Honda CB 1100 EX im Test

Der letzte Retro-Klassiker mit luftgekühltem Reihen-Vierer

Honda CB 1100 EX Test Fotos: Motorradtest.de
 
Die Honda CB 1100 EX gilt als das letzte in Serie gefertigte Motorrad mit einem luftgekühltem Reihen-Vierzylinder. Sie zitiert optisch viele Dinge des ersten luftgekühltem Reihen-Vierzylinders von 1969, der legendären Honda CB 750 Four. Dietmar hat sich eine gebrauchte CB 1100 EX geschnappt und schildert hier seine Eindrücke.

Mehr 70er Jahre Klassik geht nicht.

Die erste Honda CB 1100 erschien in Deutschland im Jahre 2013, damals noch mit 5 Gang Getriebe und einer 4-in-1 Anlage. Die Maschine kam gut ab, es gab aber auch Kritikpunkte, die Honda bei den Nachfolge-Modellen EX und RS ausmergelte. Die hier getestete EX bekam Speichenräder, einen 6. Gang, einen größeren Tank und vor allem: einen zweiten Auspuff! Zu einer 4-in-4 Anlage wie bei der 750 Four hat es zwar nicht gereicht, die 4-in-2 Auspuffanlage sieht optisch aber nahezu identisch aus. Herrlich, wie sich der Reihen-Vierer stolz in der Doppelschleife präsentiert und die Krümmer nahezu majestätisch das Weite suchen...
 
Abmessungen und Sitzergonomie
 
Die Sitzposition auf der CB 1100 EX ist sehr klassisch. Dank einer Sitzhöhe von 790 mm finden auch kleinere Piloten einen sicheren Stand, aber auch größere Fahrer fühlen sich wohl. Man sitzt aufrecht mit einem angenehmen Kniewinkel und die einteilige, gesteppte Sitzbank passt für diesen Klassiker wie die Faust aufs Auge. Allerdings ist die Maschine mit 255 kg Gewicht fahrfertig nicht gerade ein Leichtgewicht, was allerdings nur beim Rangieren "ins Gewicht fällt" - während der Fahrt merkt man davon nichts. Der Blick nach hinten ist okay, auch wenn die runden Rückspiegel nicht sonderlich groß sind. Alles andere als runde Rückspiegel würden aber auch nicht gehen, Stichwort Klassiker.

Abmessungen Honda CB 1100 EX
So sitzt es sich auf der Honda CB 1100 EX.

360 Grad Rundgang um die Honda CB 1100 EX

Cockpit Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten

Technik der CB 1100 EX

Die technische Ausstattung der Honda CB 1100 EX ist - nun ja - sehr übersichtlich. Außer dem gesetzlich vorgeschriebenen ABS gibt es keine technischen Hilfen, auch keine Traktionskontrolle. Auch das passt natürlich zum Retro-Anspruch der Maschine, viele Knöpfe oder komplizierte Funktionen wären hier total fehl am Platze. Das Licht ist ebenfalls klassisch: H4 Lampen vorne, fette und selbstverständlich orangefarbene Blinker mit Glühlampen und vor allem zwei (!) Hupen vorne unter dem kreisrunden Scheinwerfer - so muss das sein. Eine Blinker Rückstellung gibt es natürlich nicht, wo denkst Du hin?!

Was es aber gibt, ist ein wunderschönes Cockpit mit zwei analogen Instrumenten, deren Ziffernblätter genauso in Petrolblau gehalten sind, wie damals bei der 750 Four. Und dann die weißen Zeiger mit den roten Enden - einfach himmlisch! Dass man bei Blinken aufgrund des ungeschickt angebrachten Tasters öfter mal ungewollt hupt - geschenkt.

Überhaupt verzeiht man diesem Motorrad sowieso all Kritikpunkte, von denen es aber kaum welche gibt. Zwischen den analogen Uhren gibt es ein inverses LC-Display mit Ganganzeige, Benzinfüllstand sowie diversen Bordcomputer-Infos wie z.B. Restreichweite. Das erinnert sehr an die Kawasaki Z900 RS und ist ähnlich gut gemacht.

Motor So schön kann ein Motorrad-Motor aussehen. Und ja - er knistert beim Kühlen!
 

Sound

Der Sound der Honda CB 1100 EX ist genauso, wie man es von einem Reihen-Vierer dieser Größe erwartet. Sie klingt souverän, niemals angestrengt und man kann quasi schon hören, wie sanft und seidig es gleich auf der Straße vorangehen wird. Wer sich dieses Gedicht von Motor anhören möchte: Rechts oben gibt es einen Soundcheck. Aber vorher unbedingt die Lautstärke auf 10 stellen....
 
Viel Chrom und Doppeltüte. Schade, dass sich Honda nicht zu einer eine 4-in-4 Anlage durchringen konnte.
 

So fährt sie sich

Die CB 1100 fährt sich wesentlich leichter und zugänglicher, als man das ob des Gewichts erwarten würde. Man kann leicht mit ihr wenden, sie hat ein vorhersehbares Fahrverhalten und kippt wunderbar linear in Kurven hinein. Mit anderen Worten: Dieses Motorrad kann wirklich jeder fahren, also auch Anfänger. Da es kaum etwas einzustellen oder im Cockpit zu sehen gibt, lenkt sie auch nicht vom Fahren ab. Das Fahrerlebnis könnte puristischer kaum sein: Anlassen, losfahren und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
 
Man beachte die Doppelhupe unterhalb des kreisrunden Halo-Scheinwerfers! LED gabs erst ab 2017.
 
Besonders beeindruckt waren wir vom Zusammenspiel zwischen Getriebe, Kupplung und Motor: So butterweich haben wir das noch nie erlebt! Dazu der seidig, samtige Motorlauf des Reihen-Vierers - man schwebt mehr oder weniger wie auf Wolke Sieben durch die Gegend. Rasen möchte man nicht, genießen ist hier angesagt. So richtig angasen ist trotz der 90 PS und 91 Nm mit der CB 1100 EX auch nicht möglich, dazu ist sie dann einfach doch einen Tick zu schwer. Der Motor gibt seine Leistung absolut linear ab und scheut auch höhere Drehzahlen nicht. Die Beschleunigungs- und Durchzugswerte (siehe Testvideo unten) sind okay, wir hätten aber mehr erwartet. Aber wie gesagt: Das spielt auf diesem Bike alles überhaupt keine Rolle.
 
Da es sich um ein Nakedbike ohne Windschild handelt, ist der Windschutz ebenfalls "puristisch". Der Helm liegt komplett im Wind, was sich positiv auf Turbulenzen auswirkt. Die Bremsanlage von Nissin ist ebenfalls okay, kann aber mit den modernen Zweifinderbremsen nicht ganz mithalten. Wenn man stark verzögern möchte, muss man auch stark zupacken, aber dann gibt es auch ordentlich Bremsdruck. Das einstellbare Showa-Fahrwerk passt wunderbar zu diesem Retro-Bike. Die Maschine ist weder zu hart, noch zu weich und es geht komfortabel über Stock und Stein. 
 

Fazit - so schön können Motorräder sein

Die Honda CB 1100 EX ist ein echter Leckerbissen für Fans klassischer Motorräder. Sie sieht nicht nur schön aus, sie fährt auch schön! Der samtige Motor und das weiche Getriebe machen jeden Schaltvorgang zu einem Erlebnis. Plastikteile sucht man an diesem Motorrad vergebens, hier ist noch alles aus Metall und Blech. Ein wunderbares Bike!
 
Die Testmaschine aus 04/2016 wurde uns von Motorrad-Tober aus Neuhaus (Oste) bei Cuxhaven zur Verfügung gestellt. Dort steht sie für 8.950 Euro in einem Top-Zustand. Sie hatte zwei Vorbesitzer und nur 12.000 km auf der Uhr. Die 12.000er Inspektion wurde bereits durchgeführt und Käufer bekommen frischen TÜV dazu. Man bekommt hier einen neuwertigen Klassiker, der garantiert noch viele Jahre vor sich hin schnurren wird - ist ja schließlich eine Honda!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • letzter Neupreis 2020: 13.000€
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 12.000€
  • Baujahre: 2013-2020
  • Farben: rot, weiß, blau, schwarz
Pro & Kontra
Pro:
  • Butterweiches Zusammenspiel von Getriebe, Kupplung & Motor
  • Samtiger Reihenvierer mit viel Charakter
  • Unbezahlbares Knistern eines luftgekühlten Japaners
  • gutmütiges Fahrverhalten, gute Bremsen
  • Kein Plastik!
  • Ist sie nicht wunderschön?!
Kontra:
  • geringere Leistung als das Datenblatt vermuten lässt
  • beim Blinken erwischt man oft die Hupe
  • schwer
10 2023: Honda CB 1100 EX im Test
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