Harley Davidson Nightster Special im Test

Was unterscheidet die neue Nightster Special (2023) von der Standard Nightster aus 2022?

Harley Davidson Nightster Special Test Fotos: Motorradtest.de
 
Mit der 2023 neu aufgelegten Nightster Special feiert Harley Davidson sein 120-jähriges Jubiläum. Der Aufpreis gegenüber der Standard Nightster beträgt 1.500 Euro. Welche Features die Special dafür zusätzlich an Bord hat und was sie generell so kann, haben Gastmoderator Ole und Dietmar bei einer Ausfahrt um den Westensee in Kiel herausgefunden.

Der perfekte Harley Einstieg?

Die neue Harley Davidson Nightster Special kostet knapp 18.000 Euro. Das hört sich jetzt nicht gerade nach einem Schnäppchen an, ist für eine Harley aber günstig. Die Standard Nightster für 16.095 Euro ist übrigens das derzeit günstigste Modell in der Harley Flotte. Sie gibt es nur in Rot und Schwarz, die Nightster Special ist hingegen in gleich vier Farbvariationen erhältlich, darunter zweimal in Schwarz (matt und metallic).
 
Farben
 

Unterschiede zwischen Nightster und Nightster Special
 
Für den Aufpreis bietet die Special einiges an Mehrausstattung. Es gibt ein scharfes und sehr gut ablesbares TFT-Farbdisplay inkl. Handy-Connect via Bluetooth, auf welches bei Bedarf auch eine echte Kartennavigation gelegt werden kann. Die Alu-Gussräder im silberfarbenen Kreuzspeichen-Design sind ebenfalls neu, genauso wie der Riser am Lenker, der Tempomat, die Reifendruckkontrolle und der USB-C Anschluss. Die Lampenverkleidung gibt es ab sofort nur noch bei der Special, bei der Standard wurde diese entfernt. Außerdem hat die Special nun auch einen Soziussitz inkl. der dazugehörigen Fussrastenanlage. Es gibt dann also doch mehr Zusatzausstattung, als man auf den ersten Blick annehmen mag.
 
Auch die Sitzposition hat sich geändert: Die Sitzhöhe ist mit 715 mm etwas höher und vor allem der höhere und mehr zum Fahrer geneigte Lenker macht die Fahrt etwas lässiger und aus unserer Sicht angenehmer. Es liegen zwar keine Welten zwischen den beiden Bikes, aber man merkt es schon. Der Soziuskomfort ist dagegen nicht so toll. Der Beifahrer muss sich am Fahrer festhalten und die Fußrasten sind sehr hoch angebracht. Längere Touren will man so sicherlich nicht zu zweit fahren, einem kleinen Ausritt zum Baggersee steht aber nichts im Wege.
 
Abmessungen So sitzt es sich auf der Nightster Special: Sehr lässig.
 
 
Cockpit Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten

Technik der Nightster Special

Das neue Display überzeugt auf ganzer Linie. Die App ist einfach gestaltet und beinhaltet viele Funktionen. Sehr praktisch ist das Navigieren gelöst: Zunächst in per App das gewünschte Ziel auswählen und dann eine sehr schön gestaltete Kartennavigation auf das Display legen - und los geht's!

Die Nightster Special kommt mit den drei vorkonfigurierten Fahrmodi Rain, Road und Sport sowie zwei Custom-Modes. Es gibt zwar keine Schräglagensensorik und keinen QuickShifter, ansonsten ist aber alles an Bord: Traktionskontrolle, Motorschleppregelung, Keyless Go, Tempomat, Mediensteuerung, automatische Blinkerrückstellung und natürlich ABS und sogar eine Reifendruckkontrolle sowie ein auskunftsfreudiger Bordcomputer. 

Die Bedienung sämtlicher Funktionen ist dank einem Steuerkreuz links sehr einfach und intuitiv möglich. Das Handbuch, welches in der App aufrufbar ist, braucht man eigentlich nicht. Die Beleuchtung kommt komplett mit LED-Technik und insgesamt macht die Nightster Special technisch gesehen einen ausgereiften und durchdachten Eindruck. Bravo, Harley!

Motor

So fährt sie sich

Der Sound der Nightster Special ist nicht übel. Allerdings war an unserem Bike auch die nicht ganz billige Auspuffanlage von Jekill and Hyde verbaut. Der V2 bollert wie eine Nähmaschine vor sich hin und kann es per steuerbarer Auspuffklappe auch richtig bassig. Im geschlossenen Zustand ist es dann eher ruhig, ein sehr guter Kompromiss. Mit dem Standard Schalldämpfer liegt das Standgeräusch bei nur 90 dbA und so viel schlechter klingt dieser eigentlich auch nicht (siehe bzw. höre hier).
 
Der Revolution Max 975T wurde im Gegensatz zur Sportster S auf 975 ccm gekappt und leistet bei der Nightster  Special 90 PS bei 7.500 Umin und 95 Nm Drehmoment bei 5.750 Umin. Das ist für Harley-Verhältnisse nicht umwerfend, aber da die Special vollgetankt auch nur 225 kg wiegt, sorgt dies für ordentlich Vortrieb. Zudem ist der neue Motor drehfreudig weit über 5.000 Umin hinaus. Der Hub ist eher kurz und so wird aus der Nightster fast schon eine kleine Drehorgel. Sie beschleunigt nicht nur gut, sondern kann auch beim Durchzugtest überzeugen. Das macht wirklich Spaß!

Sicherlich werden Harley-Jünger älteren Jahrgangs die Nase rümpfen und der Nightster Special die sonst übliche V2-Folklore absprechen - aber diese Zielgruppe will die neue Nightster Special 2023 auch gar nicht ansprechen. Dafür fährt sie sich auch viel zu sportlich. Sie geht flott um die Kurven und ist dabei erstaunlich handlich. Das Fahrwerk ist zwar eher einfach, funktioniert aber tadellos. Die konventionelle 41er Telegabel kommt von Showa und ist nicht einstellbar. Die Stereo-Federbeine sind zumindest in der Federbasis einstellbar, es fehlt aber ein hydraulisches Einstellrad. All das signalisiert: Mach Dir um das Fahrwerk keine Gedanken, fahr einfach, es funktioniert schon.

Das gleiche können wir über die Bremse vermelden. Vorne kommt zwar nur eine Einzelscheibe zum Einsatz, aber die Nightster Special bremst trotzdem gut und vorhersehbar. Die Hebeleien sind einstellbar und die nötige Handkraft zur Betätigung der Kupplung ist erfreulich niedrig. Interessant ist auch die Tanklösung der Nightster: Der Kunststoff-Tank ist unter dem Sitz verbaut und fasst 11,7 Liter. Die Reichweite des Bikes ist rechnerisch daher mit 213 km auch eher bescheiden. Und wenn wir schon bei Kritik sind: Die Verarbeitung der Nightster Special ist teilweise mittelmäßig, z.B. bei der Verlegung der Kabel im linken Lüfter/Motorenbereich.
 
Tankattrappe
 
Trotz der niedrigen Federwege - vor allem hinten - fährt die Special nicht unkomfortabel. Klar, Schlaglöcher quittiert das Fahrwerk mit einem Gruß an die Bandscheiben, aber ansonsten haben wir keinen Anlass zur Kritik. Anders sieht das bei den Service-Intervallen aus: Alle 8.000 km (oder einmal pro Jahr) muss die Nightster zum Händler. Andere Bikes dürfen doppelt so viele Kilometer schrubben, bis der Service fällig wird.
 
Die Harley Davidson Nightster Special macht mächtig Spaß! Gerade auf Landstraßen entpuppt sie sich als überraschend agiles Bike. Der Motor hat ordentlich Leistung und fühlt sich ebenso überraschend auch in höheren Drehzahl-Gefilden wohl. Die Special sieht zwar aus wie eine typische Harley, ist in vielen Dingen aber anders. Besser oder schlechter? Ansichtssache! Echte V2-Dampfhammerfans wird sie nicht überzeugen, alleine schon wegen des zurückhaltenden Sounds. Dafür wird es aber andere Leute geben, die genau wegen der beiden neuen Nightster-Modelle nun zu Harley schielen. Und das ist auch völlig gerechtfertigt.
 

Fazit - was bleibt hängen

Nightster oder Nightster Special, das ist hier die Frage! Wir würden zur neuen Special greifen, alleine schon wegen des Sozius-Sitzes, den man dann und wann dann ja doch ganz gut gebrauchen kann. Besonders gut gefallen hat uns das tolle, neue Cockpit und vor allem dessen einfache Bedienung inklusive der App. Ob man das nun wirklich benötigt, ist sicherlich Ansichtssache, aber zumindest funktioniert es prächtig, was man ja nicht von allen Wettbewerbern behaupten kann.

Das Testbike wurde uns freundlicherweise von Harley Davidson Kiel für diesen Test zur Verfügung gestellt. Dort stehen die Nightster Special und die Standard Nightster als Vorführer - neben vielen anderen schicken Harleys. Ein Besuch bei HD Hiel lohnt sich immer, alleine schon wegen des großen Angebots an gebrauchten Maschinen. Außerdem kann man dort eine herrliche Runde um den Westensee drehen - auf geht's!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 17.595 €
  • Verfügbarkeit: seit 03/2023
  • Farben: Matt-Schwarz, Gelb, Blau, Schwarz-Metallic
Pro & Kontra
Pro:
  • Motor
  • Sound
  • überraschend sportlicher Angang
  • tolles TFT-Display mit Kartennavigation
  • Handy-Anbindung mit einfach bedienbarer App
  • hervorragendes Harley Einstiegs-Bike
Kontra:
  • Rückspiegel könnten etwas größer sein
  • für diesen Preis etwas viel Kunststoff
  • lieblos verlegte Kabel
  • rutschiger Sitz
07 2023: Harley Davidson Nightster Special im Test
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