Moto Guzzi Stelvio im Test

Das schöne Adventure-Bike vom Comer See im Test

Test Moto Guzzi Stelvio Fotos: Motorradtest.de
 
Mit der neuen Moto Guzzi Stelvio betritt eines der wenigen Adventure-Bikes mit Kardanantrieb die Motorradbühne. Vielleicht schielen tatsächlich einige GS-Fahrer auf dieses schöne und irgendwie individueller wirkende Motorrad? Wir sind einen Tag mit der neuen Stelvio durch das schöne und kurvenreiche Ost-Holstein gefahren und schildern hier unsere Eindrücke. 

BMW GS Alternative mit Style

Eine Stelvio gab es von Moto Guzzi schon einmal: Von 2008 bis 2016 wurde in Mandello del Lario ein 282 kg schweres und natürlich Luft/Ölgekühltes V2-Bike mit 105 PS produziert. Als ernsthafte GS-Alternative war diese erste Stelvio, die genau wie die hier getestete zweite Version nach dem bekannten Pass in Italien benannt wurde, einfach zu schwer.
 
Die "neue" Stelvio ist mit 246 kg dagegen fast schon leicht und leistet mit dem schon aus der V100 bekannten jetzt wassergekühlten V2 kräftige 115 PS. Sie ist für unsere Augen sehr gefällig gezeichnet, nicht zu wuchtig, aber mit ihren typischen Guzzi Zylindern schon respekteinflößend. Sie kostet 16.499 Euro und ist in den matten Farbtönen Dunkelgrau-Silber und Gelb-Silber erhältlich. 
Farben der Stelvio
Farben: Schwarz-Grau und Gelb-Silber. Ganz klar, Giallo ist schöner.
 
Abmessungen und Sitzprobe
Die Maschine ist 2,19 m lang und hat einen Radstand von 1,52. Die Sitzhöhe beträgt nur 830 mm. Anfühlen tut sich das aufgrund der breiten und sehr bequemen Sitzbank aber eher nach 850 mm. Leider ist die Sitzbank nicht in der Höhe verstellbar, der eine oder Fahrer würde sich sicherlich eine höhere Sitzbank wünschen.
 
Man sitzt trotzdem sehr aufrecht und der Lenker ist angenehm hoch montiert, allerdings nicht so sehr zum Fahrer orientiert wie bei der neuen GS, weshalb man automatisch längere Arme macht. Ansonsten - der Vergleich sei erlaubt - sitzt es sich aber schon sehr ähnlich zum Pendant aus Bayern und es fühlt sich auch sehr ähnlich an. 
 
Abmessungen und Sitzposition
So sitzt sich auf der Moto Guzzi Stelvio. Sehr bequem, aufrechter Rücken, typisch Adventure-Bike.

 
 
360 Grad Rundgang um die Moto Guzzi Stelvio

Cockpit Licht vorne Licht hinten: Traumhaft!

Technik der Guzzi Stelvio 2024

Bei der technischen Ausstattung der neuen Stelvio gibt es Licht und Schatten. Es gibt in Serie ein 5 Zoll TFT-Farbdisplay, fünf konfigurierbare Fahrmodi, Schräglagensensorik mit Kurven-ABS und Mehrfach-Traktionskontrolle sowie einen Tempomaten. 

Einige Dinge hat Moto Guzzi aber nur optional gegen Aufpreis im Angebot: QuickShifter (200€), Heizgriffe (270€) und Hauptständer (200€) hätten wir bei dem Preisschild schon in Serie vermutet - sie sind es aber nicht. Ebenfalls nur optional gibt es eine Reifendruck-Kontrolle (250€) und eine heizbare Sitzbank (300€).

Sehr schön finden wir die Gestaltung der Front- und Heckbeleuchtung. Vorne findet sich die Adlerschwinge als Tagfahrlicht und hinten schaut man in zwei Triebwerke eines Düsenjets. Das Bremslicht in 3D Optik verstärkt diesen Eindruck nochmals. Aus unserer Sicht das schönste Hecklicht bei Motorrädern überhaupt! Auch die Blinker kommen in LED, allerdings hätten diese etwas heller ausfallen dürfen.

Auspuff / Endschalldämpfer Sieht nicht nur gut aus, klingt auch gut: Endschalldämpfer mit 95 dbA Standgeräusch.

So fährt sie sich

Der kurze Edelstahl-Schalldämpfer macht bereits optisch einiges her. Beim Start der Maschine erfolgt zunächst das bekannte Schütteln des Guzzi V2 und dann der schon aus der V100 bekannte Klang. Es bollert bassig und unaufdringlich in tiefsten Frequenzen. Auch während der Fahrt gibt sich die Stelvio nie krawallig, aber der Motorsound ist in allen Drehzahlen stets präsent. Gut, dass die Maschine ein Standgeräusch von 95 dbA aufweist, das könnte sich schon bald auch in Deutschland als eine wichtige Kennzahl erweisen. Den Soundcheck könnt Ihr Euch rechts oben anhören.
 
Auf der Landstraße stellt sich dann sofort ein Gefühl der Souveränität ein. Man spürt die knapp 250 kg durch eine satte Straßenlage, die Stelvio bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Auch schlechte Straßenverhältnisse können dem Fahrwerk der Guzzi nichts anhaben. Das Zusammenspiel aus der Sachs USD-Gabel und dem Kayaba Mono-Federbein ist hervorragend gelungen. Beide Federelemente sind in Vorspannung und Zugstufe einstellbar, hinten gibt es dafür ein praktisches hydraulisches Drehrad. Die Federwege von 170 mm vorne und hinten erweisen sich als praxistauglich, lassen jedoch eher eine Straßen- denn ein Gelände-Ausrichtung erkennen.
 
Besonders imponierend ist die Bremsleistung der Stelvio. Die Brembo Monoblöcke vorne beißen kraftvoll in zwei 320er Scheiben und bringen die Fuhre ohne viel Kraftwand schnell zum Stehen. Die Maschine besitzt ein Conti Kurven-ABS, im Offroad-Modus wird hinten nicht gestottert. 
 
 90 Grad V2 Motor - typisch Guzzi, aber wassergekühlt!


90 Grad V2 Motor - eigentlich typisch Guzzi, aber wassergekühlt!
 
Der größte Unterschied zur aktuellen GS 1300 ist sicherlich die Leistung des Motors. Der Guzzi V2 mit seinen 115 PS und 105 Nm Drehmoment bei 6.750 Umin bietet immer satte Power, überfordert seinen Fahrer aber nicht. Er fühlt sich beim Beschleunigen und beim Durchzugstest (siehe Video unten) dann auch kraftvoller an, als er es in Wirklichkeit ist. Trotzdem: Wir haben in keiner Situation Leistung vermisst - und das dürfte 95 Prozent aller Fahrer ebenso gehen. 
 
Typisch Guzzi bzw. typisch italienisches Motorrad: So lange die Stelvio noch kalt ist, wirkt sie in Sachen Getriebe und Lastwechsel-Reaktionen noch ein wenig zickig. Das gibt sich aber bereits nach einigen Minuten und dann gleitet die Stelvio geschmeidig und handzahm über die Straße. Es fährt sich wirklich sehr harmonisch und ausgeglichen, da gibt es nichts zu meckern.
 
Einarmschwinge mit integrierten Kardan. Wie bei BMW.
Einarmschwinge mit integriertem Kardanantrieb. Wie bei BMW, nur ohne Paralever. Macht aber nichts.
 
 
Der Windschutz ist mittelmäßig bis gut. Wir hatten die elektrisch verstellbare Scheibe eigentlich immer in der höchsten Position eingestellt, bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn gab es dort allerdings spürbare Turbulenzen am Helm. Dazu sei allerdings gesagt, dass dies von vielen Faktoren beeinflusst wird und bei anderen Fahrern daher anders sein kann. 
 
Moto Guzzi gibt zwei Jahre Garantie auf die Stelvio. Als Wettbewerber fallen uns folgende Bikes ein: Suzuki V-Strom 1050, Ducati Multistrada V2, Triumph Tiger 900 GT Pro und Honda Africa Twin Adventure Sports. Warum die GS 1300 hier fehlt? Nun ja, diese befindet sich bei der Leistung noch eine Schublade höher, ist aber der Stelvio ansonsten aber schon sehr ähnlich - vor allem beim Fahrgefühl.
 

Fazit

Die neue Stelvio ist ein sehr gelungenes Adventure-Bike mit klarer Tendenz zur Nutzung auf der Straße. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern bietet auch einen sehr eigenständigen Charakter. Ihr V2 feuert keine übertriebene Leistungs-Show ab, bietet aber stets genug Power für zügiges und falls gewollt auch sportliches Vorankommen. Sie hat tolle Bremsen und gute Reifen ab Werk (Michelin Anakee Adventure), allerdings sind einige Features nur gegen Aufpreis erhältlich. Insgesamt eine sehr schöne Maschine mit viel Fahrspaß, die so manchen potentiellen GS-Kunden ins Grübeln kommen lassen wird.

Die Testmaschine wurde uns freundlicherweise von Moto Italia in Lübeck zur Verfügung gestellt. Dort stehen die Moto Guzzi Stelvio und ihr Schwestermodell, die V100 Mandello als Vorführer für eine ausgiebige Probefahrt auf schönen, kurvigen Landstraßen bereit.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 16.499 €
  • Verfügbarkeit: seit 03/2024
  • Farben: Grau-Schwarz, Gelb-Silber
Pro & Kontra
Pro:
  • sehr angenehme Sitzposition
  • sehr gute Bremsen
  • V2 mit tonnenweise Character
  • Einarmschwinge mit integrierten Kardanantrieb
  • 95 dbA und schöner Sound
  • allerschönstes Rücklicht in Triebwerks-Optik
  • Drahtspeichenfelgen ohne Aufpreis
Kontra:
  • Heizgriffe, QuickShifter und Hauptständer nur gegen Aufpreis
  • Sitzbank nicht in der Höhe verstellbar
  • Blinker zwar LED, aber etwas dunkel
05 2024: Moto Guzzi Stelvio im Test
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