Kawasaki Z7 Hybrid im Test

Das erste Hybrid-Motorrad von Kawasaki im Test

Kawasaki Z7 Hybrid im Test Fotos: Motorradtest.de
 
Die neue Kawasaki Z7 Hybrid ist das erste Serien-Hybridmotorrad, welches es aus dem experimentellen Status zum ausgereiften Modell geschafft hat. Was es bedeutet, ein Motorrad mit Verbrenner und Elektromotor zu fahren und wie viel Spaß man damit haben kann, haben Volker und Dietmar ausprobiert.

Die unheimliche Begegnung der neuen Art

Erinnert Ihr Euch noch an den Film "Die unheimliche Begegnung der dritten Art" von Steven Spielberg? Ungefähr genauso wie nach diesem Film haben Volker und Dietmar geguckt, als Ingo Heller von Heller & Soltau uns die Z7 Hybrid aus dem Show-Room in St. Michaelisdonn geschoben hat. Was ist das?! Nun ja, es ist das erste Hybrid-Motorrad mit Serienreife und kommt natürlich aus Japan. 
 
Optisch erinnert die Z7 Hybrid an - ein Kawasaki Z-Modell. Ach was! Also keine echte Überraschung und zum Glück kein überkandideltes Tec-Design, wobei die lange Schwinge ein klein wenig Dragster-Optik in das Nakedbike bringt. Der Akku sitzt unter der Sitzbank und der Elektromotor auf dem Verbrenner, beides schön verpackt unter der Seitenverkleidung. Wäre da nicht der Schriftzug "Hybrid", würde man also gar nicht sehen, dass es sich um ein solches Motorrad handelt. Es gibt übrigens auch ein vollverkleidetes Schwestermodell namens "Ninja 7 Hybrid", welches technisch aber genauso aufgebaut ist wie die hier getestete Z7 Hybrid, die für 12.995 Euro erhältlich ist.
 
Farben
Farben: Grau-Schwarz und Weiß-Grün.
 
 

Abmessungen und Sitzprobe
 
Dann mal rauf auf die Kiste und schauen, wie es sich sitzt. Die Maschine wirkt sehr erwachsen, man merkt schon im Stand den langen Radstand. Die Sitzhöhe von knapp 80 Zentimetern ist auch für kleinere Personen okay, dennoch finden auch längere Menschen ausreichend Platz für einen bequemen, weil aufrechten Sitz. Der Lenker ist nicht zu tief und nicht zu weit weg vom Fahrer angebracht und auch die Fußrasten sind für ein Nakedbike "normal mittig" montiert. Der Sozius sitzt erhöht und kann locker über den Fahrer hinwegschauen. Haltegriffe gibt es in Serie leider nicht, dafür gibt es aber den üblichen Halteriemen. Alles in allem also eine typische Sitzergonomie für ein Nakedbike.
 
Das aufgrund des Akkus und dem zusätzlichen E-Motor höhere Gewicht von 227 kg merkt man beim Rangieren nicht wirklich und außerdem gibt es dafür ja auch einen "Walk-Modus", doch dazu kommen wir später.
 
Abmessungen und Sitzprobe Kawasaki Z7 Hybrid
So sitzt es sich auf der Kawasaki Z7 Hybrid.
 
 

360 Grad Rundgang um die Z7 Hybrid 

Cockpit Licht vorne Licht hinten

Technik der Z7 Hybrid

Die Kawasaki Z7 Hybrid hat das typische Kawa-TFT Farbdisplay, welches sich tadellos ablesen lässt. Neben den normalen Anzeigen für Tempo, Gang, Drehzahl, Benzin-Füllstand etc. gibt es hier jede Menge Zusatz-Infos für die E- und Hybrid-Modi, die das aber Display trotzdem nicht überfrachten.

Zur Bedienung der vier Fahrmodi und der Automatik gibt es links fünf Schalter, die den Fahrer im ersten Moment vielleicht ein wenig überfordern, die aber allesamt Sinn machen und deren Funktion man sich auch recht schnell einprägen kann. Details zu den Funktionen und Fahrmodi und wie sich das anfühlt, schildern wir weiter unten.

Etwas überraschend finden wir die Tatsache, dass die Maschine keine Traktionskontrolle besitzt und auch keine Feststellbremse. Diese wäre insofern sinnvoll, als dass die Z7 Hybrid beim Ausschalten automatisch in den Leerlauf schaltet. Das Licht ist natürlich voll in LED ausgelegt, ein Kurvenlicht gibt es aber genauso wenig wie Schräglagensensorik. Kurven-ABS gibt es also auch nicht - dafür kann man die Z7 aber mit seinem Smartphone koppeln.

Auspuff / Endschalldämpfer

So fährt sie sich und so klingt sie

Der Sound der Z7 Hybrid ist mit den anderen Kawas mit dem neuen 500er Motor vergleichbar, etwa mit der Z500. Der ganz schön wuchtige Endschalldämpfer begrenzt den Lärm auf 88 dbA - das ist vergleichsweise leise. Der Sound ist sicherlich nicht die Stärke der Z7 Hybrid, was wir bei einem Motorrad mit E-Motor aber auch verzeihen können. Sie klingt nicht übel, aber auch nicht besonders potent. Den Soundcheck findet ihr rechts oben.
 
Bevor wir die einzelnen Fahrmodi erläutern, fahren wir doch einfach "ganz normal" im Sport-Hybrid Modus und machen uns ein erstes Bild. Die Maschine hat ja einen sehr langen Radstand von 1,53 m und dementsprechend satt und souverän liegt sie auch auf der Bahn. Das fühlt sich anders an als auf einer Z500, was auch am Gewicht liegen dürfte. Die Z7 Hybrid ist aber weder stoisch noch schwerfällig. Der muntere Motor freut sich über Drehzahl und schiebt auch ohne Unterstützung des E-Motors schon erfreulich an. Er leistet solo 59 PS bei 10.500 Umin und genauso fühlt es sich auch an. Die Nissin Bremsen packen deftig zu, die Maschine bremst richtig gut! 
 
Motor
 
Auch das Fahrwerk - wenn auch kaum einstellbar - gefällt uns. Die Maschine ist genau richtig gedämpft und abgestimmt, sodass es (das Fahrwerk) erfreulich unauffällig seinen Dienst verrichtet. Das ist insofern etwas überraschend, als das Kawasaki hier mit einer konventionellen Telegabel und einer sehr schlichten Kastenschwinge recht tief unten ins Regal gegriffen hat. Okay, die Z7 Hybrid kostet eh schon mehr als ein konventioneller Verbrenner, aber irgendwie passen diese einfachen Komponenten nicht so recht zu dem ansonsten sehr modernen Motorrad. Aber wie gesagt: Funktionieren tut alles prächtig, man merkt davon während der Fahrt nichts. 
 
Die Z7 Hybrid hat eine kleine Cockpit-Scheibe, so dass der Helm bei schnellerer Fahrt komplett im Wind liegt. Es gibt daher keine Verwirbelungen und im Übrigen haben wir es hier ja auch mit einem Nakedbike zu tun, so dass eine größere Scheibe hier auch fehl am Platz wäre. Der Qualitätseindruck von Schaltern und Hebeln ist gut, der Bremshebel ist in der Reichweite verstellbar, einen Kupplungshebel gibt es ja erst gar nicht.
 
Bremsen vorne
 
Sport-Hybrid Modus
Im Sport-Hybrid Modus, den man vermutlich am häufigsten nutzen wird, fährt man mit Verbrenner und kann den E-Motor mit der E-Boost Taste dazuschalten. Dann stehen 69 PS Systemleistung zur Verfügung und gerade für Überholmanöver und Beschleunigungen merkt man diesen Boost von zusätzlichen 12 PS mehr als deutlich. Kawasaki spricht gar von der Beschleunigungsleistung einer 1.000er aus dem Stand, was allerdings dann doch ein wenig übertrieben ist. Aber dennoch: Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in ca. vier Sekunden! Und dieser E-Boost macht einfach total Spaß, mich hat das spontan an ein Rennspiel auf der Xbox erinnert.
 
Das die Maschine ohne E-Boost nicht ganz so potent ist, stört dank dieser Lösung überhaupt nicht, denn mal ehrlich: Braucht man ständig 100 PS ? Eben nicht, und wenn man mal Power braucht, grinst einen der E-Boost Schalter neckisch an. Im Cockpit erscheint bei der Nutzung des E-Boost übrigens auch eine Anzeige, die mithilfe blauer Balken anzeigt, wie lange die Zusatzpower noch zur Verfügung steht. Nach etwa 5 Sekunden ist Schluss, dann muss der Akku wieder nachgeladen werden. Schon nach einer Minute ist der E-Boost dann wieder verfügbar. Was für ein Spaß!!
 
Geschaltet wird im Sport-Hybrid Modus stets manuell mit zwei Knöpfen links. Es gibt demnach also auch keinen klassischen Schalthebel links unten - und einen Kupplungshebel gibt es wie gesagt auch nicht. Das ist im ersten Moment schon etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Schalterei mit den beiden Schaltwippen funktioniert prächtig. Schon nach kurzer Zeit hat man sich daran gewöhnt und vermisst weder das Kuppeln noch den klassischen Schalthebel. Im Gegenteil: Das fühlt sich sehr sportlich an und ist zugleich entspannender als auf einem normalen Motorrad.
 
Eco-Hybrid Modus
Im Eco-Hybrid Modus fährt man zunächst nur mit dem E-Motor an, bis sich dann bei ca. 20 km/h der Verbrenner dazugesellt. Im Gegensatz zum Sport-Modus kann hier zwischen manuellem Schalten und einer Automatik wählen. Wohlgemerkt: Auch hier bedeutet manuelles Schalten Kupplungs- und Schalthebelfrei! Der Automatik-Modus wird per separatem MT/AT Schalter aktiviert bzw. deaktiviert. Die Automatik wechselt die Gänge allerdings sehr, sehr früh, sodass vom sportlichen Fahren nicht mehr viel übrigbleibt.
 
Das soll es vermutlich auch nicht, denn schließlich bedeutet "Eco" ja sparen bzw. umweltfreundlicher Benzinverbrauch. Allerdings klappt das nur so halb, denn unter vier Litern auf 100 Kilometer schafft man kaum. Die E-Boost Funktion kann man im Eco-Hybrid Modus nicht nutzen, dafür gibt es aber eine Start-Stopp-Automatik, die wiederum im Sport-Modus nicht aktiv ist. Beim Anhalten geht der Motor sofort aus und springt beim Anfahren zügig wieder an und das klappt genauso gut wie bei einem Auto.
 
Fahrmodi Schalter
Die Schalter für die Fahrmodi sitzen links. Sie dienen außerdem zur Bedienung des Cockpits. Die grauen Schalter unterhalb des Lenkergriffs sind die Schaltwippen für das Getriebe. Der Schalter rechts mit der Aufschrift "AT/MT HEV/EV" dient zur Umschaltung zwischen manuellem Schalten und Automatik bzw. zum Umschalten zwischen den Hybrid-Modi und den EV-Modi. Sieht kompliziert aus, ist es aber eigenltich gar nicht.
 

EV-Modus
Dieser rein elektrische Modus nutzt lediglich die ersten vier Gänge des Getriebes, da die maximale Höchstgeschwindigkeit hier auf 64 km/h begrenzt ist. Geschaltet wird automatisch, wobei die Schaltvorgänge hierbei recht ruckelig ausfallen. Das ist merkwürdig, weil uns dies tatsächlich nur in diesem Modus so aufgefallen ist. Die Reichweite im EV-Modus ist logischerweise begrenzt, weil der Akku lediglich eine Kapazität von 1,4 kWh besitzt. Man kann elektrisch zwischen 12 km und maximal 20 km fahren, dann macht der Akku schlapp. Das Wiederaufladen erfolgt durch den Verbrenner und das dauert dann etwa 30 bis 40 Minuten.
 
Eine externe Lademöglichkeit (Plug-In) besitzt die Z7 Hybrid nicht. Das ist auch nachvollziehbar, denn das würde a) die Maschine teurer und b) schwerer machen. Der EV-Modus ist in der Stadt oder für sehr kurze Strecken sicherlich ganz interessant, zumal man quasi lautlos durch die Gegend gleitet - weit kommt man so aber nicht. Trotzdem macht es einen Höllenspaß in die verdutzten Augen der Leute am Straßenrand zu schauen, wenn man so ganz ohne Krawall an ihnen vorbeihuscht.

Walk-Modus
Der vierte und letzte Modus nennt sich "Walk" und ist lediglich zum Rangieren gedacht. Einfach den Gashahn etwas aufdrehen und man bewegt sich elektrisch langsam vorwärts, Gas zudrehen und schon geht es gemütlich rückwärts. Diese Funktion ist zwar nicht unbedingt nötig, aber E-Motoren können sowas halt ohne viel Extra-Aufwand und warum sollte man das nicht einbauen? Ich habe schon viele Situationen gehabt, bei denen ich mir einen "Rückwärtsgang" gewünscht habe, z.B. beim dämlichen Abstellen des Motorrads auf einer abschüssigen Ebene.
 
Garantie, Service, Preiseinschätzung
Kawasaki gibt vier Jahre Garantie auf die Z7 Hybrid. Der Service ist alle 12.000 Kilometer oder einmal pro Jahr fällig. Daran sollte man sich tunlichst halten, denn sonst erlischt die Garantie. Das ist übrigens bei allen Herstellern so. Wettbewerber gibt es aus unserer Sicht kein. Natürlich könnte man hier Nakedbikes der 700er / 800er Klasse aufzählen, aber die haben halt alle nur einen Verbrenner-Motor. Die Kawa Z7 Hybrid ist aufgrund ihres Hybrid-Aufbaus also einzigartig.
 
Der Preis geht unsere Meinung nach völlig in Ordnung. Man bedenke bitte, wie viel neue Technik und Entwicklungsarbeit in dieser Maschine stecken. Dazu kommen Akku und E-Motor. Außerdem gibt es hier kupplungsfreies Fahren und eine Automatik. Normalerweise erledigen dies QuickShifter oder E-Clutch oder DCT etc. Bei der Kawasaki Z7 Hybrid sind diese Techniken allesamt in veränderter Form eingebaut - das kostet Geld. Aber gerade die Schalterei mit den Schaltpaddeln und die Automatik machen halt auch richtig Spaß - vom E-Booster mal ganz abgesehen.

Fazit

Erstaunlich, wie ausgereift die Kawasaki Z7 Hybrid bereits ist. Die vielen neuen Funktionen, die sich aufgrund des Elektromotors ergeben, funktionieren allesamt sehr gut. Einzige Kritikpunkte hierzu: Die hakelige Automatik im EV-Modus und die fehlende Feststellbremse. Und für wen ist dieses Hybrid-Motorrad nun interessant? Ganz klar: Diejenigen, die gerne neue Dinge ausprobieren und aufgeschlossen gegenüber neuen Technologien sind, werden hier einen Heidenspaß haben.
 
Konservative Biker werden die Nase rümpfen. Außerdem muss man ehrlicherweise auch anmerken, dass ein solches Tec-Wunder natürlich in der Bedienung auch seine Nachteile hat. Es dauert halt einen Moment, bis man alle Funktionen verinnerlicht hat und weiß, wann welcher Modus Sinn macht. Für die Fahrt in der Stadt ist die Z7 Hybrid eine gelungene Alternative, wenn auch die Reichweite des Akkus noch etwas bescheiden ausfällt. Wer weiß, vielleicht dürfen wir bald nur noch im EV-Betrieb in die Innenstädte fahren - und dann ist ein solches Hybrid-Konzept natürlich ganz weit vorne.
 
Die Testmaschine wurde uns freundlicherweise von Heller & Soltau in St. Michaelisdonn zur Verfügung gestellt. Dort sie als Vorführer und freut sich auf Probefahrer. Wahrscheinlich hat sich eine Probefahrt noch nie so gelohnt wie bei der Kawasaki Z7 Hybrid, denn dieses Motorrad ist tatsächlich mal etwas ganz Neues! Einfach mal ausprobieren.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 12.995€
  • Verfügbarkeit: seit 204
  • Farben: Grau
Pro & Kontra
Pro:
  • überraschend ausgereiftes Hybrid-Konzept
  • e-Boost bringt enormen Spaß
  • perfekt für Spielkinder und Tec-Nerds
  • satte Straßenlage
  • bequemer Walkmodus für einfaches Rückwärtsrollern
Kontra:
  • ruckelige Automatik im EV-Modus
  • komplexe Bedienung
  • teilweise einfache Komponenten
  • keine Feststellbremse
  • vergleichsweise hohes Gewicht
06.2024: Kawasaki Z7 Hybrid im Test
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