Ducati Multistrada V2 S im Test

Wie gut ist der Nachfolger der Multistrada 950 aus Bologna?

Ducati Multistrada V2 S im Test Fotos: Motorradtest.de
 
Die neue Ducati Multistrada V2 S ist der Nachfolger der erfolgreichen Mulitstrada 950. Vor allem im Elektronikbereich gab es einige sinnvolle Updates, zum Glück hat die Duc aber nichts von ihrem V2 Charme verloren - im Gegenteil! Wir haben die Multi V2 S durch Schleswig-Holstein getrieben und schildern hier unsere Fahreindrücke.


So steht die da

Schon die Vorgängerin war ein großes Motorrad. Auch die V2 S ist z.B. im Vergleich zur Mulitstrada V4 keinen Deut kleiner - im Gegenteil, der Radstand ist sogar um 3 Zentimeter länger. So steht sie dann auch wie ein Berg vor uns. Vor allem die hoch herausragende Front flößt Respekt ein, wir wissen aber schon vom Vorgänger: Vor dieser Duc muss man keine Angst haben. Vielmehr ist das ein Spaß-Bike, welches auch nicht ganz so erfahrene Biker gut ums Eck bekommen.
 
Bei der Sitzprobe fällt auf, dass man sehr gut integriert IN der Maschine sitzt. Das erinnert uns spontan an die Multi 1260. Das Ganze ist sehr Vorderrad-orientiert und unterscheidet sich schon daher von vielen anderen Adventure-Bikes, auf denen man zwar gemütlich, aber oft auch etwas entkoppelt von der Maschine sitzt. Das ist hier ganz anders, trotzdem ist der Sitzkomfort für Fahrer und Beifahrer erstaunlich gut. Man hat reichlich Platz und die Sitzbank ist tendenziell eher groß und komfortabel. Toll, wie Ducati das hinbekommt: Eine Reise-Enduro, die nicht nur zu langen Touren einlädt, sondern auch die Ducati DNA vor sich herträgt, wie das eben nur eine Ducati kann.
V2 S in schwarz
Foto: Ducati
 
Die V2 S gibt es in rot und in grau-schwarz. Sie kostet 16.990 Euro. Wer auf das elektronische Fahrwerk, den QuickShifter, den Tempomaten und die Voll-LED Ausstattung inkl. Kurvenlicht verzichten kann, der greift zur V2 (ohne "S"), die schon für 14.390 Euro - allerdings nur in rot - zu haben ist.
 
Abmessungen
Klasse: Viel Platz auf der Multistrada V2/S für Fahrer & Beifahrer sowie aufrechte, integrierte Sitzposition.
 
Cockpit LED-Kurvenlicht Licht hinten

Das soll sie können

Die V2 S glänzt mit voller Hütte. Das elektr. "Skyhook" Fahrwerk erlaub die elektronische Verstellung der Dämpfung und der Federbasis vorne und hinten. Dazu gibt es im 5" Farb-TFT Cockpit selbsterklärende Piktogramme. Die Bedienung erfolgt über lediglich einen Schalter, den man in drei Richtungen betätigen kann. Das funktioniert recht einfach, allerdings muss man daher für die eine oder andere Einstellung recht tief in die Menüstruktur abtauchen.

Die Armada an technischen Fahrhilfen und Assistenzsystem ist beeindruckend. Es gibt Kurven-ABS, 8-fache Traktionskontrolle, Tempomat, 4 konfigurierbare Fahrmodi, Power-Modes, schaltbares ABS (Offroad-Modus), eine Berganfahrhilfe und und und...

Auch beim Licht geht die V2 S in die Vollen: Voll-LED inkl. Blinker und Kurvenlicht, Tagfahrlicht und Warnblinkanlage sowie Gefahrenbremslicht. All das hat die günstigere V2 nicht - dort gibt es nur Halo-Licht, ein LC-Display und natürlich auch kein Kurven-Licht. Irgendwo muss der Preisunterschied ja auch herkommen.

Motor

So fährt sie sich

Sehr merkwürdig finden wir das Auspuff-Design der V2 S. Ducati sagt, dass sei wegen der Koffer so gemacht, aber der Endtopf sieht zumindest von oben doch arg schmalbrüstig aus. Der Sound ist hingegen typisch V2, wenn auch wg. Euro-5 nicht mehr ganz so laut wie bei älteren V2-Modellen von Ducati. Untenrum bollert die Duc bassig vor sich hin und beim Angasen trötet es dann wie gewohnt aus dem ganzen Motorrad inkl. schönen Ansaugschnorchel-Sound.
 
Die Gussräder hat Ducati der Einfachheit halber aus der Multistrada V4 entnommen. Das ist schon insofern gut, als das damit nicht weniger als 1,7 kg (!) an ungefederter Masse eingespart werden konnte. Aufgezogen sind Pirelli Scorpion Trail II mit dem hübschen, roten Scorpion an der Reifenflanke - sicherlich auch keine schlechte Wahl. Schlecht ist an diesem Bike übrigens kaum etwas, außer vielleicht der etwas billig wirkende Motorschutz aus Kunststoff. Bei der V2 S hätte man vielleicht gleich die Metall-Variante aus dem (übrigens sehr reichhaltigem) Zubehör montieren können. Das wäre ein weiterer optischer Unterschied zur V2 - aber egal. Und ein Hauptständer hätte der V2 S auch gut zu Gesicht gestanden, aber das wäre natürlich zu Lasten des Gewichts gegangen - geschenkt. 
 
Die Fahreigenschaften der V2 S erinnern sehr an den Vorgänger Mulitstrada 950 oder auch an die älteren Mulitstrada 1200/1260. Die Maschine ist trotz 19 Zoll Vorderrad agil und man bekommt eine gute Rückmeldung von der Gabel. Die Brembos (vorne M4.32 Monoblock mit Brembo-Radialpumpe) machen einen sauberen Job, nur die Kupplungskraft könnte noch etwas geringer ausfallen, ist aber noch im Rahmen. Der serienmäßige QuickShifter bei der V2 S ist klasse, man benötigt nur wenig Druck und die Gangwechsel sind sehr geschmeidig. 
 
Die Leistungsabgabe ist ebenfalls wenig überraschend. Untenrum passiert eher wenig und ab etwa 4.500 Umdrehungen geht die Post ab. Der Testastretta L-V2 schlägt bei niedrigen Drehzahlen zwar nicht gleich mit der Kette und man muss auch nicht pausenlos herumschalten, um die richtige Drehzahl zu erwischen, aber dennoch ist das schon ein anderer Schnack als bei der Multistrada V4 - welch Überraschung!
Wir mögen dieses typische Ducati V2-Feeling, die Maschine fühlt und hört sich herrlich mechanisch an. Man merkt einfach, was da gerade unter einem passiert. Wenn es einfach mal sein muss, geht die V2 S richtig gut nach vorne, aber im Gegensatz zu vielen anderen Ducatis verleitet die V2 nicht unbedingt zum bedingungslosen Angasen. Auch bei gelassener Fahrweise hat man auf diesem Bike viel Spaß - und das ist ein richtig großes Kompliment!

seitlich und hinten
 
Richtig gut gefallen haben uns Garantie und Service-Intervalle. Ducati gibt auf die Multistrada V2 S fette 48 Monate Garantie. Der normale Service ist alle 15.000 km oder einmal im Jahr fällig und die Ventilspielkontrolle erst alle 30.000 km.  Der Verbrauch der Multi V2 S ist mit 5,9 Liter auf 100 km nicht gerade eine Sensation, aber immerhin deutlich besser als bei der Multi V4. Dank des 20 Liter Tanks kommt man mit einer Tankfüllung rechnerisch 339 Kilometer weit. Auch kein Rekordwert für eine Reise-Enduro, aber auch kein Grund zum Meckern.
 

Fazit - was bleibt hängen

Die Multistrada V2 (S) ist eine Ducati nach altem Schrot und Korn: Gitterrohrrahmen, untenrum etwas zickiger V2 mit Desmodromik und überhaupt ein Bike mit Ecken und Kanten. Wir sind uns sicher: Es gibt viele Ducatisti da draußen, die die V2 genau aus diesen Gründen einer Multi V4 vorziehen werden - auch wenn die V4 objektiv betrachtet das bessere Bike sein mag. Aber wen kümmert bei einem Motorrad schon der objektive Blick??? Wir hatten jedenfalls jede Menge Spaß mit der V2 und sind froh, dass Ducati weiterhin auch eine Multistrada diesen Typs im Angebot hat.
 
Die Testmaschine haben wir von Ducati Hamburg für diesen Test zur Verfügung gestellt bekommen. Bei Ducati HH gibt es jede Menge feinste Vorführer - unter anderem auch die neue Desert X. Wer spätestens jetzt kaum noch ruhig sitzen kann: Auf gehts in die Papenreye! Und scheunen Gruß an Lisa, Steffi und Sascha...

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: V2 S:16.990 € / V2 14.390 €
  • Gebraucht (Multistrada 950 S3 Jahre alt): 14.000 €
  • Verfügbarkeit: ab 03/2022
  • Farben: rot, grau/schwarz
Pro & Kontra
Pro:
  • Agile, Vorderrad-orientierte Sitzposition
  • Sehr gute technische Ausstattung
  • Kurven-ABS und Kurven-Licht
  • Charaktervoller Motor
  • Sehr guter Windschutz & leicht verstellbare Scheibe
  • Elektronisches Fahrwerk Serie (V2S)
Kontra:
  • Merkwürdiges Auspuff-Design
  • Motorschutzplatte aus Kunststoff
  • Bedienung benötigt etwas Eingewöhnungszeit
06 2022: Ducati Multistrada V2 S im Test
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