BMW R 1200 GS Adventure (K255) im Test

Der Berg ruft.

BMW R1200 GSA K255 Test Fotos: motorradtest.de
Lohnt es sich heute noch, eine "alte" BMW R 1200 GS Adventure aus dem Jahre 2006 zu kaufen? Wir nehmen eine GSA K255 mit über 80.000 km unter die Lupe und sagen als Fazit: Ja klar, lohnt sich allemal.

Ein Berg von einem Motorrad

Da steht sie nun vor uns, die BMW R 1200 GS Adventure, Werkscode K255. Wenn schon eine "normale GS" eine beeindruckende Erscheinung ist, dann packt die Adventure noch einmal einen drauf. Vor allem von vorne ist sie regelrecht furchteinflößend. Unser Testbike aus dem Jahr 2006 hat bereits über 80k auf dem Buckel, dennoch steht sie gut da. Kaum Rost, keine Kratzer, keine Patina. Lediglich beim Blick auf das Cockpit merkt man: Das ist eine alte Maschine. Junge Leute mögen denken "wo wird denn hier das Handy gekoppelt", ältere Biker wie wir atmen erleichtert auf und denken: "Ein Glück, kein Schnickschnack". Und dann diese wunderbaren analogen Instrumente - herrlich.
Cockpit Front Seitenansicht

Aufsitzen

Dann mal rauf auf das Gefährt. Bei einer Standard GSA ist das gar nicht so einfach, zumindest für kleine Leute. Die Sitzhöhe liegt normalerweise zwischen 890 und 910mm. Unsere Testmaschine dagegen hat eine extratiefe Sitzbank, so dass wir uns problemlos in den Sattel schwingen. Und dort fühlen wir uns pudelwohl.

Wie BMW das schafft, können wir zwar nicht genau sagen, aber es ist wirklich so, als ob man nach Hause kommen würde. Alles ist am rechten Platz und die Bedienung gelingt praktisch von selbst - bis auf die BMW-eigene Blinkersteuerung mit separaten Blinker-Rücksteller, aber daran gewöhnen sich auch BMW-Neulinge im Nu.

Das Rangieren ist mit der GSA schon eher ein Problem. Vor allem dann, wenn sie vollgetankt ist! Der Tank mit 33 Litern Inhalt gewährt zwar eine bombastische Reichweite von ca. 600 km, dafür wird die ohnehin schwere Maschine aber eben noch schwerer. Für kräftige Kerle mag das egal sein, kleinere nicht ganz so kräftige Personen haben mit der GSA aber schon zu tun. Aber wir wollen ja eigentlich gar nicht rangieren, sondern fahren - und das machen wir jetzt auch.

BMW R1200 GS Adventure K255

So fährt sie sich

Der erste Eindruck nach dem Losfahren ist bei den meisten Piloten: Die ist ja wendig! Das hängt zum einen damit zusammen, dass sie sich tatsächlich erstaunlich handlich um Kurven schicken lässt, zum anderen erwartet man zunächst wohl auch ein eher träges Fahrverhalten. Aber Pustekuchen: Die BMW R1200 GS Adventure legt auch mit 98 PS ordentlich los und ist bereits nach 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h gesprintet. Und nun erinnert man sich automatisch an all die großen Adventures, über deren Tempo man sich in den Alpen schon so oft gewundert hat. Allerdings ist Raserei und Kurvenhatz eigentlich nicht das Terrain der GSA. Sie beruhigt eher als das sie aufregt, und so kann der Fahrer bzw. Fahrerin die Fahrt und den schönen Ausblick ausgiebig genießen.
 
Sie fährt sich außerdem sehr komfortabel. Telelever vorne und Paralever hinten bügeln alles glatt, was da im Weg sein mag. Die langen Federwege (20 mm mehr als bei der Standard-GS) und das hohe Gewicht tun ihr Übriges: Viel komfortabler als mit einer GSA kann man kaum reisen. Das gilt dank der überaus komfortablen Sitzbank übrigens nicht nur für den Fahrer, sondern auch für den Beifahrer. Dazu passend hat unser Testmodell die Alu-Koffer von BMW mit 79 Liter (!) Fassungsvermögen. Das Top-Case bringt noch einmal 33 Liter mit, so dass man normalerweise keine weiteren Reise-Utensilien benötigt. Klasse: Selbst mit diesen Koffern kann man mit der GSA noch mit 180 Sachen über die Autobahn kacheln, ohne dass es wackelt oder unruhig wird oder die Maschine sich aufschaukelt.
BMW R 1200 GS Adventure Foto: BMW (Werk)
 
Die BMW R 1200 GS Adventure hat einen breiten Lenker und dank des an den Beinen überraschend schmalen Tanks auch einen guten Knieschluss. Die teilintegrale und servounterstützte Bremsanlage bringt das Gefährt auf Wunsch abrupt und ohne große Handkraft zum Stehen. Allerdings ist das ABS anfällig. Viele GS- und GSA-Fahrer wissen das und bremsen daher immer mal wieder hart, damit das ABS genutzt wird. Dadurch wird ein Defekt der komplexen ABS-Anlage angeblich verhindert.

Fazit - was bleibt hängen

"Hervorragende Offroad-Tauglichkeit bei nochmals gesteigerten Straßeneigenschaften" lautete damals der Pressetext zur neuen Adventure von BMW. Mit Offroad meinten die Schreiberlinge damals vermutlich nicht gerade die Crosspiste mit Sprüngen und tiefen Sand - dazu ist die GS 1200 Adventure schlichtweg zu schwer. Aber dennoch ist dieses Motorrad das ideale Bike für die gaaaanz lange Reise. Den Beweis lieferten Charly Boorman und Ewan McGregor 2007 auf ihrer "Long Way Down" genannten Reise, bei der sie 23.500 Kilometer durch Afrika eben genau auf diesen Maschinen zurückgelegt haben. 
 
Leider sind auch gebrauchte und ältere GS Adventure Bikes nicht ganz billig. Je nach Alter, Laufleistung, Zustand und Ausstattung werden bis zu 13.000 Euro verlangt. Allerdings darf bezweifelt werden, dass solche Preise tatsächlich auch gezahlt werden, aber für eine gute GSA K255 muss man schon mit 8.000 Euro rechnen. Zurück zur Ausgangsfrage: Lohnt sich das? Klares "JA!" unsererseits, denn diese Maschinen halten ewig und bringen auch nach 15 Jahren immer noch jede Menge Freude.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Neupreis: 13.500 € (nackt)
  • Gebraucht: 6.000 bis 13.000 € (je nach Alter und Zustand)
  • Baujahre: 2006-2013
  • Farben: diverse
Pro & Kontra
Pro:
  • Lasten-Esel
  • gutmütiges Fahrverhalten
  • große Reichweite
  • gemütliche Sitzposition
  • sehr guter Windschutz
  • geeignet auch für lange und schnelle Autobahn-Passagen
Kontra:
  • schwer, Rangieren problematisch
  • anfälliges ABS
02 2021: BMW R 1200 GS Adventure (K255) im Test
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