Test: Kawasaki ER-6N
Einmal hin, alles drin
Kleines Geld, wenig Motorrad?
Motorräder wie die Kawasaki ER-6N werden oft als Einstiegsmotorrad bezeichnet. Klar, wenn ich Anfänger wäre, dann würde ich wahrscheinlich die Kawa in die engere Wahl ziehen, bis ich sicherer wäre, was zu mir passt. Allerdings sollte man eine weitere Zielgruppe nicht außer acht lassen: Diejenigen, die einfach nur Motorradfahren und sich allen Diskussionen über PS-Leistungen oder Technik entziehen wollen.Was bekommen all' diese für ihr Geld?
Erst mal alles Mögliche, nur keinen Schnickschnack. Elektronische Helferlein? Bitteschön, hier ist das ABS, mehr gibt's nicht. Deshalb sind Cockpit und Bedienelemente so einfach und leicht verständlich gehalten - es gibt schlicht nichts, was man bedienen oder einstellen könnte. Eine Wahl allerdings sollte man vor dem Kauf der Kawa treffen: Soll es die hier vorgestellte "N" sein, was für naked steht, oder doch die "F", die eine Verkleidung (siehe Bild unten) trägt?
In beiden Fällen fällt auf, wie klein die Kawasaki ER-6N tatsächlich ist. Sie ist nicht nur vergleichsweise schmal, sondern mit einem Radstand von knapp über 1,40 Metern kurz. Und mit einer Sitzhöhe von 805 Millimetern niedrig. Zudem sitzt man mehr in der Maschine als darauf. Das gibt kleineren Personen ein gutes Gefühl, denn die meisten Menschen werden völlig problemlos mit den ganzen Fußsohlen auf den Boden kommen. Längerbeinige wie Testfahrer Dietmar mit 1.840 Millimetern lichter Höhe haben sich ebenfalls nicht beklagt. Dann können wir ja die Maschine anwerfen und los ... so ein Mist ...
Leichtgewicht mit Hang zum Drehen
... na klar: Mit dem Starten des Zweizylinders entweichen die Auspuffgase durch die nachgerüstete LeoVince-Anlage und machen Lärm. Nervig. Ich mag es, wenn der Originalsound schon so gut ist, dass man nichts bis wenig tun muss. Ducati plus Termignoni, das passt, weil der Seriensound schon gut ist. Kleiner Motor mit Nachrüstsound ... nun ja. Dietmar findet, es klingt super, guckt mal ins Video und entscheidet selbst.
Wie dem auch sei, die Funktion des Motors beeinträchtigt die lärmende Tüte nicht. Die 72 PS fühlen sich gut an. Zu ihrer Aufgabe als Allrounder passend, trägt die ER-6N einen Motor im Rahmen, der auch bei niedrigeren Drehzahlen funktioniert. Gleichzeitig ist es ein typischer Kawa-Motor: Will man alles haben, muss das Gas stehen bleiben. Cool.
Als Allrounder angepriesen, zeigt sich nach ein paar Kilometern doch die Ausrichtung der Kawa als Kurvenstar. Zwar ist der Geradeauslauf gut, aber ab 130 km/h kommt ein bisschen Unruhe ins Gebälk.
Kurven? Ja, bitte!
Mag der Geradeauslauf auf der Autobahn nicht der beste sein, so gibt es einen echten Kurvenstar zu bestaunen, den man dank der aufrechten Sitzposition jederzeit voll unter Kontrolle hat. Das ist die prägende Charaktereigenschaft der Kawa. Sie macht aus ihren nur 206 Kilo vollgetankt das Beste und verwöhnt mit ihrer Handlichkeit, die keine Spur kippelig wirkt.Naturgemäß reißen 72 PS nicht die Brocken aus dem Asphalt, aber in Zusammenarbeit mit diesem Fahrwerk wird aus der ER-6N eine richtig runde Sache.
Fazit - was bleibt hängen
Die Kawasaki ER-6N ist ein Motorrad, welches überdurchschnittlich häufig als erstes Bike überhaupt gekauft wird, darunter viele Frauen. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass sie nichts falsch machen. Die Kawa stellt niemanden vor irgendwelche Probleme (jedenfalls mit dem Serienauspuff) und macht die Eingewöhnung leicht. Wer nur hin und wieder mal eine Runde drehen will, wer keine 20.000 Euro für ein Motorrad ausgeben kann oder möchte, wer ohne Technik-Schnickschnack unterwegs ist - Leute, dies ist euer Motorrad. Mehr braucht kein Mensch. Und ordentlich Geld gespart habt ihr auch.Einmal hin zum Händler und gut ist für immer - das Leben kann so einfach sein.
Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre
- Gebraucht (3 Jahre alt): 4.500€, ohne Bj-Beschränkung ab 1.500€
- Baujahre: 2006-2016
- Verfügbarkeit: sehr gut
- Farben: über die Baujahre hinweg fast alle Farben erhältlich