügelt die meisten Dinge weg, das fühlt sich schon mächtig an. Dass das Fahrwerk bis auf die Federvorspannung hinten nicht einstellbar ist, kratzt uns wenig. 
 
Erstaunlich gut für diese Gewichtsklasse funktionieren die Bremsen, vor allem die am Hinterrad. Hier werkelt ein 4-Kolbenfestsattel an einer 300er Scheibe und da viel Gewicht anliegt, packt die Bremse ordentlich zu. Vorne wird ein wenig Handkraft benötigt, aber auch hier ist die Bremswirkung in Ordnung. Die Kupplung ist übrigens auch nicht gerade mit einem Finger bedienbar, aber hey - wir sitzen hier auf einer Harley!
 
 
Das Getriebe ist ebenfalls typisch Harley Davidson. Der erste Gang wird mit einem fröhlichen "Kalong!" eingelegt und die Schaltwege sind recht lang. Früher haben wir dazu "schwerer Landmaschinenbau" gesagt und es ist gut, dass auch moderne Harleys diese Folklore noch nicht ganz abgelegt haben. Dazu zählen wir übrigens auch die Blinker mit Schaltern links und rechts - herrlich.
 
Und nun noch ein Satz zum Motor. Dieser drückt nicht weniger als 175 Nm auf die Kurbelwelle und leistet 107 PS. Das sind selbst für Harley Davidson fantastische Werte und natürlich werden diese bei bemerkenswert niedrigen Drehzahlen erreicht. In der Praxis bedeutet dies: Schub und Druck ohne Ende. Zwar kann der Motor auf Wunsch bedenkenlos bis knapp über 5.000 Umin gedreht werden, aber wer will das schon?! Bei so viel Drehmoment schaltet man dann doch lieber schon bei 3.000 Umins und kriegt das Grinsen auch viele Stunden später kaum noch aus dem Gesicht heraus. Es ist wirklich so: Wer im Sport-Modus Gas gibt, bekommt harschen Vortrieb, der sich so fett anfühlt, als wenn man bei einem Flugzeug auf der Startbahn bei vollem Schub plötzlich die Bremse löst. Wer es etwas weicher möchte, schaltet in den Road-Modus und schon ist die Gasannahme lammfromm.
 

Fazit

Uff, was für ein Erlebnis. Wie schon eingangs erwähnt sollte jeder Interessent eine Probefahrt machen und sich nicht mit Testberichten wie diesem zufrieden geben. Harley-Fans kommen bei der Road Glide sicher voll auf ihre Kosten, aber auch und gerade Harley-Neulingen sei eine Probefahrt ans Herz gelegt. Egal, ob man sich danach für oder gegen die Road Glide entscheidet, vergessen wird man diese garantiert nicht mehr!

Die Testmaschine wurde uns netterweise von Harley Davidson Kiel zur Verfügung gestellt. Dort warten die Road Glide und viele andere Harley Vorführer auf Probefahrer. Harley Kiel liegt verkehrsgünstig an der Autobahn und man kann vom Händler mehr oder weniger sofort auf Landstraßen das Bike seiner Wahl ausführen. Vielleicht ja demnächst eine Road oder Street Glide? Viel Spaß!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 31.845€
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 18.500€
  • Verfügbarkeit: ab 03/2024
  • Farben: diverse, siehe oben
Pro & Kontra
Pro:
  • majestätischer Auftritt
  • Motor mit Bazooka Doppel-Wumms
  • technisch volle Hütte
  • hervorragendes Display mit Vollkarten-Navigation
  • starke Bremse hinten
Kontra:
  • sehr schwer
  • nur für gestandene Biker
  • Apple Car Play Ja, Android Auto Nein
03.2024: Test Harley Davidson Road Glide 2024
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