Kawasaki W800 im Test

Japanische Schönheit mit viel Chrome und Königswelle.

Kawasaki W800 Test Fotos: Motorradtest.de
 
Mit der Kawasaki W800 hat der japanische Hersteller seit 2011 einen reinrassigen Klassiker im Angebot. Der Vorgänger - die W650 - kam sogar schon 1999 auf den Markt. Wir haben eine W800 Baujahr 2022 zwischen die Finger gekriegt und schildern hier unsere Fahreindrücke.

Mehr Retro geht nicht

Die Kawasaki W800 ist optisch angelehnt an die W-Modelle aus den 60zigern und 70zigern. Das Besondere an dieser 48 PS Maschine ist ohne Zweifel sein Königswellen-Motor. Mittlerweile ist die W800 das einzige Motorrad mit diesem speziellen Nockenwellenantrieb, die man noch neu erwerben kann. Sie kostet 10.645 Euro und ist im aktuellen Jahrgang 2023 nur noch in einer Farbe erhältlich und diese nennt sich "Metallic Slate Blue / Metallic Diablo Black".
aktuelle Farbe: Metallic Slate Blue / Metallic Diablo BlackFoto: Kawasaki
 
Wie man unschwer erkennen kann, ist an dieser Maschine wirklich alles Retro! Es gibt viel Chrome, runde Scheinwerfer, zwei ebenfalls runde und analoge Instrumente, eine langgezogene Sitzbank, zwei Pea-Shooter Töpfe, Faltenbälge und natürlich Drahtspeichenräder. Würde man einem Kind sagen "Zeichne doch bitte mal ein Motorrad", dann würde das Ergebnis sicherlich so aussehen wie die W800 - einfach wunderschön!
 
Abmessungen und Sitzergonomie der Kawasaki W800
Die Sitzprobe auf der W800 verläuft genauso, wie man das von einem Klassiker erwartet. Man sitzt aufrecht und nicht allzu hoch (Sitzhöhe: 790 mm) und schaut auf einen ebenfalls nicht allzu breiten Lenker. Die Füße kriegen Mann und Frau sicher auf den Boden und zwar auch dann, wenn man eher von kleinerer Statue ist. Der Beifahrer hat sogar Haltegriffe (natürlich auch verchromt) und insgesamt sitzt man einfach sehr lässig und entspannt auf diesem Bike. Der Kniewinkel ist okay und es gibt sogar Tankpads in Serie - wie früher eben!
 
Abmessungen Kawasaki W800
So sitzt es sich auf der Kawasaki W800. 

360 Grad Rundgang um die Kawasaki W800

Beleuchtung vorne Cockpit Beleuchtung hinten

Technik der W800

Dieses Kapitel können wir denkbar kurzhalten: Es gibt außer dem gesetzlich vorgeschriebenen ABS keine weiteren technischen Features an der W800. Wahrscheinlich hätte Kawasaki selbst das ABS gerne weggelassen, aber das ist ja nun einmal in Europa nicht erlaubt.

Statt technischer Finessen blicken wir auf zwei analoge Instrumente im runden Uhrenstil. Es gibt ein kleines LC-Display, das man aber getrost ignorieren kann, weil außer der Uhrzeit und den gefahrenen Kilometer nichts angezeigt wird.

Etwas überraschend ist deshalb auch die Tatsache, dass das Licht vorne mit moderner LED-Technik realisiert wurde, allerdings nur beim Scheinwerfer. Alles andere ist mit Glühbirnen bestückt und vor allem die Blinker sehen wirklich aus wie aus dem Jahre 1965 - herrlich! Es gibt weder eine Warnblinkanlage noch Tagfahrlicht noch sonstigen Schnickschnack. Die Bedienung der W800 ist auch deshalb sehr entspannend. Es gibt schlichtweg nichts zu bedienen, außer wenn man einmal hupen muss.

Auspuff und Motor Kawasaki W800

So fährt sie sich

Der Sound der Kawasaki W800 ist typisch für einen Retro-Reihentwin. Er klingt britisch und da es auch keinen Hubzapfenversatz oder geänderte Zündreihenfolgen gibt, klingt er genauso wie früher Reihentwins geklungen haben (Soundcheck rechts oben). 
 
Und wie fährt sich die Kawasaki W800? Nun ja, sehr klassisch halt. Der Motor leistet 48 PS und immerhin 63 Newtonmeter bei 6.000 Umdrehungen, also recht früh. Man sollte von der W800 daher keine Leistungsexplosionen erwarten, das würde aber auch gar nicht zum Charakter dieser Maschine passen. Stattdessen cruist man lieber geschmeidig durch die Gegend und genießt das Motorradfahren an sich. Schnell fahren will man mit diesem Bike jedenfalls nicht.
 
Daher ist auch nur halb so schlimm, dass die Bremsen der W800 sagen wir mal eher mittelmäßig sind. Es gibt halt vorne nur eine Scheibe mit einem 2-Kolben Schwimmsattel, hinten übrigens auch. Das Fahrwerk ist erwartungsgemäß eher weich. Die konventionelle Telegabel ist nicht einstellbar, bei den Stereofederbeinen kann man zumindest die Federbasis ändern. Obwohl die W800 recht kurze Federwege aufweist, ist man ziemlich komfortabel unterwegs. Das 5 Gang-Getriebe ist gut abgestimmt, wir haben jedenfalls einen sechsten Gang nicht vermisst.

Fazit - was bleibt hängen

Keine Ganganzeige, kein Benzinfüllstandsanzeige, keine Fahrmodi, kein gar nichts. Die Kawasaki W800 verzichtet bewusst auf alles, was heutige moderne Maschinen an Technik an Bord haben. Ist das schlimm? Im Gegenteil, bei einem Retrobike wie der W800 ist das genau richtig. Statt in irgendwelchen Menüs herumzufummeln starten wir einfach den Motor und fahren los. Herrlich. Übrigens hätte der W800 ein Kickstarter irgendwie auch gut zu Gesicht gestanden. Naja, im Alltag ist so ein Anlasser per Knopfdruck dann vielleicht doch ganz okay. Moderne Technik eben...
 
Vielen Dank an Thomas aus Meldorf, der uns seine Kawasaki W800 für diesen Test zur Verfügung gestellt hat. Einen Kaffee und ein interessantes Gespräch zur Lage der Nation war auch noch drin - insgesamt daher ein schöner Tag mit einem schönen Motorrad.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 10.645 €
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 7.000 €
  • Verfügbarkeit: seit 2011
  • Farben: grau-schwarz-blau
Pro & Kontra
Pro:
  • lässige Optik
  • cooler Sound
  • einfaches Fahrverhalten
  • einfachste Bedienung
  • viel Chrome
Kontra:
  • Bremsen könnten stärker zupacken
  • teilweise Vibrationen
  • überschaubare Leistung
08.2023: Kawasaki W800 im Test
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