Triumph Speed Triple 1200 RR im Test

Was kann der neue Mischling aus Café-Racer und Super-Sportler?

Test Triumph Speed Triple 1200 RR 2022 Fotos: motorradtest.de
 
Es gibt so Tage, da danken wir dem lieben Gott, dass wir Motorräder testen dürfen. Am 26. April 2022 war wieder so ein Tag, denn da durften wir die neue Triumph Speed Triple 1200 RR über die Autobahn scheuchen. Ich habe jetzt noch weiche Knie ...

Halbgott in Weiß - besser noch in rot

Da steht sie, geputzt und aufgetankt von unserem Lieblings-Triumph-Händler Q-Bike in Hamburg: Die feuerrote 1200 RR. Viel erinnert auf den ersten Blick nicht an eine Speed Triple. Kein Underseat-Auspuff, keine zwei Äuglein vorne, kein Alienmäßiger, organischer Rahmen. Aber die hier ist ja auch die RR und nicht die RS. Die RR ist quasi eine 1200 RS mit Lampenmaske, höheren und nach hinten versetzten Fußrasten, Stummellenkern und einem elektronischen Fahrwerk von Öhlins. Hört sich nach wenig Unterschied an, macht aus der RR aber ein komplett anderes Motorrad als die bereits von uns getestete Speed Triple 1200 RS. Geblieben ist zum Glück der unglaubliche Motor, aber dazu kommen wir später. Zunächst widmen wir uns der Sitzposition auf der RR - und die hat es wirklich in sich.

Man sitzt nämlich supersportlich nach vorne gebeugt, Volker würde sagen: "Bückeisen!". Wir schon etwas älteren Herrschaften finden das zumindest auf längeren Strecken etwas anstrengend, der Rennstrecken-Treiber wird es aber genau so haben wollen. Von der Sitzergonomie her ist die RR also auf jeden Fall ein Super-Sportler, auch wenn andere Tester hier von einer gemäßigten SuperSport Position reden - das ist kompletter Unsinn! Vom Soziuskomfort brauchen wir gar nicht erst reden, kauft Euch am besten gleich die Soziusabdeckung und damit ist das Thema Beifahrer dann auch gleich vom Tisch. Wer will bitte zu zweit die Nordschleife fahren?

Abmessungen Speed Triple 1200 RR

Virtueller 360 Grad Rundgang um die Triumph Speed Triple 1200 RR

Voll-LED TFT-Cockpit Brembo Stylema Bremsanlage

Das soll sie können

Der Platz hier reicht leider nicht aus, um alle Features der RR zu nennen. Deshalb nur in Stichworten: QuickShifter, elektr. Öhlins-Fahrwerk semiaktiv, 4 fertige Fahrmodi und ein selbstkonfigurierbarer Rider-Modus, Ride by Wire, Tempomat, Wheelie-Control, GoPro-Steuerung, Smartphone-Connectivity mit Navigations-Möglichkeit, Voll-LED Licht vorne und hinten inkl. Blinker, TFT-Farbdisplay mit mehreren Themes, Schräglagen-Sensorik, Kurven-ABS, schräglagenabhängige mehrstufige Traktionskontrolle, Keyless Go ... habe ich irgendwas vergessen? Bestimmt. Bemerkenswert: Alle diese Features gehören bei der RR zur Serienausstattung!!! Bis auf die Griffheizung, für die muss man 220 Euro extra hinblättern. Das verstehe, wer will.

Bei so viel Schnickschnack wird sich der eine oder andere Sorgen um die Bedienbarkeit machen. Aber dank eines Joysticks und einer intuitiven Menüführung können wir Entwarnung geben: Das ist tatsächlich fast alles ohne Bedienungsanleitung nutzbar. Trotzdem lohnt es sich natürlich, all die Funktionen und Einstellmöglichkeiten in Ruhe (und im Stand!) auszuprobieren. Das macht bei der RR sogar uns Spaß!

1200RR in weiß Foto: Triumph (Werk)

So fährt sie sich

Dann mal rauf die Karre und Zündung an. Herrlich, wie liebevoll Triumph den Besitzer im TFT-Display empfängt. Das Cockpit ist echt ein Hingucker und lässt sich darüber hinaus auch gut ablesen. Dann Motor an und ein wenig reven. Und da ist er auch schon, der Triple-Sound made by Triumph! Klingt ähnlich wie bei der RS, giftig, angriffslustig fauchend, wie eine Raubkatze kurz vor dem Sprung. Man ahnt jetzt schon, was gleich auf der Autobahn passieren wird! 
 
Und genau das passiert dann auch: Die Hölle bricht los! Wie diese Maschine nach vorne geht ist schlichtweg der Hammer. Das fühlt sich nicht nach 180 PS an, sondern nach 250. Der Motor entpuppt sich als elastisch und drehfreudig. Es gibt kaum eine Drehzahl, bei der er sich nicht wohlzufühlen scheint. Vor allem der Sprint von 100 auf 200 km/h auf der Autobahn ist brutal (siehe Testvideo Kapitel 7). Zum Glück bändigen die zahlreichen Assistenz-Systeme die Maschine und sorgen dafür, dass beide Räder auf der Straße bleiben. Ansonsten würden wohl 50 Prozent der Fahrer schon bei der Probefahrt am Baum hängenbleiben. Das ist wirklich nicht übertrieben: Bei kaum einen anderen Motorrad waren wir über die technischen Helferlein so erfreut wie hier - und das als erfahrene Biker. Die 1200 RR ist weder ein Einsteiger-Motorrad noch ein Bike für mittelerfahrene Fahrer: Hier sollten tatsächlich nur erfahrene Fahrer aufsitzen. Also eben doch Super-Sportler!
 
Das semiaktive Fahrwerk macht einen sehr guten Job und greift spürbar in das Geschehen ein. Lässt man es krachen, so wird die Maschine straff und bleibt beherrschbar. Gondelt man in der Gegend herum, stellt sich das Fahrwerk auch darauf entsprechend ein - erste Klasse! Ebenfalls ein Lob verdienen die Stylemas von Brembo. Noch nie war ankern so einfach! Der Verbund von Radialpumpe, 4-Kolben Bremszangen und 320er Doppelscheiben vorne versprühen ebenfalls SuperSportler-Feeling. Volker war allerdings von der Bremswirkung der Hinterrad-Bremse nicht ganz so angetan, zumal die ABS-Regelintervalle wieder einmal sehr lang ausfallen.

Ein Prachtkerl von einem Motor
 
Richtig klasse funzt auch er QuickShifter. Man muss noch nicht einmal die QS-Regel Aufdrehen->Hochschalten und Schiebebetrieb->Runterschalten großartig beachten. Er funktioniert in beide Richtungen super, fast egal bei welcher Drehzahl. Und nun noch einmal kurz zum Thema Sound: Der macht vor allem beim Fahren süchtig. Beim Hochdrehen von 5.000 auf 10.000 UMins geht es nicht nur zügig vorwärts, die ganze Chose wird akustisch auch derartig beeindruckend untermalt, dass man eigentlich nur am Beschleunigen und Bremsen ist - und wieder beschleunigen, bremsen, nochmal! Der Blick in den Fahrzeugschein bestätigt diesen Eindruck: 98db Standgeräusch. Tirol ist damit gestorben, aber wer will mit diesem Bike schon nach Tirol?
 

Fazit - was bleibt hängen

Was für ein Traumbike, die Speed Triple 1200RR! Vor allem der Motor und das Fahrwerk werden uns im Gedächtnis bleiben. Die Sitzposition allerdings auch: Wie gesagt, das ist nichts für Bandscheiben-Geschädigte oder die, die es werden wollen. Ansonsten ist das Konzept der RR relativ einzigartig. Lediglich die MV Agusta Superveloce verfolgt einen ähnlichen Ansatz: Optik Café-Racer, alles andere Racer-Racer. Wir hatten jedenfalls jede Menge Spaß mit der Triumph Speed Triple 1200 RR.
 
Das Testbike wurde uns zur Verfügung gestellt von Triumph-Hamburg. Wer Bock hat auf eine Probefahrt: Dort steht sie als Vorführer und freut sich schon auf jede Menge Probefahrten, dazu ist sie schließlich da.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: ab 20.400€
  • Verfügbarkeit: ab 04/2022
  • Farben: rot, weiß
Pro & Kontra
Pro:
  • Wahsinns-Motor mit Raketen-Schubkraft
  • fauchender Triple-Sound
  • zupackende Brembo Stylema Bremsanlage
  • volle Hütte inkl. semi-aktiven Fahrwerk von Öhlins
  • nahezu einzigartiges Design
Kontra:
  • sportlich fordernde Sitzposition
  • Soziusbetrieb 1b
  • Standgeräusch 98 db (konnte auch bei Pro stehen)
04.2022: Triumph Speed Triple 1200 RR im Test
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