Test: Triumph Speed Twin

Runde Sache

image Fotos: Motorradtest.de

Mann, ist die dick, Mann. Auf den ersten Blick ist die kräftig gebaute und dennoch kompakte Triumph Speed Twin durch und durch Low Tech (wie man heute so sagt). Immerhin kam die erste Triumph diesen Namens 1938 auf den Markt, unsere Testmaschine gibt es seit 2019. Nicht mal 100 PS aus 1,2 Litern Hubraum und dann diese Optik – wie schlägt sich die neue Alte im Test?

Neue Wortschöpfung

Wir von Motorradtest.de haben Ziele im Leben. Neben der Weltherrschaft der coolen „Von-Biker-zu-Biker-Videos“ regen wir uns gerne über den neusten Marketing- oder Technikquatsch auf. Das hört bei der Scheininnovation Keyless-Go lange nicht auf, denn nun hat Triumph schwer einen vorgelegt. Die Triumph Speed Twin, so hört man, sei etwas überaus Besonderes – früher hätte man „Motorrad“ zur Bauform der Triumph gesagt, heute heißt es „Naked Roadster Bike“. Triumph legt da wie gesagt eine Schippe drauf und nennt die Speed Twin „Modern Classic“.

Um den Trend nicht zu verpassen kommen wir nochmal neu rein und freuen uns deshalb hier den Test der Triumph Speed Twin ankündigen zu können, einem Naked Roadster Bike der Unterkategorie Modern Classic.

Das ganze Drumherum bedeutet vor allem eines: Es handelt sich um ein Retro-Bike, dem es an keinen modernen Sicherheitsfeatures mangelt. Das sollte bei einem nicht wirklich günstigen Einstiegspreis von 11.950 Euro selbstverständlich sein, zumal sich dieser mit nicht weniger als 80 Zubehörteilen allein vom Hersteller kräftig in höhere Umlaufbahnen schießen lässt.

Virtueller 360-Grad Rundgang um die Triumph Speed Twin
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Alte Optik, moderne Technik

Die technische Basis der Speed Twin ist die 1200er Thruxton. Die ist mit Stummellenker der Café Racer (demnächst wahrscheinlich: Café Racer Modern Classic) dieser Abteilung, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Die Speed Twin ist nur 217 Kilo leicht. Warum das wichtig ist, dazu kommen wir später.

Ansonsten überzeugt die Triumph mit piekfeinen Details wie den Faltenbelägen zum Schutz der hochwertigen Cartridge-Gabel, den feinen Gittern im Seitendeckel sowie analogen Anzeigen für Drehzahlmesser und Tacho im Cockpit. Die Triumph ist nicht detailverliebt, das ist zu wenig. Gibt’s den Begriff „Detailverheiratet“? Ganz klar: Die Triumph sieht schon im Stand klasse aus, auch bei näherer Betrachtung lassen sich keine Verarbeitungsmängel aufspüren. Der Mehraufwand, zum Beispiel echtes Alu zu verwenden, hebt das Bike eine Stufe höher.

Noch kurz ein Blick auf den Motor. Es ist ein Twin, der gerne ein V2 wäre. Da er das nun mal nicht ist, half Triumph sich mit dem alten Trick des unharmonischen Hubzapfenversatzes (hier: 270 Grad), und tatsächlich ist das Ergebnis gut. Sehr gut eigentlich, denn der kraftvoll-dumpfe Klang wird nicht hauptsächlich durch die erstaunlich kleinen Auspuffrohre erzeugt, sondern entsteht in dem fühlbaren, aber nicht störenden Motor.

Zwei analoge Anzeigeinstrumente für Drehzahl und Tacho gibt es, dazu jeweils ein eingebettetes Display für den Bordcomputer und weitere Einstellungen.

Zur geschichtsträchtigen Optik der Speed Twin gesellt sich moderne Technik: Die Triumph hat elektronische Drosselklappensteuerung (Ride-by-Wire), ABS sowie eine abschaltbare Traktionskontrolle, die drei Fahrmodi "Straße", "Regen" und "Sport", LED-Beleuchtung sowie eine USB-Ladebuchse (die sich allerdings unter der Sitzbank verbirgt, wer kommt denn auf so eine Idee?)

Motor an und los geht’s.

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Ein Hoch aufs Drehmoment

Schon klar. Es reichen ungefähr fünf Meter, dann weiß man es: Dies ist ein Motor, der seine Kraft aus dem Drehzahlkeller holt. Kurz mal die Daten rekapitulieren:  112 Nm Drehmoment liegen zwar laut Datenblatt erst bei 4950/min an. Dass Papier geduldiger ist als ich es bin, ist mir nicht neu. Deshalb: Vergesst die 4950 Umdrehungen: Ab 2.000 Touren kommt nie das Gefühl des Leistungsmangels auf. Drehmomentiger kann ein Drehmomentmotor kaum sein. Dabei ist die PS-Ausbeute mit 97 Pferdestärken aus 1200 Kubik bei 6750 Umdrehungen nicht eben üppig, andere suchen und finden da über 150 PS. Aber nicht Triumph. Wahrscheinlich, weil sie gar nicht danach gesucht haben. Für ein Bike wie die Speed Twin steht die Harmonie des Großen und Ganzens im Vordergrund, nicht der einzelne Leistungswert. Und wie immer gewinnen PS am Stammtisch, das Drehmoment auf der Straße.

Besonders lobenswert an der Maschine ist, dass sie oben herum nicht zugeschnürt wirkt. Insofern muss man sich wenig um sie kümmern, sie wird in 99% aller Lebenslagen genug Leistung haben. Und das fehlende Prozent, das fällt unter Messungenauigkeit.

Jetzt müsste man eigentlich noch etwas Lobendes über das Fahrwerk sagen. Gut ist, dass es tadellos funktioniert. Wahr ist auch, dass es in diesem hochwertigen Umfeld etwas abfällt, denn auf die jeweilige Situation einstellbar ist nur das Hinterteil mit den Stereodämpfern. Die Grundeinstellung passt hingegen zur Maschine, sie ist weder übermäßig sportlich noch komfortbetont. Da sie so kompakt und leicht ist, lässt sie sich spielerisch in Kurven werfen, welche sie anschließend souverän durcheilt.

Die Reisetauglichkeit ist durch den fehlenden Windschutz naturgemäß eingeschränkt. Dabei ließe es sich sonst gut aushalten, übrigens auch für den Sozius. Ganz großes Lob verdienen sich die leicht zu bedienenden, gut zu dosierenden und leistungsfähigen Bremsen – so muss das sein.

Gut gemacht

Aufrecht und klassisch steht der Twin im Rahmen, aufrecht und versammelt sitzt der Triumph Pilot in 807 Millimeter Höhe, und diese Sitzhaltung charakterisiert das Bike. Hier gibt’s wenig zu meckern, der Besitzer dieses Bikes ist definitiv auf Augenhöhe mit den konkurrierenden Motorrädern wie der BMW R nineT, Kawasaki Z900RS oder Honda CB1100EX.

Noch was vergessen? Ach ja: der Seitenständer ist versteckt angebracht und fummelig zu bedienen. Das ist Kritik auf höchstem Niveau, denn weitere Punkte muss man mit der Lupe suchen. Klasse gemacht, Triumph.

Das Testbike wurde uns von Triumph Hamburg zur Verfügung gestellt.

Preis / Farben / Baujahre

  • Preis: 11.950 Euro€
  • Baujahre: seit 2019
  • Farben: rot, silber, schwarz
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