BMW R 1200 R im Test

BMW R 1200 R: Die Allzweckwaffe von BMW

BMW R 1200 R Die hier getestete BMW R 1200 R (K27) aus dem Jahr 2011 hat noch den 110 PS Boxermotor mit Luft/Ölkühlung. Dieses Modell wurde von 2006 bis 2014 gebaut und hat die erfolgreiche R 1150 R abgelöst. Im Gegensatz vom Vorgänger ist die 1200er deutlich kräftiger und sportlicher unterwegs, ohne dabei die Fähigkeit zum Touren eingebüßt zu haben. Einige Biker behaupten sogar, die R 1200 R sei im Vergleich zur GS das bessere Alpenbike, weil sie nicht so viele Kilos mit sich herumschleppt. So weit würden wir zwar nicht gehen, aber tourentauglich ist die R 1200 R allemal.

Erster Eindruck

Geschmäcker kommen bekanntlich vom Bäcker, aber diese Maschine sieht doch nun wirklich umwerfend aus, oder? Als erstes fällt bei diesem Roadster natürlich der Boxer ins Auge. Als Naked-Bike gibt es keine Verkleidung oder Halbschale, die den Blick auf den Motor einschränkt. Klein oder schlank wirkt sich nicht gerade, aber trotzdem durchtrainiert und sehnig - hier ist kein Gramm zu viel verbaut.

Anhänger von sportlicheren Bikes mögen das anders sehen, aber BMW-Fahrer sind tatsächlich mächtigere Bikes gewöhnt, vor allem natürlich GS und Adventure-Fans. Lässt man den Blick über die einzelnen Elemente der Maschine schweifen, so sieht man eigentlich nur Schönes: Stahlflex-Leitungen, konifizierter Alu-Lenker, fette Gabel, Einarmschwinge mit integriertem Kardanantrieb, schöne Analog-Instrumente und überhaupt nur Qualitäts-Teile, wohin man schaut - BMW halt. Die R 1200 R gibt es übrigens auch als "Classic"-Version mit Speichenrädern, einem speziellen Auspufftopf und jeder Menge Chrom sowie per Hand bemalten Tank. 

Sitz- und Sound-Probe

Die Sitzbank der BMW R 1200 R hat eine stark ausgeprägte Sitzmulde für den Fahrer. Die Sitzhöhe von lediglich 80 Zentimetern lässt den Fahrer komplett in statt auf der Maschine sitzen - anders der Beifahrer, der deutlich höher thront und während der Fahrt gut über den Fahrer hinwegsehen kann. Sowohl Fahrer als Sozius haben ausreichend Platz für längere Fahrten, was bei Maschinen dieser Gattung eher selten ist. Der Lenker ist mittelbreit und mit dem Gewicht von nur 223 Kilo (vollgetankt) lässt sich die Maschine einfach rangieren. Beim ersten Anlassen erklingt der gewohnt wohlige Boxersound, der bei unserer Maschine durch eine elektronisch geregelte Auspuffklappe (ab 2011 Serie) schön bassig und rau klingt. 
 
Cockpit Schalter und Bedienelemente Bremsanlage

Das soll sie können

BMW-typisch ist das Cockpit weder verspielt noch kompliziert aufgebaut. Zwei analoge Uhren für Tempo und Drehzahl umrahmen das LCD-Display, welches jede Menge Infos bietet. Der Bordcomputer informiert über Tankinhalt, Restreichweite, Durchschnitts-Verbrauch und Durchschnitts-Tempo. Dazu gesellen sich Ganganzeige, Temperatur, Datum und Uhrzeit  und Tageskilometer. Wenn ein ESA-Fahrwerk an Bord ist, kann die Dämpfung per einfachen Schalter zwischen drei Fahrmodi und vier Beladungszuständen umgeschaltet werden. Optional gibt es außerdem ACS (Automatische Stabilitätskontrolle) und RDC (Reifendruckkontrolle). Die Bedienung ist einfach und erfolgt über drei Knöpfe am linken Lenker und ist ohne Studium der Betriebsanleitung intuitiv möglich. Die Bremsanlage bietet Combined-ABS und hat das anfällige Teil-Integral-ABS der 1150er abgelöst. Die Maschine bremst hervorragend und die Bremsen sind sehr gut dosierbar. Serienmäßig gibt es kleine LED-Blinker, ein klassisch anmutendes Front-Licht (kein LED) sowie heizbare Handgriffe und Seiten- und Hauptständer.

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So fährt sie sich

Schon auf den ersten Metern stellt sich ein vertrautes Gefühl zur R 1200 R ein. Sie fährt problemlos und ist dank fehlendem Technik-Schnickschnack gut zu kontrollieren. Der Motor hat gegenüber der 1150 R spürbar an Kraft zugelegt. Das Drehmoment von 120 Nm liegt früh an und vor allem der lineare Drehmomentverlauf ist beim Gas geben spürbar. Willig zieht der Boxer hoch, keine Spur mehr vom etwas angestrengt wirkenden Hochdrehen des Vorgängers. Die maximale Drehzahl liegt ab 2011 (Facelift) bei max. 8.500 U/min, außerdem hat der Doppelzünder nun zwei obenliegende Nockenwellen. Schon ab 2.000 U/Min kann man beschleunigen, ohne das der Motor sich beschwert - herrlich.

Gepaart mit dem geringen Gewicht kann man die R 1200 R also sportlich über den Asphalt bewegen - will man aber eigentlich gar nicht. Die Maschine bringt den Fahrer trotz der Kraft schön runter und verleitet eher zum lässigem Gleiten. Gut zu wissen, dass es - wenn es denn mal sein muss - richtig rund gehen kann, aber kein Grund herumzuhektieren. Wenn man es denn einmal richtig krachen lässt, wundert man sich zunächst vielleicht über den Gummiband-Effekt der R 1200 R: Die Maschine stürmt schon gut los, die Beschleunigung wird aber gefühlt immer stärker - siehe Drehmomentkurve. Dazu die vom Paralever eingebremste Tendenz zum Hochbocken des Hinterteils - herrlich, kann man nicht beschreiben, muss man selbst erlebt haben.
 


Die R 1200 R fährt absolut souverän und ruhig, auch wenn der Untergrund mal unruhig ist. Telelever und Paralever sind absolut ausgereift und vermitteln stets ein sicheres Fahrgefühl. Dies und das exakte, leicht schaltbare Getriebe (geringe Handkraft an der Kupplung) sowie die zupackenden Bremsen sorgen für das unmittelbare Wohlgefühl. Wendig und kurvenwillig ist BMW auch, was will man eigentlich mehr? 

Vielleicht einen besseren Windschutz, der ist nämlich nicht so toll. Bis 120 km/h funktioniert die kleine Sportscheibe an unserer Testmaschine ganz gut, darüber hinaus ist es aber vorbei mit dem Wohlfühl-Gefühl. Das ist doof, weil die R 1200 R eigentlich nur mit einer kleinen - oder noch besser ganz ohne - Scheibe so schön Roadster-mäßig aussieht. Will man einen guten Windschutz, brauch es eine größere Scheibe, die die Optik ruiniert.

Fazit - was bleibt hängen

Wunderbar, diese BMW R1200 R. Nicht nur schön, schnell und sicher, sondern auch potent genug für eine Alpentour. Dazu braucht es natürlich ein Koffersystem, welches bei BMW ganz schön ins Geld geht. Und eben eine Tourenscheibe, die im Zweitmarkt (z.B. MRA) für etwa 150 Euro zu haben ist. So ausgerüstet dürfte man in den Bergen den anderen Bikern ganz schön um die Ohren fahren, denn die 1200er bringt alles mit, was es dafür braucht: Kraft, Agilität, Wendigkeit und vor allem das Gefühl der Sicherheit, dass einem mit diesem Bike eigentlich nicht viel passieren kann. 

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 12.000€
  • Gebraucht (7 Jahre alt): 8.000€
  • Baujahre: 2006-2014
  • Farben: weiß, mattgrau, schwarz, blau, rot
Pro & Kontra
Pro:
  • für eine Boxer-Maschine relativ leicht
  • kräftiger Motor mit Charakter
  • als agiler Tourer aufrüstbar
  • kein Technik-Overload
  • sicheres Fahrgefühl
Kontra:
  • nicht ganz billig
  • Windschutz unterirdisch
11.2018: BMW R 1200 R im Test
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