Test: BMW G 310 GS

So klein und schon Reiseenduro?

image Fotos: Motorradtest.de

Voila, da steht sie nun: Die mit Abstand kleinste Schwester der erfolgreichen BMW-GS-Serie heißt G 310 GS. Wobei das Kürzel GS von  BMW nicht einfach aufgeklebt wird, sondern es dient den Bayern fast schon als Gütesiegel. Kann die Kleinste ebenso überzeugen wie die große Schwester?

Vollwertig - nur kleiner?

Einsteigerbikes gibt es viele. Die 34 PS des BMW-Einzylinders machen die kleine GS für A2-Führerscheininhaber tauglich, das ist nichts Besonderes. Doch deren Bauform, die gibt es in dieser Klasse eher selten. Die meisten A2-Motorräder sind klassische Naked Bikes, die 310er GS will jedoch eine gestandene Reiseenduro sein.

Das gibt es sonst nur von KTM in Form der 390 Adventure. Kann das überhaupt gut gehen? So wenig Leistung, so ein kleines, einfaches Motorrad, reicht das für die entspannte Motorradtour? Moment mal, der erste Einspruch folgt sogleich: Klar, die G 310 GS ist viel kompakter als die ausgewachsenen GS-Modelle, aber richtig klein ist sie mit einem Radstand von 1.420 mm nicht. Zweiter Einspruch: Auch der aufwendig zu fertigende Gitterrohrrahmen zeigt, wo BMW diese GS positionieren will, nämlich keineswegs als billiges Zweitmoped, sondern als vollwertige Erstmaschine.

Virtueller Rundgang um die BMW G 310 GS
image image image

Indische Motor Werke statt BMW

Die nicht gerade niedrigen 835 mm Sitzhöhe schließlich bringen es an den Tag: Diese GS ist kompakt, aber nicht klein. Die komfortable Sitzbank geht hinten ein wenig hoch und trifft dort auf die Haltegriffe, das zwingt nicht so großgewachsene Menschen zu einem engagierten Beinschwung, will man die BMW erklimmen. Dort angekommen ist jedoch alles Paletti. Die an den richtigen Stellen schön schmale Sitzbank sorgt bei normal großen Menschen für einen sicheren Stand, die Sitzposition ist sehr aufrecht. Trotzdem: Sollte die G 310 GS zu hoch sein, ist die G 310 (ohne GS), ein Naked Bike, die bessere Wahl.

Die BMW ist vernünftig und routiniert verarbeitet. Das sie dennoch oft als unechte BMW geschmäht wird, liegt an ihrer Fertigungsstätte in Indien, wo auch der Motor gefertigt wird. Von den bayrischen zu den indischen Motorenwerken, IMW statt BMW – für manchen beinharten BMW-Fan ist das zu viel, trotzdem alle verbauten Teile einen hochwertigen Eindruck machen.

Der Motor selbst ist ein Einzylinder mit 313 Kubik. Er leistet wie schon erwähnt 34 PS, und stellt ein Drehmoment von 28 Newton bei 7.500 Umdrehungen bereit. Das klingt für ernsthafte Aufgaben abseits der Straßen etwas wenig, aber so weit sind wir noch nicht. Viel zu wuchten hätte der Fahrer im Gelände nicht, denn die GS wiegt fahrfertig nur 170 Kilo. Für Erkundungen abseits der Straßen ist die BMW auch sonst anständig gerüstet: Große Bodenfreiheit, lange 180 mm Federweg vorne wie hinten, abschaltbares ABS und Stollenreifen sind erst mal völlig ok.

Dann mal los.

image

Im Alltag ohne Allüren

Das Display ist übersichtlich, was aber auch daran liegt, dass es nicht sonderlich viel anzuzeigen hat. Außer dem ABS gibt es nichts einzustellen – da ist das Nullen des Tagekilometerzählers schon das programmtechnische Highlight des Tages. Weiter gibt es Ganganzeige, Kilometerzähler, Reichweite, Drehzahl- und Geschwindigkeitsanzeige zu bestaunen.

Der Lenker ist schön breit und zum Fahrer hin angenehm gekröpft. Wir lassen die Kupplung kommen und … abgewürgt. Es sollte nicht das einzige Mal bei unseren Testfahrten sein, dass uns dies passiert, jedenfalls wesentlich öfter als bei jedem anderen Testbike. Obwohl der Motor in Sachen Gasannahme und Leistung ohne Fehl und Tadel ist, im Gegenteil sehr ausgewogen, so fehlt es ihm doch an etwas sehr Elementaren: Leistung. Damit sind nicht mal die 34 PS gemeint – das weiß man vorher -, sondern die Anfahrschwäche. Daran kann man sich gewöhnen, aber erwähnt werden muss es. Wer die BMW voll beschleunigt, kann sich nach knapp sieben Sekunden über die 100 km/h im Display freuen. Um dahin zu kommen, muss dreimal geschaltet werden. Keine Überraschung, denn in der Spitze rennt die BMW nach ellenlagem Anlauf 143 hm/h maximal, mithin umfasst die Beschleunigung auf das maximal erlaubte Landstraßenlimit schon zwei Drittel der gesamten Maximalgeschwindigkeit.

Das sollte man unbedingt selbst ausprobieren. Bei 120 km/h dreht der wohltönende Motor sehr vernehmlich mit 8.000 Touren. Obwohl er seine Arbeit ohne störende Vibrationen verrichtet, ist das Vorankommen auf der Autobahn eher unentspannt. Jedenfalls weniger souverän, als es sich für eine Reiseenduro geziemen würde.

Je niedriger die benötigte Geschwindigkeit in der jeweiligen Situation ist, desto besser funktioniert das Gesamtkonzept der G 310 GS. Einsame Spitze ist sie schließlich in der Stadt. Extrem wendig, der große Lenkereinschlag kombiniert mit dem geringen Gewicht von 170 Kilo, ist sie an Wendigkeit kaum zu toppen. Fast schon rollerlike.

Und auch auf der Landstraße funktioniert das alles gut, wobei der eigene Wohlfühlbereich sowie der der BMW ungefähr bis 80 km/h reicht. Hier funktioniert das Fahrwerk mit einer Kombination aus Wendigkeit, guter Stabilität und Komfort am besten.

Gut, aber nicht günstig

So kann man sich vorstellen, Tagestouren oder die Fährnisse des Alltags auf normalen Strecken mit der BMW G 310 GS freudvoll zu genießen. Für die ganz große Tour ist sie eher zu unentspannt. Rund 6.050 Euro ruft BMW für dieses Modell auf. Da stellt sich die Frage, wer das kaufen soll. Klar, einsteigertauglich ist sie qua Gesetz. Aber als reines Einsteigerbike etwas teuer.

Die 310er-Reihe von BMW hat klare Qualitäten. Wer auf die sowieso eher eingeschränkte Tourentauglichkeit verzichten kann, sollte einen Blick auf die schon erwähnte G 310 werfen: Hier lassen sich nochmal 700 Euro sparen.

Das Testbike wurde uns von Bergmann und Söhne in Pinneberg bei Hamburg zur Verfügung gestellt.

Preis / Verfügbarkeit / Farben / Baujahre

  • Preis: 6.050€
  • Gebraucht (3 Jahre alt): 3.700€
  • Baujahre: seit 2017
  • Verfügbarkeit: gut
  • Farben: schwarz, blau, weiß
An unhandled error has occurred. Reload 🗙