Test: Ducati Monster 821
Das Maß der Mitte
Die Ducati Monster 821 fand sich bei uns zum Test ein. Nun ja, das ist eine Lüge. Ehrlich müsste man sagen: Wir haben sie einfach gewollt. Sie ist nicht neu, wir hatten nur Bock drauf. Manchmal muss man einfach machen. Eine weise Entscheidung, wie sich herausstellte.
Seit 27 Jahren gebaut
Die Monster ist eine Konstante der Motorradwelt. Tatsächlich verkauft Ducati nicht annähernd so viele Motorräder wie japanische Hersteller, aber gefühlt ist dieses Motorrad oft präsent. Das liegt an zwei Dingen: Erstens hält sie lange, und zweitens wird sie seit ihrer Präsentation 1993 schon über 27 Jahre gebaut. Da kommt was zusammen, so rein mengenmäßig gesehen.
Da Ducati Meister der Modellpflegen ist, sind die zahlreichen Versionen, Verbesserungen und Ausstattungen nahezu unüberschaubar geworden. Aktuell werden drei Modelle angeboten. Die Kleine ist die 797 mit 75 PS, dann folgt als goldene Mitte unsere 821 mit 109 PS, darüber thront die 1200er. Deren S-Variante sorgte bei uns im Test für ausgesprochen schöne und dank 150 PS spannende Erlebnisse. Klappt das auch eine Stufe tiefer?
Kein Monster, keine Ducati
Doch zuerst einen Schritt zurück. Die Monster-Baureihe war damals wie heute ein Erfolg. Das musste sie auch, denn das Überleben von Ducati hing (wieder einmal) am berühmten seidenen Faden. Wäre die Monster 1993 gefloppt, gäbe es Ducati wohl nicht mehr. Sie ist denn – Monster-Fahrer, Ihr müsst jetzt stark sein – der finanziellen Enge des Unternehmens geschuldet ein Mischmasch aus verschiedenen Bauteilen, die in anderen Ducatis verwendet wurden. Recycling auf Italienisch. Die Motoren stammen aus aus den Supersport-Modellen, der Rahmen ist aus der Superbike-Baureihe entliehen.
Und dennoch: Aus den bekannten Teilen mischte Ducati auch dank des Designers Miguel Angel Galluzzi etwas ganz Neues. War das nun ein Streetfighter? Vielen Motorradfahrern schien sie eine neue Klasse zu markieren, die heute als Naked Bike firmiert. Das Design mit dem bewussten Weglassen eines Windschildes, das Betonen des Rahmens sowie der typische V2-Klang geben dem Motorrad einen ganz eigenen Charakter. Mag die Herkunft der Teile wenig innovativ gewesen sein, die Zusammenstellung war es.
Und, das darf nicht unerwähnt bleiben, ein Teileregal wie das von Ducati, aus dem man sich bedienen kann, hätten viele andere Hersteller gerne.
An Bits- und Bytes-gespeisten Helferlein befinden sich heute unter anderem eine Traktionskontrolle mit acht Stufen und ein ABS mit drei Modi an Bord.
Die 821 gibt es seit 2014, auch schon wieder ein bisschen her. Sie bekam damals eine Wasserkühlung spendiert, deren Kühler natürlich das Design nachhaltig verändert. Aber es gefällt, Ducati schafft es, die Monster aktuell zu halten. Der V2 mit einem Hubraum von, tja, man ahnt es schon: 821 Kubik leistet 109 PS, diese müssen nur 206 Kilo plus Besatzung nach vorne schieben.
Optisch wirkt eine Monster immer kleiner als sie mit einer Länge von 2,15 Metern tatsächlich ist. Liegt das an der flachen Bauweise?
Jetzt aber los, wir schauen mal.
Grossartiger V2
Der Aufstieg gelingt für normal große Piloten ganz einfach, auch wenn die Monster nicht so niedrig ist wie sie wirkt. Zwei Sitzhöhen gibt es, 785 oder 810 Millimeter stehen zur Wahl.
In Sachen Bedienung hat Ducati in den vergangenen Jahren riesige Schritte nach vorn gemacht. Dieser große Schritt war unter anderem deshalb möglich, weil Ducati bis vor Kurzem teils Displays anbot, die mit dem selbst gesteckten Anspruch des exklusiven Bikes wenig zu tun hatten. Doch nun ist alles paletti und sogar so gut, dass andere Hersteller sich eine Scheibe abschneiden können.
Feuer frei also, und die Mundwinkel wandern unaufhaltsam in Richtung Ohrläppchen. Freunde des gepflegten V2-Sounds genießen das, andere fragen sich bei höheren Drehzahlen, wie diese Maschine eine Zulassung nach der Euro-4 Norm erhalten konnte. Doch das ist kein Lärm, und schon gar nicht um Nichts. Der Sound hat seine Berechtigung, denn der V2 drückt mit der typischen Ducati-Brutalität nach vorne. 109 PS gehören zwar leistungsmäßig in die gehobene Mittelklasse, mittelmäßig ist das alles aber nicht. Monstermäßig schon eher.
Und wieder drängt sich der Verdacht auf, dass mehr nicht unbedingt besser ist. Die schon erwähnte 1200er bereitet uns monstermäßige Freunde - aber wirklich mehr als die 821? Die läuft maximal 225 km/h, die 1200er schafft 255 km/h. Aber ist es nicht egal, ob man dank fehlendem Windschutz weder 225 noch 255 km/h fahren möchte? Wüsste man nicht, dass es die 1200er gibt, würde man sie nicht vermissen. Die Mittelklasse von Ducati stürmt wie verrückt los, wirft sich wie allein in die Kurven und bremst sich brutal (allerdings mit einem deutlichen Aufstellmoment) in Kurven hinein.
Die Begrenzung der Monster 821 ist nicht die Motorleistung, sondern das Fahrkönnen des Piloten, Punktum. Bleibt man innerhalb dieser Grenzen, was wir taten, dann ist der Tag genauso verlaufen wie wir uns das dachten. Manchmal muss man einfach machen, aber das erwähnte ich wohl schon.Teuer, aber gut
Alles Friede, Freude und blühende Landschaften? Bis auf das Aufstellmoment in Kurven und das Gefühl, dass es dank des Krümmers am rechten Knie etwas heiß werden könnte im Sommer, gibt es da noch einen Punkt. Die Taschen des Monsterkäufers sollten tief und gut gefüllt sein, denn auf dem Preisschild stehen 11.200 Euro. Das ist günstig, aber nur in Monsterkreisen. Eine leistungsmäßig vergleichbare Kawasaki Z 900 kostet 9.596 Euro, 9.099 Euro die Yamaha MT-09.
An diesem Punkt beginnt es mit der Objektivität des Testers dünn zu werden. Ich würde die Duc nehmen und mich damit trösten, dass sie im Vergleich zur 1200er 6.290 Euro spart. Das ist Blödsinn, ich weiß. Aber in etwa nur fast so blödsinnig wie Motorradfahren überhaupt.
Herrlich.
Das Testbike wurde uns von Ducati Hamburg zur Verfügung gestellt.
Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre
- Preis: 11.200€
- Gebraucht (3 Jahre alt): 8.000€
- Baujahre: seit 2014
- Verfügbarkeit: gut
- Farben: rot, Sondermodell Stealth: mattschwarz