Test: Ducati Multistrada V4S
Multistrada neu gedacht - Fluch oder Segen?
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist die neue Multistrada jetzt eine noch bessere Alternative zu GS & Co. Unsere Tester Volker und Dietmar sind begeistert und wollen die Maschine gar nicht mehr her geben.
Ducati geht volles Risiko
Ducatisti müssen jetzt ganz tapfer sein. Eine Maschine aus Bologna ohne Desmodromik. Uff. Und auch kein Dampfhammer V2 mehr in der neuen Multi, sondern ein eher kultivierter V4 mit Schlepphebeln. Bevor sich alle hinterm Sofa verkriechen, können wir aber Entwarnung geben: Die neue V4 bzw. V4S ist dennoch ein echte Ducati. Und trotzdem gehen die roten aus Bologna ein gewisses Risiko ein. Bisher waren die Multistradas sehr eigenständige Bikes, die man kaum mit dem Adventure-Bestseller von BMW vergleichen konnte. Zu unterschiedlich war das Gefühl: Ducati sehr sportlich, BMW eher ein Allrounder und mit viel Komfort. Sportlich ist die neue Mulitstrada natürlich immer noch, aber sie fühlt sich jetzt erwachsener an, nicht mehr ganz so verspielt wie die älteren Multistradas.Das soll sie können
Was die technische Ausstattung angeht hat Ducati bei der V4S gegenüber 1260 noch einmal aufgesattelt. Es gibt nun einen adaptiven Tempomaten mit Radar. Dieses System misst den Abstand zum Vordermann und bremst automatisch wenn nötig - und gibt dann auch wieder Gas, wenn die Fahrt frei ist. Mit anderen Worten: Man stellt auf der Autobahn einmal die Geschwindigkeit ein und kann dann ein Buch lesen. Das System funktioniert einwandfrei und ist für längere Etappen tatsächlich ein veritabler Komfortgewinn. Folgende weitere Systeme sind an Bord:
- abschaltbares Kurven ABS
- Ride by Wire und vier konfigurierbare Fahrmodi
- mehrstufige Traktionskontrolle
- Wheely-Control
- Motoransprechverhalten
- Berganfahrhilfe
- elektronisches Fahrwerk inkl. automatischer Niveauregulierung
Die Bedienung der Multi V4S fällt trotz dieser Fülle an Features erfreulich intuitiv aus. Klar, man braucht einen Moment, bevor man die Menülogik versteht, aber dann gehen Änderungen z.B. an der Konfiguration der Fahrmodi einfach von der Hand. Jeder Modus kann manuell angepasst werden, wobei uns die Vorkonfigurationen gut gefallen hat.
So fährt sie sich
Okay, dann man los. Start per Keyless Go und einfachen Druck auf die Zündung. Die Maschine wird "hochgefahren" und das Cockpit zum Leben erweckt. Bei unserer V4S ist dies übrigens ein 6,5" Farb-TFT (V4: 5 Zoll) mit schwarzem Hintergrund und vielen Anzeigen, ohne dass es verwirrend wird. Druck auf den Anlasser und schon brabbelt der V4 vor sich hin. Obwohl das nicht gerade meine erste Testfahrt mit einem Motorrad ist, bin ich aufgeregt. Das kann nur Ducati, Grande Emozione!Erst einmal langsam warm fahren. Schön hängt die Duc am Gas, sie fühlt sich überraschend leicht an. Jedenfalls leichter als die 243 kg (fahrfertig), die auf meinem Datenblatt stehen. Sie fühlt sich kompakter an als die 1260 und weniger nervös. Sie ist hervorragend ausbalanciert, keine Kopflastigkeit, kein gewolltes Betonen des Vorderrades. Kein bisschen SuperMoto, volles Programm Reise-Enduro. Dazu passend hat die V4S vorne eine 19 Zoll Felge, welche der Maschine zumindest in Kurven gegenüber der 1260 ein wenig die Sportlichkeit nimmt.
Fazit - was bleibt hängen
Mann, hat das Spaß gebracht! Volker und Dietmar sind sich einig: Ein großer Wurf von Ducati. Die Wettbewerber müssen sich warm anziehen und wir freuen uns schon auf die ersten Vergleichstests mit GS & Co. Ob eingefleischte Ducati-Fans ebenso begeistert sind von der neuen Multistrada wie wir, sei dahingestellt. Objektiv betrachtet ist die neue V4S das bessere Motorrad, aber der eine oder andere wird die 1260er mit dem tollen V2 trotzdem bevorzugen, weil sie klassische Ducati-Tugenden besser repräsentiert als die neue Multi. Insofern polarisiert diese Maschine auch ein wenig, aber das muss sie wohl auch, wenn Ducati in die Top 10 will. Wir glauben, dass die Chance hierfür sehr gut stehen. Man hört von vielen Vorbestellungen, Ducati scheint alles richtig gemacht zu haben. Auguri, Ducati!Das Testmotorrad haben wir freundlicherweise zur Verfügung gestellt bekommen von Bergmann & Söhne Bremervörde.
Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre
- Preis: ab 20.9900 € (V4S)
- Verfügbarkeit: ab 02/2021
- Farben: rot, grau