Test: Kawasaki Vulcan S
Schwarz und schön
Chopper oder Cruiser sind derzeit ein wenig aus der Mode gekommen. Aber da die Honda Rebel so erfolgreich ist, haben wir die Konkurrenz von Kawasaki ins Visier genommen und die Vulcan S zum Test einbestellt.
Das "S" steht nicht für Sport
Schön schwarz. Ganz matt, und genauso matt ist der einzige alternative Style, der zur Auswahl steht: ein Grün. Das ist erst mal überraschend, denn mit Choppern assoziiert man neben der niedrigen Silhouette, der entspannten Sitzposition und dicken Hinterrädern vor allem Chrom. Und da kommt Kawas düsterer Vulcan herbei und trägt noch das „S“ im Namen, was gemeinhin mit Sport verbunden wird.
Hm. Um einen zentralen Fahreindruck mal vorweg zu nehmen: Das S steht nicht für Sport. Für stressfreies Handling vielleicht? Soziuskomfort? Das wäre treffender, weil es besser zur Kawa passt als alles andere.
Alles einstellbar
Gut gefällt schon im Stand die Sitzposition. Die wird auf jeden Fall passen, denn die Vulcan ist besonders anschmiegsam. Normal gibt es 705 Millimeter Sitzhöhe, die für 95 Prozent aller Menschen (jedenfalls im führerscheintauglichen Alter) machbar sein sollten. Ohne Aufpreis gibt es verstellbare Fußrasten, die um jeweils 2,5 Zentimeter nach vorne oder hinten rutschen können. Noch nicht genug der Einstellmöglichkeiten? Gegen Aufpreis gibt es bei Kawa andere Sitzbänke und Lenker, so dass neben körperlichen Notwendigkeiten auch persönliche Vorlieben umgesetzt werden können.
Die dunkle und langestreckte Maschine mit dem zweifarbigen Tank und den nachgefrästen Kühlrippen am Motor sieht insgesamt edel aus und in sich stimmig.
Der Zweizylinder ist ein alter Bekannter und wurde unter anderem in den ER-6-Modellen eingebaut. Choppertypisch wurde er durch ein geändertes Mapping und ein schwereres Schwungrad auf mehr Druck im unteren Bereich getrimmt. Unter dem Strich schiebt der 649-Kubik-Parallel-Twin 62 PS ins Getriebe, das maximale Drehmoment liegt bei 5.700 Umdrehungen an und beträgt 64 Newtonmeter.
Denn mal los.
Schneller als gedacht
Das Aufsitzen klappt wie erwartet problemlos, auch wenn man wie ich kürzere Beine hat. Die Kawa vom Seitenständer bocken geht ebenfalls problemlos, und das trotz leichtem Übergewicht der Maschine mit 230 Kilo. Das bleibt im weiteren Verlauf so – weder bei der Kurvenwilligkeit noch der Beschleunigung muss sich die Vulcan S wg. Übergewicht verstecken. Gefühlt bringt sie jederzeit mehr Power als die Honda Rebel. Die Kawa hat mit 62 PS nominell 15 PS mehr unterm Tank als die Honda, damit schiebt die Kawa aus jeder Drehzahl engagierter voran.
Stichwort Kurve: Das sind die Angstgegner vieler Chopper gerade amerikanischer Machart. Doch die Kawa lässt sich davon nicht beeindrucken: Sie lenkt willig ein, auch Ausweichhaken verlieren ihren Schrecken. Klar: Die möglichen Schräglagen sind begrenzt, die Fußrasten setzen vergleichsweise früh auf.
Auch wenn‘s auf der Autobahn mal schneller geradeaus gehen muss (maximal 180 km/h), neigt die Kawa nicht zum Pendeln oder sonstigen Instabilitäten. Gut zu wissen: Auch die Bremsen haben erstklassige Reserven und bringen die Fuhre sicher zum Stillstand. Kleine Kritik: Die Handbremse erfordert einen höheren Kraftaufwand als üblich.
Fazit - ein Cruiser
Was bleibt? Die Kawasaki Vulcan S ist definitiv kein Sportler, aber sie ist auch kein schweres, unbewegliches Wesen. Alpenpässe bereiten ihr keine Sorgen, dabei umsorgt sie den Fahrer trotz ihres eher einfach gehaltenen Fahrwerks mit angemessenem Komfort. Abends nach der Arbeit auf ihr in die untergehende Sonne reiten, das ist zwar kitschig, aber irgendwie schön.
Ein kleiner Wehrmutstropfen sind die Kawa-typischen, mit 6.000 Kilometern recht kurz gehaltenen Wartungsintervalle.
Aber sonst? Mehr Motorrad muss es nicht sein, die Kaufempfehlung steht.
Das Testbike wurde uns von Heller & Soltau in St. Michaelisdonn zur Verfügung gestellt.
Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre
- Preis: 7.645 €
- Gebraucht (3 Jahre alt): 5.500€
- Baujahre: seit 2015
- Verfügbarkeit: gut
- Farben: mattschwarz, mattgrün